Sonnenschein

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Die Mütze. Die Lederjacke.

Ich sehe sein Gesicht nicht, aber der Blick, den er mir im Café zugeworfen hat, hat sich auf ewig in mein Gedächtnis eingebrannt.

Suzy ist so mit ihrem Handy beschäftigt, dass sie nichts von meinem innerlichen Kampf mitbekommt. Meine Reaktion aber ist dieselbe, wie sie es auch im Café schon war. Ich beginne zu schwitzen und kann die Feuchtigkeit an meinem Haaransatz spüren. Meine Hände zittern, mein Puls beschleunigt sich. Ich bin plötzlich so nervös, als würde ich vor einer wichtigen Prüfung stehen, dabei sitzt die Gruppe bestimmt fünfzig Meter weit von uns weg.

Ich drehe mich ruckartig um und starre aufs Wasser, um mich zu beruhigen. Jetzt nimmt auch Suzy Notiz davon, dass etwas nicht stimmt, und legt den Kopf schief.

„Cat? Geht's dir gut?"

Sie betrachtet mein Gesicht und zieht die Stirn in Falten. Dann dreht sie sich um, um den Grund für mein Verhalten zu suchen.

„Oh, hey, guck mal!", ruft sie plötzlich und bringt mich dadurch völlig aus dem Konzept.

„Da sind Aubrey und Simon!"

Obwohl ich noch völlig durcheinander bin, drehe ich mich um. Sie zeigt genau auf die Gruppe.

Das darf nicht wahr sein. 
„Lass uns rübergehen. Ich wollte sie dir sowieso vorstellen."
Während Suzy ihr Zeug zusammensucht, lege ich mir bereits mehrere Ausreden zurecht. Bis ich merke, dass ich mich völlig idiotisch verhalte. Verdammt, was ist mein Problem? Ein heißer Typ, und ich bekomme Panik? So sehr, dass ich nicht mehr sprechen kann? Das ist doch verdammt nochmal nicht normal.

Unser Gespräch von vorhin fällt mir ein. Ich muss dringend etwas ändern. So kann das nicht weitergehen, ich kann nicht ständig vor Menschen davonlaufen.

Mechanisch nehme ich meine Tasche und trotte hinter Suzy her. Ich bekomme plötzlich nichts mehr von unserer Umwelt mit, es ist fast so, als würde ich die Meter bis zu den Menschen im Park mitzählen.
Drei. 
Zwei. 
Eins.

„Hey Leute!" Suzy ist richtig gut gelaunt, hebt die Hand zur Begrüßung und grinst in die Runde. Ich sehe mir die Menschen vor mir an. Links sitzt ein Typ mit kurzgeschorenen, dunklen Haaren. Er ist muskulös, seine Augen sind ruhig und freundlich. Als mich sein Blick trifft, lächle ich.

Neben ihm sitzt ein Mädchen, dass mich ein bisschen an Suzy erinnert, weil auch sie ziemlich extravagant aussieht. Ihr Haar ist schwarz-blau gefärbt und fällt in Wellen auf ihre Schulter. Sie ist extrem dünn, ihre Kleidung ist vollkommen schwarz, und sie trägt dicke Boots an den Füßen. Trotz ihres düsteren Aussehens finde ich sie sofort sympathisch. Der Platz neben ihr ist leer, die Blondine, die eben noch dort gesessen hat, ist weg. Ich habe überhaupt nicht bemerkt, dass sie gegangen ist.

Bleibt nur noch er. Ich vermeide es, ihn anzusehen, um nicht noch einmal in Schweiß auszubrechen, und ermahne mich zur Ruhe. Solange ich den Typen mit den kurzgeschorenem Haar ansehe, klappt das auch ziemlich gut. Seine Miene ist so freundlich, dass ich sofort mit ihm ins Gespräch kommen möchte – was für mich ja ziemlich untypisch ist.

„Das ist Cat", höre ich Suzy sagen. Ich sehe sie an, lächle dann in die Richtung und begrüße Suzys Freunde.

„Simon", sagt der Kurzhaarschnitt und hebt die Hand. „...und Aubrey", meint das Mädchen lächelnd. „Nett, dich kennenzulernen."

„Ja", sage ich nur, weil mir nichts Besseres einfällt. Der Typ mit der Mütze hat bis jetzt noch nichts gesagt. Er legt die Gitarre in die Wiese und trinkt einen Schluck von seinem Bier.

„Der Sonnenschein da drüben ist übrigens Finn", sagt Aubrey und sieht in tadelnd an, doch der Typ mit der Mütze – Finn – blickt nur desinteressiert zurück.

...und im Herzen tausend TöneWhere stories live. Discover now