Lektion #49

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„Marshall?"
„Hmm?", macht er leise. Wir liegen noch immer auf meinem schmalen Bett in meinem Einzelzimmer auf dem Campus meiner neuen Uni. Marshall liegt auf dem Rücken, seine Augen sind geschlossen und seine Arme um mich geschlungen, mein Kopf ruht auf seiner Brust und lauscht seinem Herzschlag.
„Kann ich was fragen?"
„Jederzeit", seufzt er. Er klingt sehr zufrieden und ich muss ein bisschen grinsen. Ich bin auch zufrieden.

„Sind wir noch ... geheim?", möchte ich wissen.
„Du möchtest deinem Freund Andy gern von uns erzählen, korrekt?", stellt er die Gegenfrage.
Überrascht hebe ich meinen Kopf. „Bin ich so leicht zu durchschauen?"
Er lacht leise und schüttelt den Kopf. „Es ist einfach nachvollziehbar, Louis. Oder wolltest du einen Aushang am College machen? Wenn ich recht überlege, würde ich diese Information gern persönlich an Mr. Fowler übergeben. Vielleicht mit einer direkten Demonstration?", überlegt er.

„Du meinst Billy?"
„Ja", grübelt Marshall weiter. „Wir könnten ihn in mein Büro zitieren und dann setzt du dich auf meinen Schoß und ich beginne, deinen–"
„Marshall!", rufe ich überrascht und halte ihm den Mund zu. „Bist du etwa eifersüchtig?"
„Ich schätze schon", murmelt er hinter meiner Hand.
„Wir werden es Billy nicht sagen ... oder zeigen." Ich schüttle mich.
„Widert dich der Gedanke so an?"
Ich hebe eine Augenbraue. „Du widerst mich ganz bestimmt nicht an. Aber bei dem würde es mich nicht überraschen, wenn er das noch geil fände und dann mitmachen wollte."

Nun verzieht Marshall angeekelt das Gesicht. „Nein, danke."
Ich werde wieder ernst und lege meinen Kopf zurück auf seine Brust. „Aber ich möchte Andy nicht länger anlügen."
„Weiß es nicht ohnehin schon jemand?"
Wieder hebe ich meinen Kopf. Langsam fühle ich mich wie ein Erdmännchen. Kopf hoch, Kopf runter.
Marshall entgegnet meinem überraschten Blick mit einem Lächeln. „Als ich dir schrieb, war ziemlich deutlich, dass du vorher mit jemand anderem über mich geschrieben hast."

Ich seufze und lege meinen Kopf wieder ab. Es hat keinen Sinn, es abzustreiten und anlügen möchte ich Marshall auch nicht. „Sally. Andys Freundin. Sie hat irgendeinen mysteriösen Frauensinn und es geahnt, ohne dass ich etwas gesagt habe. Aber nicht mal sie hat es Andy gesagt."
„Ah, die kleine Miss Franklin", überlegt Marshall. „Da hat dein Freund Andy großes Glück. Das Mädchen hat unglaublich viel Feingefühl. Mrs. Johnson ist nach dem Kunstkurs immer ganz aus dem Häuschen über sie und zeigt allen ihre Werke."

„Also?", versuche ich zum eigentlichen Thema zurückzukommen.
„Nur Andy oder auch allen anderen?"
„Nur Andy, die anderen sind mir doch egal", erwidere ich. „Ich wollte nur vorher mit dir darüber sprechen."
Marshalls Arme umschlingen mich noch fester und er seufzt wieder dieses entspannte Seufzen. „Das freut mich sehr. Von mir aus kannst du es ihm erzählen. Es wäre mir dennoch recht, es noch etwas bedeckt zu halten, auch wenn wir rein rechtlich keine Konsequenzen mehr zu befürchten haben."
„Er behält es für sich, dafür sorge ich schon", murmle ich.

•••

Irgendwann haben wir ein paar meiner Sachen zusammengepackt und sind gemeinsam in seine Wohnung gegangen. Anschließend ging Marshall einkaufen, damit wir uns etwas zum Abendessen kochen konnten. Es war zu putzig, denn er bestand darauf, immerhin hatte ich beim letzten Mal die Einkäufe übernommen und gemeinsames Einkaufen hätte das Risiko gesehen zu werden bedeutet. Natürlich war er trotz Einkaufszettel vollkommen hilflos im Supermarkt, nur dieses Mal konnte er sich direkt Hilfe holen.

Marshall

Louis?

Ja?

Wo finde ich Milch?

In aller Regel in der Nähe
von Butter. Frische Milch
im Kühlregal.

Notenspiegel | ✓Where stories live. Discover now