Kommst du rüber?

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Die Sonne ist fast untergegangen, und mit ihr ist die Hitze verschwunden.

Pete und ich haben noch eine Weile herumgealbert und sind noch einmal ins kalte Wasser gesprungen. Jetzt ziehe ich mir mein Shirt und meine Jeans an und wringe mein nasses Haar aus.

Nachdem Pete unseren Müll entsorgt hat, kommt er mit nachdenklicher Miene zu mir zurück. Ich frage mich, worum er sich diesmal Gedanken macht, habe aber nicht den Mut, nachzufragen.

„Sollen wir fahren?", fragt er mich und packt währenddessen sein Handtuch in den Rucksack. Ich nicke bloß und falte ebenfalls meine Sachen zusammen. Die Rückfahrt verläuft schweigend, und genau wie gestern lässt er mich aus dem Auto aussteigen, wir winken uns kurz zu und ich gehe ins Haus.

Als ich in meinem Zimmer ankomme und die Tür schließe, vibriert mein Handy. Es ist Suzy.

Was machst du?

Durch den Alkohol, der immer noch in meinem Blut ist, brauche ich etwas länger, um zu tippen.

Gerade heimgekommen. War am See. Du?

Mit wem denn?! Nichts. Rumliegen. Freue mich auf Samstag :-)

Ich überlege kurz, Pete nicht zu erwähnen. Schließlich kann ich ihr am Wochenende alles in Ruhe erzählen. Aber so lange kann ich nicht warten.

Mit unserem neuen Nachbarn. Ich mich auch!

Suzy wäre nicht Suzy, wenn sie nicht sofort anrufen würde. Sie ist viel zu neugierig. Ich nehme den Anruf an, Suzy begrüßt mich überschwänglich und sagt mir, dass sie mich vermisst. Dann fängt sie an, mich über Pete auszuquetschen, und ich erzähle ihr, was gestern und heute passiert ist.

„Seine Ex? Du verarscht mich. Wie sieht sie aus?"
„Keine Ahnung."
„Wie, hast du sie dir noch nicht angesehen?"
„Nein", sage ich eher fragend.
„Ach Cat", sagt sie seufzend. „Bist du verliebt?"
„Nein!", rufe ich einen Tick zu laut. „Ich kenne ihn ja kaum."
Ich kann Suzys leises Lachen hören. „Jaja", seufzt sie bloß, und ich weiß, dass sie mir ohnehin nicht glaubt, ganz egal, was ich sage.

Wir telefonieren fast vierzig Minuten. Irgendwann sage ich ihr, dass ich aufhören muss und handle mir damit einen überschwänglichen Protest von Suzy ein. Trotzdem legen wir wenige Minuten später auf. Das Gespräch mit ihr hat mich ziemlich verwirrt. Wir sind nur Freunde, Pete und ich.

Trotzdem kann ich nicht anders, öffne Facebook und schicke Pete eine Freundschaftsanfrage, die er fast sofort annimmt. Dann tippe ich auf Freunde und durchsuche seine Freundesliste auf Facebook. Irgendwie komme ich mir albern vor und ich schiebe mein Verhalten einfach auf den Alkohol.

Als ich Terry Lewis lese, schnappe ich nach Luft. Noch einmal überlege ich, ob ich das wirklich tun soll, doch ich ignoriere mein schlechtes Gewissen und öffne ihr Profil.

Sie hat ihr Profil auf öffentlich gestellt, ich kann mir also in Ruhe alle Fotos und Posts durchsehen. Zuerst öffne ich ihr Profilbild, das allerdings nur das Logo irgendeiner Band darstellt. Ich schätze, die beiden haben denselben Musikgeschmack.

Dann scrolle ich mich durch ihr Profil und entdecke das letzte Foto, das sie hochgeladen hat. Das war vor zwei Wochen. Das Foto zeigt ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren, die ihr bis zum unteren Rücken reichen. Sie trägt Eyeliner und roten Lippenstift, die Arme sind auf beiden Seiten tätowiert. Sie sitzt auf einem Stein und legt die Hände von hinten um ... Pete.

Mir bleibt die Luft weg. Ist sie das? Rein optisch passen die beiden überhaupt nicht zusammen. Terry trägt schwarze Vans, Pete Flipflops. Er ist sonnengebräunt, sie ist eher blass. Die Tattoos, das starke Make-Up und die schwarzen Haare verstärken den Kontrast zwischen den beiden nur noch mehr.

...und im Herzen tausend TöneWhere stories live. Discover now