Miss Catherine

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Pete und ich sind noch eine Weile die Straße langgelaufen, als er ein kleines Café ansteuert. Zum Glück, denn gerade hat mein Knie wieder angefangen, weh zu tun, und ich freue mich auf die kleine Pause.

„Komm, ich lad' dich ein."
„Ist nicht nötig", sage ich bloß, folge ihm aber. Wir setzen uns in den kleinen Gastgarten. Das Café ist mir noch nie aufgefallen, aber es gefällt mir sofort. Es ist im Vintage-Stil eingerichtet, die dunklen Sonnenschirme über uns und die zahlreichen Palmen verströmen eine angenehme Atmosphäre.  Es ist nur ein Tisch besetzt, ansonsten ist das Café leer. Leiser Rock'n'Roll strömt aus den Musikboxen.

Als wir uns hingesetzt haben, frage ich mich, was mit der Stimmung von heute Vormittag passiert ist. Pete hat mir so viel über sich erzählt, so, als würden wir uns schon länger kennen. Jetzt schweigen wir uns schon wieder an, und es ist mir unangenehm. Ich reiße mich zusammen.

Das liegt an dir.
Ich versuche, die Stimme in mir zum Schweigen zu bringen, weiß aber, dass sie leider Recht hat. Pete wäre bestimmt nicht stumm wie ein Fisch, wenn ich ein wenig mehr mit ihm quatschen würde. Oder sonst was tun würde.  

„Was möchtest du hier machen, in Wyoming?", frage ich ihn also und nippe an meiner Cola, die gerade eben von der Kellnerin serviert wurde.

„Ich weiß nicht. Hoffentlich finde ich schnell einen Job. Ist erstmal ganz egal, was", sagt er schulterzuckend. „Hauptsache ich sitze nicht den ganzen Tag zuhause", ergänzt er grinsend.
„Kann ich verstehen."
„Und du? College?"
„Ja. Am Samstag fahre ich."

Pete wirkt plötzlich ernst und nimmt einen Schluck Eistee. Irre ich mich, oder sieht er enttäuscht aus?

„Schade", sagt er nur, und als er das Glas abgesetzt hat, starrt er mich wieder an.
„J-ja", stottere ich und fummle an meiner Jeansjacke herum.
„Wo studierst du?"
„Denver", sage ich. „Kunst und Design."
Er nickt anerkennend. „Was möchtest du später mal machen?"

Ich seufze. „Schwierige Frage. Grafikerin vielleicht. Aber ich schreibe auch gerne, und lese viel, also vielleicht auch etwas mit Büchern", sage ich lachend, weil sich Pete sarkastisch die Hand vor den Mund legt, um überrascht zu wirken.
„Das hätte ich jetzt nicht gedacht", sagt er noch lächelnd.
Ich muss grinsen und versuche, es mit dem Glas an meinem Mund zu verdecken, doch Pete legt den Kopf schief und betrachtet mich. Sein Blick ist sanft, seine Mundwinkel zucken. 

„Sag mal, gibt es hier einen Musikladen? Du weißt schon, richtig old school, mit Platten und CDs?"
Ich überlege angestrengt und schließe kurz die Augen.
„Ja, ich glaube schon... Aber die haben bestimmt schon zu." Ich blicke auf die Uhr. Mittlerweile ist es halb neun.

„Kannst du mir den die Tage mal zeigen? Ich würde echt gern in so einem Laden jobben. Vielleicht hab ich ja Glück", sagt er zwinkernd. 
Die Stimmung scheint jetzt wieder etwas lockerer zu sein. Ich nicke, und Pete lehnt sich zufrieden nach hinten.

"Worüber denkst du eigentlich die ganze Zeit nach?", fragt er mich plötzlich und ich erstarre. 
Shit. Peinlich. Was dachte ich denn? Dass er nicht mitbekommt, dass ich jeden Funken unseres Gesprächs innerlich analysiere?
"Gar nichts", sage ich bloß und versuche, gelassen zu klingen. Pete schnaubt belustigt und zieht eine Augenbraue nach oben.

"Krieg ich schon noch raus, Miss Catherine", sagt er und lässt seinen Blick an mir entlanggleiten, sodass ich noch etwas mehr verkrampfe. 
Heiliger. Himmel.

Wir albern noch ein bisschen rum, und als Pete die Rechnung verlangt, klingelt plötzlich sein Handy. Er holt es aus der Tasche seiner Jeans, verzieht den Mund und drückt den Anrufer weg.
„Sorry", murmelt er bloß. Ich frage mich, ob das derselbe Anrufer wie heute Nachmittag ist, traue mich aber nicht zu fragen.

...und im Herzen tausend TöneOnde histórias criam vida. Descubra agora