Ich hab dich vermisst

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Ich kann so vieles in Petes Blick erkennen.

Schmerz und gleichzeitig Freude. Sehnsucht und Distanz.

Doch als er auf mich zukommt, mich fest an sich drückt und ich seinen Duft einatme, fühle ich nur diese einzigartige Verbundenheit. Kein anderes Gefühl hat Platz in meinem Herzen. Ich klammere mich an ihn, als wäre er mein Rettungsring, und schluchze hemmungslos an seine Schulter.

Pete gibt mir einen Kuss auf den Scheitel und streicht mir über den Rücken.

Ich weiß nicht, wie lange wir so in seiner Einfahrt stehen. Die Lichter der Veranda sind schon längst ausgegangen, Dunkelheit umhüllt uns, als er mich freigibt.

„Komm", sagt er und schiebt mich voran zu seinem Auto. Ich lasse mich auf den Sitz fallen und hinterfrage nicht, wohin wir fahren. Es interessiert mich schlichtweg nicht.

Alles was zählt ist, dass er bei mir ist und nichts mehr zwischen uns steht.

„Du wolltest grade weg, oder?", frage ich, doch meine Stimme ist eher ein Flüstern.

Er zuckt nur mit den Schultern und sieht mich kurz an, bevor er seinen Blick wieder auf die Straße heftet. Trotz des Schweigens fühle ich mich wohl in seiner Nähe. Wir hätten stundenlang fahren können, es wäre mir egal gewesen.


Pete parkt den Wagen am See. Wir laufen zu der Stelle, an der wir miteinander schwimmen waren.

In zwei Decken gewickelt sitzen wir im Gras, an den Stamm der alten Eiche gelehnt, und starren aufs Wasser. Pete sagt nicht viel, auch ich schweige die meiste Zeit.

Irgendwann nimmt er meine Hand und hält sie fest. Minutenlang.

„Ich hab dich vermisst", sage ich in die Dunkelheit hinein.

„Ich dich auch. Es tut mir Leid."

In seiner Stimme klingt Reue mit.

„Muss es nicht. Mir tut es Leid. Ich bin nur froh, dass wir noch Freunde sind."

Ich habe keine Lust, stundenlang darüber zu reden, was wir falsch gemacht haben. Warum er abgehauen ist und sich nicht gemeldet hat. Wir wissen beide, was passiert ist. Was also würde es bringen?

Pete rutscht ein Stück zu mir und legt die Hand um meine Schultern. Ich lehne mich an ihn und schließe die Augen.

„Dir geht's nicht gut."

Petes Stimme ist ein Flüstern an meinem Ohr. Meine Nackenhaare stellen sich auf. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.

„Nein", sage ich nur tonlos. Finns Gesicht verirrt sich kurz in meine Gedanken, ich presse die Augen zusammen in der Hoffnung, er würde verschwinden.

„Es ist wegen ihm, oder?"

Bitte nicht. Bitte alles, aber nicht das.

Ich gebe ihm keine Antwort. Eine einzelne Träne kullert meine Wange entlang und landet auf Petes Hand. Er richtet sich ein Stück auf und sieht mir prüfend ins Gesicht.

„Was hat er getan?"

Ich starre aufs Wasser und bin mir nicht sicher, was ich ihm sagen soll. Der Umstand, dass Pete sofort weiß, dass Finn etwas mit meinem Zustand zu tun haben muss, verwirrt mich. Einerseits zeigt es, dass Pete genau weiß, dass zwischen mir und Finn etwas gelaufen sein muss. Andererseits frage ich mich permanent, ob es wirklich so offensichtlich für alle anderen war, dass das nicht gut ausgehen würde? Haben wirklich alle gesehen, dass Finn und ich scheitern werden?

...und im Herzen tausend TöneWhere stories live. Discover now