Schwer, einfach nur schwer

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Als sie sich nach einer halben Ewigkeit endlich trennten und gemeinsam in die Kissen fielen fühlte sich Tsuki wie im Himmel. Kuro hatte ihn trotzdem noch im Arm und es war unbeschreiblich wie geborgen er sich darin fühlte. Sein Körper war vollkommen befriedigt und bekam diese leichte Schwere die ihn schon fast in den Tiefschlaf schickte. Das hatte er definitiv gebraucht, jetzt lief alles wieder im richtigen Rhytmus. Obwohl keiner der beiden etwas sagte, war die Stille nicht unangenehm. Zwar wusste Tsuki das sie eigentlich reden sollten doch für den Moment genoss er einfach die leichten Nachbeben und die warmen Arme um sich. Irgendwann flüsterte er die ernstgemeinten Worte: "Danke dir".
Er konnte Kuros Gesicht zwar nicht sehen doch er hörte einen Laut der etwas verwirrt klang. "Okey, ich weiß das es gut war aber bis jetzt hat sich noch nie jemand dafür bedankt". Ein Lachen lockerte das ganze etwas auf.
Es blieb wieder still. Hatte er was falsches gesagt? Klar sein Geständnis vorhin war ihm verdammt nah gegangen und war der Auslöser gewesen warum er sich ihm überhaupt hingegeben hatte und an seinen Gefühlen zu ihm hatte sich auch nichts geändert, aber das änderte ja nichts an der Ausgangssituation. Er wusste jetzt das Kuro auch etwas für ihn empfand und nicht wie zunächst gedacht ihn nur als Spielzeug ansah. Aber das änderte nichts, es blieben immer noch riesige Lücken auf dem Weg in eine glückliche Zukunft und es war einfach nicht die richtige Zeit diese zu stopfen.
"Weißt du es wird schwierig werden beim nächsten Spiel den Schein zu wahren", sagte Tsuki überlegend, er musste vielleicht auch nochmal das Gespräch mit Daichi suchen, ihm war sicherlich nicht entgangen das der Nekoma Kapitän ihn nach seiner Adresse gefragt hatte, das musste er ihm irgendwie erklären. Auch wenn es ihm ein wenig widerstrebte den Drittklässler anzulügen.
"Was meinst du? Dein Schein waren"?
Kuro klang nun eindeutig verwirrt und drückte ihn etwas von sich weg um ihm ins Gesicht zu sehen.
"Naja das da nichts zwischen uns war". Er würde sich definitiv nicht vor den anderen outen, das wäre sein Untergang, niemand würde ihn mehr ernst nehmen, sein Ruf als cooler, ernster Junge wäre versaut und die Leute würden hundertpro eine Menge fragen stellen oder schlimmer ihn sogar verspoten oder bespucken. Nein, niemals, so tief würde er nicht sinken. Das alles musste ein Geheimnis bleiben. In der Familie war das ok aber kein anderer durfte je davon erfahren.
"Was denkst du denn das zwischen uns war? " Das letzte Wort spuckte er beinahe aus und plötzlich unruhig rutschte er nach oben.
"Das weißt du doch. Das hier zum Beispiel", er zeigte zwischen ihnen hin und her und setzte sich ebenfalls auf. Er spürte das das hier ein ernstes Gespräch wurde und dafür sollte er sich seine Shorts wieder anziehen. Also stand er auf ging zum Schrank und langte ein paar neue Boxer aus der Schublade. Er war kaum hineingeschlupft als er hinter sich Rascheln hörte. Sobald er sich umdrehte sah er das Kuro ebenfalls in seine Unterwäsche gestiegen war sich jedoch gerade nach seiner Jeans umsah und in Windes Eile hinein schlüpfte. "Ähm alles ok"?
"Ist das dein ernst", fragte Kuro und hielt inne sein T-shirt anzuziehen.
Vermutlich war das eine rehtorische Frage auch wenn der andere aussah als würde er eine Antwort erwarten.
"Tsuki was soll der Scheiß? Was hast du gedacht das das zwischen uns ist? Oder eher war? Du hast es nämlich soeben beendet wie es scheint".
"Ich habe was beendet"?
"Man ich dachte echt du bist einer von den schlauen. Du hast mir gesagt das du mich wiederhaben willst, ich hab dir gesagt das ich dich vermisst habe oder hast du mir wieder mal nicht zugehört."
"Doch hab ich". Was passierte hier gerade?
"Und? Für mich bedeutet das, das wir beide das gleiche fühlen und eigentlich dachte ich das es nur eine Schlussfolgerung dafür gibt".
"Und welche"? Klar die Frage war blöd aber im Moment stand er wirklich auf dem Schlauch.
Wieso war er so überrascht? War ihm der Umstand das sie hunderte Kilometer auseinander wohnten und er bald seinen Abschluss machen und dann eh an eine Uni gehen würde etwa nicht klar. Auf der Uni war es viel härter als auf der Oberschule, da hätte er dann sowieso keine Zeit mehr  für ihn!
"Weißt du ich dachte das das mit uns echt was anderes ist", sagte er und klang niedergeschlagen. Er wandte den Blick ab und zog sich seinen Pullover über.
In Tsuki begann etwas zu kochen, meinte er wirklich das er das nicht auch wollte? Eine Beziehung, zusammen sein ohne Probleme? Sich nach der Schule treffen, ein Eis essen, über Lehrer lästern und im Bett Hausaufgaben machen und dann kuscheln und einen Film sehen. Das alles war ja schön und gut aber es würde eben ein Traum bleiben.
"Warum bist du so genervt, du hast gewusst das das zwischen uns nicht ernstes werden wird. Ich mein du wohnst über 5 Zugstunden weg, du bist zwei Jahre älter und wirst bald auf die Uni gehen, wie hast du dir das vorgestellt? ", seine Stimme war immer lauter geworden und vielleicht etwas verzweifelt.
Kuro war inzwischen fertig angezogen und stand nun nochmal direkt vor ihm.
Seine Gesichtszüge wirkten eingefallen doch seine Augen blitzten hellwach obwohl etwas trauriges darin lag. Zwischen ihnen war die Luft so angespannt das man sie hätte schneiden können. Er hatte doch Recht, er sah es doch nur realistisch, wieso fühlte sich das dann so falsch an?
"Ich weiß das es nicht leicht wäre, habe ich auch nie gesagt. Aber.. "
Seine Stimme wurde zu einem flüstern und er hätte schwören können das seine Augen feucht wurden. "Aber für dich hätte ich all das in Kauf genommen, weil Liebe jedes Hindernis überwinden kann".
Tsuki schluckte.
Kuro sah ihn ein letztes Mal an und in diesem Blick lag so viel Schmerz das er sich unbewusst an sein eigenes Herz griff das plötzlich anfing wehtzutun. Dann wandte er sich ab und verlies sein Zimmer und knallte die Tür zu. Mit einem Mal wurde ihm kalt und alles um ihn begann zu verschwimmen.
Kuros letzte Worte spukten in seinem Kopf herum und drehten sich das sie zu unverständlichen verzogenen Schreien wurden. Ich hätte all das in Kauf genommen... Ahh, fuck... Liebe jedes Hindernis überwindet. Er hielt sich den Kopf da er so brummte das es weh tat. Sollte das bedeuten? Das Kuro ihn liebte?
Das er für ihn alles geändert hätte?
Seine Beine zitterten so sehr das er langsam zu Boden sank.
Sie hätten zusammen sein können? Und er.. Er hatte es versaut. Er hatte alles versaut. Wieso konnte er nicht einfach seinen Mund halten, wieso hatten sie nicht einfach darüber geredet? Seine Sicht verschwamm endgültig und da erst merkte er das er weinte. Die ersten Schluchzer brachen aus ihm heraus und seine Brust tat so weh das er nach Luft schnappen musste. Er hatte in letzter Zeit so oft abends im Bett vor Kummer geweint das er gedacht hatte alles hinter sich zu haben, doch das hier war ein ganz neuer Schmerz. Er war erbarmungslos und allumfassend. Es fühlte sich an als ob sein Herz in seiner Brust zerspringen würde, in tausend Einzelteilen lag es vor ihm.
Tsuki riss sich die Brille runter und wischte sich über die feuchten Wangen. Was hatte er nur getan?
Wütend über seine eigene Dummheit und total außer sich raufte er sich verzweifelt die Haare. Wie konnte das nur passieren? Warum?
Sein ganzer Körper verkrampfte sich unter den ständigen Schluchzern. Er hätte eine Zukunft haben können. Er hätte eine Beziehung haben können, er hätte glücklich sein können, wieso sollte das alles nicht sein.
Tsuki zog die Nase hoch und stützte seinen schwer dröhnenden Kopf in die Hände.
Es war alles seine Schuld. Ganz allein seine Schuld. Wieso war er nur so ein Idiot, er hatte alles kaputt gemacht. Alles.
Der Schmerz in ihm drin war so groß das er immer weiter heulte und versuchte das beklemmende Gefühl aus seinem Körper rauszubekommen aber es fraß sich immer tiefer in ihn hinein, sodass er kraftlos auf den Boden sank und sich in Embryostellung zusammen rollte.
Noch niemals zuvor war es ihm so dreckig gegangen noch nie zuvor hatte er sich gewünscht einfach nicht mehr zu existieren weil er nicht wusste wie er mit all dem Schmerz in sich umgehen sollte. Sein Körper fühlte sich fremd an als würde er nicht zu ihm gehören. In seinem Bauch war es so leer das er sich pausenlos zusammenzog sodass ihm langsam schlecht wurde. Er dachte schon das es niemals vergehen würde und doch erlöste ihn seine Psyche irgendwann und schickte seinen vollkommen entkräfteten Körper in einen erschöpften Schlaf, der ihn in ein angenehmes schwarzen Loch sog wo jeglicher Schmerz für einen Augenblick starb.



Das Kapitel erhält deshalb den Titel weil es mir so unglaublich schwer gefallen ist es zu schreiben. Ich hatte das Gefühl all das zu verraten was ich aufgebaut habe und doch musste für jeden zu spüren sein wie unerfahren und selbstbezogen Tsuki manchmal sein kann. Obwohl das nicht die besten Eigenschaften sind machen sie ihn ein bisschen aus. Ein jeder hat Seiten an sich die nicht gut oder schön sind doch man muss die eine Person finden die sie akzeptiert und einen trotzdem liebt.
Und wenn man diese gefunden hat, sollte man sie festhalten und dankbar sein.

Kurotsuki Wilde GefühleOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz