Die Lüge

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„Ich habe noch eine andere Wahl, Cat. Oder... Nennen wir es Bestimmung."

Masons Augen suchen meinen Blick, ich höre ihm interessiert zu. Er seufzt und fährt sich mit einer Hand fahrig durchs Haar.

„Meine Familie kommt aus England. Ich bin schon vor langer Zeit ausgewandert, aber eigentlich hatte meine Reise nach Amerika ein Ablaufdatum."

„Wie meinst du das?"

Meine Hände sind eiskalt, und ich wärme meine Finger an der Teetasse. Mason und ich sitzen auf den Barhockern, er starrt nun unablässig auf den Tisch.

„Meine Großeltern waren Geschäftsleute, genauso wie meine Eltern. Sie haben mit einer kleinen Modefirma begonnen, die sich sehr schnell zu einem Imperium wandelte. Als meine Großeltern gestorben sind, haben meine Eltern die Firma übernommen." Er macht eine kurze Pause und betrachtet mich, als würde er auf eine Reaktion von mir warten. Ich erwidere nichts, sondern bedeute ihm nur, weiterzusprechen.

„Mein Vater ist schon vor vier Jahren gestorben, und jetzt liegt meine Mutter im Sterben."

Ich greife nach seiner Hand.

„Das tut mir Leid."

„Muss es nicht. Ich hatte noch nie das beste Verhältnis zu meiner Familie. Die Frau, die gerade hier raus ist, ist Rosalie. Meine Schwester."

Ich halte die Luft an und nicke. Obwohl ich mit so etwas schon gerechnet hatte, bin ich trotzdem irgendwie überrascht.

„Sie ist so anders als du."

Er nickt und lacht traurig auf.

„Das sind sie alle. Das Geld hat sie verrückt gemacht. Und unglaublich egoistisch."

Ich seufze und nippe an dem siedend heißen Tee.

„Mason – was hat das mit Suzy zu tun?"

Er blickt auf, Überraschung liegt in seinem Gesicht, darüber huscht ein gequältes Lächeln.

„Sie wollen mich zurückholen. Rose und ich sollen die Firma übernehmen. Meine Mutter kann das Geschäft nicht mehr leiten, und Rose alleine ist auch nicht dazu fähig. Sie wollte mich zur Vernunft bringen."

Er spuckt das Wort aus, als wäre es Gift, und knetet seine Hände.

„Als Suzy hier rein spaziert ist, ist Rose völlig durchgedreht. Sie hat sofort gemerkt, was Sache ist. Dass ich hier nicht weg will, habe ich ihr schon einmal klargemacht, und jetzt ist sie der Meinung, dass Suzy die Schuld dafür trägt. In gewisser Weise tut sie das ja auch."

Jetzt ist das Lächeln auf seinem Gesicht ehrlicher, entspannter. Als würde sich alles ändern, wenn er nur an Suzy denkt.

„Und die Freundin?", frage ich, kann mir die Antwort aber schon denken.

„Existiert nicht", bemerkt Mason trocken. „Ich wollte sie nur schützen. Als ich ihr das erzählt habe, war Rose das erste Mal hier. Sie hat sich seit ein paar Wochen vom Geschäft zurückgezogen und ist hierher gekommen, um mich zu bekehren. Und das letzte Mal war ich fast der Meinung, sie hätte es geschafft. Ich dachte wirklich, ich müsse zurück nach England, um dieser beschissenen Pflicht nachzukommen. Deshalb..."

„...die Lüge", beende ich den Satz und nicke.

Meine Gedanken wandern zu Suzy. Suzy, die verheult auf dem Sofa sitzt und vor Liebeskummer fast vergeht.

„Du musst ihr das sagen, Mason. Suzy ist vollends davon überzeugt, dass du sie verarscht hast."

Mason nickt, sein Blick ist leer.

...und im Herzen tausend TöneWhere stories live. Discover now