„Liest die drei Arbeitsblätter durch…und bearbeitet sie…damit wir sie…nächste Woche…durchsehen können“, trug uns Schlafpille auf und beendete damit ihre Hyptnosestunde. Es war bewundernswert, wie sie sogar die Plappermäuler der Klasse zum Schweigen gebracht hatte.

Nun hatte ich noch bildnerisches Gestalten. Und das bei Carla. Ich setzte mich mehr in den Hintergrund und wartete darauf, dass sie ins Zimmer angetanzt kam und den Raum mit ihrer Präsenz erleuchtete.

Sie hatte seit dem Morgen, die Haare notdürftig mit zwei Stiften hochgesteckt. Dazu ein altes Hemd mit Farbflecken angezogen und die Ärmel hochgekrempelt. Sie sah leider verdammt gut dabei heraus. Sie setzte sich wie Jan es eigen hatte, auf den Tisch und strahlte uns schon an, als gäbe es keinen Ort auf der Erde, an dem sie im Moment lieber wäre. Ich hätte im Augenblick mein Bett bevorzugt.

„Toll, dass ihr alle schon hier seid. Ich will euch gar nicht lange mit meinem Geplapper aufhalten. Ihr könnt euer Zeug herauspacken und mit dem Auftrag weiterfahren“, rief sie aus, klatschte in die Hände und schon sprangen die Schüler auf die Füsse und richteten ihre Tische mit Zeitungspapier und Farbpaletten ein. Ich hatte diese Klasse selten so motiviert gesehen. Selbst Mike, der sonst nie gross ein Ohr für den Unterricht übrig hatte, war gefesselt von der Lektion. Okay…

„Ah, Li! Du bist auch in dieser Klasse“, duzte sie mich unbekümmert, wie am Morgen schon und kam zu mir an den Tisch.

„Du bist ja letztes Mal nicht hier gewesen. Wir haben begonnen ein Selbstportrait zu zeichnen und dann es plastisch zu gestalten. Du kannst dir vorne einen kleinen Spiegel und ein weisses Blatt schnappen und auch gleich loslegen“, erklärte sie mir und flatterte schon zur nächsten Gruppe um sie tatkräftig für ihre Arbeit zu loben. Die Leute liebten sie und es war verdammt schwer es nicht zu tun. Kein Wunder hatte Jan sie heiraten wollen. Die Frau war ein Engel! Ein Engel, der in die schmutzigen Hände von Lukas Matini gefallen war und ihren Traummann dadurch verloren hatte.

Aber sie war hübsch, freundlich, anscheinend klug und gebildet. Jan und sie hätten ein verdammt perfektes Pärchen abgegeben. Mir sass das nicht gut im Magen aber es war eine Realität, die selbst ich nicht leugnen konnte.

Ich beobachtete mehr Carla als mich im Spiegel und sah zu wie sie die Klasse mehr und mehr mit ihrer strahlenden Präsenz einnahm. Als die Schulglocke den Unterricht für beendet erklärte, war ich nicht erstaunt darüber, dass ich noch nicht viel hatte. Carla wünschte uns allen einen wunderschönen Tag und verschwand dann auch in den Materialienraum. Etwas ausgelaugt und verwirrt von den vielen Ereignissen des heutigen Tages schleppte ich mich ins Büro des Teufels. Nachsitzen für gar nichts, aber von Lukas war man nichts anderes gewohnt.

Ich klopfte nicht mal an die Tür sondern stampfte einfach hinein und liess mich auf einen der Stühle vor seinem Tisch fallen.

„Dir gehört dringend der Hintern versohlt“, kommentierte Lukas hinter seinem Schreibtisch murrend, konzentrierte sich aber wieder auf die Unterlagen vor ihm, die er gerade am Bearbeiten gewesen war. Ich hätte ihm liebend gern gesagt, wo er seine Meinungen hinstecken konnte, wollte mir aber nicht noch mehr Nachsitzen aufbrummen.

„Was soll ich tun?“, fragte ich nur.

„Nichts.“

„Nichts?“, wiederholte ich verwirrt und musste Ewigkeiten warten, bis er von seinen Blättern hochsah und nickte.

„Genau. Nichts. Also sei ruhig und lass mich hier arbeiten.“ Ich sah ihn verdattert an. War das ein Witz?

Wieso sollte ich dann hierher kommen? Ich wurde sauer. Der Tag hatte schon genug Scheisse für mich parat gehabt, ich brauchte mir seine nicht auch noch anzutun.

Hell Yes!!Where stories live. Discover now