Du machst mir Angst

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Den Rückweg haben wir schnell geschafft, und ich stehe etwas ratlos vor dem weißen Haus mit den dunkelbraunen Dachziegeln. Der Kies unter Finns Füßen knirscht, als er in Richtung Haustür schlendert.

„Kommst du?"

Während Finn mich über die Schulter hinweg ansieht, kramt er den Haustürschlüssel aus seiner Hosentasche.

Etwas überfordert nicke ich und gehe dann auf ihn zu.

Der Hausflur ist weitläufig und einladend; weiße Wände und helle Möbel stehen im Eingangsbereich. Finn zieht sich die Schuhe aus, und ich tue es ihm gleich.

Im Haus ist es mucksmäuschenstill, und ich nehme jedes Detail auf, das ich zu fassen kriege:

Eine großzügige Wohnküche mit glänzenden, weißen Schränken; ein massiver Esstisch mit Lederstühlen, grün-weiße Tischläufer, ein zu den Stühlen passendes Sofa. Mehr bekomme ich vom unteren Bereich nicht zu sehen, da Finn mich die Treppe hochwinkt, und ich folge ihm bereitwillig.

Er bleibt vor einer Tür auf der rechten Seite stehen und scheint einen Moment lang zu überlegen, dann öffnet er sie und lässt mich eintreten.

Ich komme mir vor wie ein Eindringling, denke ich. Gleichzeitig bin ich furchtbar nervös. Scheint so, als wäre niemand zuhause. Ich war noch nie mit Finn allein. Also, allein schon, aber nicht so. Irgendwie... intim.

Finns Zimmer ist eine Ansammlung von Chaos und Kunst. Besser kann ich es nicht beschreiben. Die rechte Wand ist von oben bis unten vollgeschrieben; es ist ein Text auf Englisch, ich nehme an, irgendwelche Liedzeilen, die ich nicht kenne. An dieser Wand steht sein Bett, die Fußseite zeigt zu uns.

Links von der Tür wurde eine Wand mit Durchgang platziert, an der ein großer Schrank steht. Ich linse durch den Durchgang und kann ein Sofa und mehrere Stühle erkennen; insgesamt sieht das ganze aus wie ein kleiner Partyraum.

Die Wände wurden mit verschiedensten Bildern verziert, darunter mehrere Poster von unterschiedlichen Bands und sogar ein paar Schallplatten.

Anstelle des Sofas wählt Finn das Bett, und ich bekomme Gänsehaut, als ich mich zu ihm setze. Er lehnt sich lässig mit dem Rücken an die Wand und klopft neben sich, um mir zu bedeuten, dass ich mich zu ihm setzen soll, als ich eine Weile zögere.

Also rücke ich ein Stück nach hinten und nehme dieselbe Position ein wie er auch. Dann überkommen mich – wie gewohnt – Selbstzweifel, und ich überlege fieberhaft, was das hier soll. Was, wenn Finn mich hierher gelockt hat, weil er sich sonst was in seinem Kopf zusammenreimt? Ich meine, wir sitzen in seinem Zimmer, auf seinem Bett. Was sollte mir da sonst durch den Kopf gehen?

Trotz der Zweifel und meiner Nervosität steigt wieder die altbekannte Hitze in mir auf. Ich habe das Gefühl, als würde die Luft vibrieren.

Während ich versuche, mich ein wenig zu entspannen, nimmt Finn meine Hand. Schweigend betrachtet er den Silberring an meinem Mittelfinger und fährt mit dem Daumen darüber.

„Von wem hast du den?", fragt er mit leiser Stimme.

„Von meiner Mum." Er nickt bloß und zieht die Augenbrauen ein Stück zusammen.

„Ich..." er bricht ab, räuspert sich, und versucht es erneut.

„Ich glaube, das geht so nicht."

Verwirrt drehe ich mich ein Stück zu ihm, meine Hand immer noch in seiner.

„Was genau meinst du?"

„Wir", sagt er ohne zu zögern. „Das hier. Freundschaft. Ich kann das nicht."

Ich merke, dass seine Stimme bricht, auch wenn er versucht, es zu überspielen. Ein paar Strähnen seines dunklen Haars fallen ihm in die Stirn, und er wischt sie mit der anderen Hand weg. Ein schwarzes Augenpaar trifft auf mich, und ich halte die Luft an.

...und im Herzen tausend TöneWhere stories live. Discover now