Ich weiß es jetzt

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Tsuki ging immer weiter und versuchte mit aller Macht sich nicht umzudrehen. Wie gerne würde er es tun, wie gerne würde er zurücklaufen und vielleicht nochmal von vorn beginnen. Ganz von vorn, mit dem Wissen das er jetzt hatte, hätte er ganz anders gehandelt. Aber das war eben nicht möglich.
Für diesen Kerl hätte er alles geändert, sich komplett auf den Kopf gestellt, er würde zu einem immer grinsenden Vollidioten werden der genauso ehrgeizig auf den Feld herumhüpfte wie Hinata, wenn Kuro das wollte. Es wäre ihm wohl mehr als schwer gefallen, doch für ihn hätte er es getan. Aber jetzt.
Er hatte ja noch nicht mal eine Chance bekommen! Naja im Grunde hatte er wohl mehr als eine bekommen, doch da hatte er eben noch nicht gewusst das es eine war. Tsuki schmeckte die salzigen Tränen auf seinen Lippen und spürte wie ihm die Nase lief. Er wischte sich also mit dem Ärmel über das tränennasse Gesicht.
In den letzten Tagen hatte er sich jegliches Scenario vorgestellt wie das hier enden konnte, doch am Ende waren sie sich immer im Arm gelegen.
Der blonde Junge schniefte erneut.
Ein bisschen fühlte er sich wie in Watte gepackt. Äußerliche Geräusche nahm er garnicht wahr, Kälte, Wind, Regen, Geräusche, Stimmen.
Tsukishima musste all seine Willensstärke aufbringen um seinen Kopf zu zwingen an irgendetwas logisches zu denken. Wie sollte er jetzt heimkommen? Fuhr überhaupt noch ein Zug wenn er irgendwann am  Bahnhof ankommen würde?
Ihm wurde speiübel bei dem Gedanken daran das er es zuhause irgendwie erklären müsste, das er da nochmal durchmusste. Sein Magen krampfte und er unterdrückte unweigerlich den Reiz zu würgen. Er wollte nicht, er wollte nicht drüber reden, er wollte nicht nach Hause und er wollte definitiv und unumstreibar nicht ohne Kuro sein.

Plötzlich spürte er etwas warmes auf seiner Schulter und schlagartig wachte er aus seiner Art Trance auf.
Was?
Ruckartig wurde er herumgedreht und bevor er auch nur einen Ton herausbrachte oder sich bewegen konnte, drückten sich starke Lippen auf seinen Mund und seine Welt blieb stehen.
Kuro, hier, jetzt. Was tat er da? Was sollte das? Wieso?
Seine Zunge schob sich an seinen irritierten Lippen vorbei in seinen Mund und augenblicklich vergaß er all die Fragen in seinem Kopf. Für sich hatte er beschlossen egal was das hier war, ein Abschiedkuss, ein Hoffnungsschimmer, eine Wette, er würde es genießen.
Sehnsüchtig legte er eine Hand an seine Wange und genoss es einfach, viel zu sehr.
Seinen Kopf überschwemmten die Eindrücke und er versuchte sich jeden einzelnen zu merken.
Sein Geruch, im Moment etwas verschwitzt aber immer noch gut und ganz eigen. Ein wenig nach Minze und etwas herben, dunklen. Unverwechselbaren. Unwiderstehlichem.
Seine weichen Lippen und die heiße Zunge die ihm ein heiseres Keuchen entlockten und ihn das Blut zwischen die Beine schickten.
Seine weiche Haut und zugleich die harten Muskeln die er an seiner Tailie spürte.
Seine neugierigen Finger die sich unter seine offen stehende Jacke schoben und ihm eine Gänsehaut bescherten. Sie zogen ihn an sich und ihm entkam ein freudiges Seufzen.
Aufeinmal riss eine Stimme sie aus ihrem Kuss und brachte sie zurück auf den Boden.

"Scheiße, die küssen sich. Dürfen die das". Lev.
Der grauhaarige Erstklässler sprach wohl das aus was sich der Rest des Teams gerade gedacht aber aus Scham oder Respekt nicht ausgesprochen hatte.
Tsukis Blick wanderte hinter den schwarzhaarigen und er sah das das gesamte Team vor der Halle stand und sie geschockt ansah.
Unsicher trat er einen Schritt zurück wahrscheinlich ein Fluchtreflex doch Kuro hiel ihn zurück und lenkte seinen Blick zu ihm.
Seine Augen waren ehrlich und er fühlte sich sofort ein bisschen besser. In ihnen lag Vertrauen und Freude. Da fielen ihm seine Worte wieder ein und der Widerspruch zu dem was er gerade getan hatte.
"Warum hast du.. "
"Dir sollte klar werden was ich für dich bin und was du für mich tun würdest", sprach er und strich dabei zärtlich über Tsukis Wange.
"Ich weiß es jetzt", flüsterte er und ein Lächeln huschte über seine Lippen.
"Außerdem solltest du genauso leiden, wie ich nach den vielen Malen, wo du mich verlassen hast. Eigentlich wollte ich dich noch länger schmoren lassen aber ich konnte dich nicht gehen lassen ohne dich zu küssen. "
"Hab ich jetzt genügend gelitten? Und glaub mir das habe ich", entgegnete er  und holte stockend Luft.
"Gut, dann können wir ja.. "

"Man Lev jetzt reis dich mal zusammen, krieg mal den Mund wieder zu", unterbrach ihn einer der anderen Drittklässler.
"Wer ist der Kerl überhaupt, irgendwoher kenn ich den", fragte jemand aus den hinteren Reihen.
"Das ist Tsukishima Kei, der Mittelblocker von der Karasuno, du hast ihn im Trainingslager gesehen", antwortete der kleine blondhaarige Zuspieler ohne von seiner kleinen Konsole aufzusehen.
"Und was macht der hier, und warum küsst der unseren Cäptn"?
"Weil der das so will", gab Kuro die Antwort und drehte sich zu seinem Team um.
Tsuki wurde augenblicklich rot und wollte sich wegdrehen, doch Kuro hiel ihn an der Hand und zog ihn näher zu sich.
Sie gehörten zusammen, das wollte er wohl damit ausdrücken.
"Also, ich schätze ihr habt jetzt alle gerafft was Sache ist, euer Geschwatze und Gekicher könnt ihr gerne fortsetzen aber wenn einer von euch auch nur ein beleidigendes Wort gegen meinen Freund richtet dann mach ich euch nen Kopf kürzer, ist das klar. "
"ja Captain", kam es im Chor von dem Team der Katzen.
Die Ansprache hatte hart und einschüchternd gewirkt, doch in seinen Ohren klang immer wieder dieses eine Wort nach das sein Herz hüpfen lies.
Meinen Freund. Meinen Freund.
Waren sie das jetzt? Freunde? Er hatte die Betonung doch nicht falsch verstanden oder? Er hatte Freund im Bezug auf Boyfriend also auf Beziehung gemeint oder?
"Können wir jetzt gehen", fragte dieser abwesend und zumal garnicht überrascht wirkende Zuspieler erneut ohne aufzusehen.
"Ähm ja, klar, wir sehen uns am Montag".
"Bis Montag", hörte er viele von ihnen erwidern bevor sich mit mehr als neugierigen Blicken an den beiden vorbeizogen.
"Hey". Kuro hielt den Kerl mit der Konsole am Arm fest.
"Keine Konsole auf der Straße, erst wenn du im Bus sitzt. Ich hab keinen Bock dich vom Asphalt zu kratzen", ermahnte ihn Kuro hart. Der andere verdrehte nur die Augen steckte die Konsole jedoch ein und schenkte ihm ein verzerrtes Lächeln.
Dann sah er Tsuki nochmal kurz an und sein Blick wirkte irgendwie zufrieden, danach verschwand er in der Dunkelheit und sie blieben beide vor der erleuchteten Halle zurück. Sie sahen sich an, und lächelten.

Kurotsuki Wilde GefühleWhere stories live. Discover now