Kapitel 57

3.9K 212 24
                                    

„Was?“

„Du wirst heute nachsitzen.“ Ich schüttelte den Kopf und stampfte wieder zu ihm hin. Ich musste aufpassen, bald würden die ersten Leute sich zu ihren Spinten begeben und uns hier noch sehen.

„Das habe ich nicht gemeint! Was war das mit Jan?“

„Ohh, Jan! Naja, du kannst aufhören dir ins Höschen zu machen, er ist weg.“ Ich starrte ihn immer noch weggetreten an. Jan war verschwunden? Wohin, weshalb und wieso hatte er mir nichts davon gesagt?! Lukas schien mir die Fragen anzusehen.

„Er hat die Chance ergriffen ein paar Seminare zu machen um sich als Lehrer auf dem Laufenden zu halten, da er in letzter Zeit…die Dinge ein wenig schleifen liess, aber du wirst wohl wissen, was ich meine.“ Gott! Ich hatte wirklich keinen Nerv mir seine Sticheleien anzuhören! Er sollte endlich mit der Sprache herausrücken!

„Seit wann ist er weg?“, fragte ich leise. Und wann wird er wieder zurückkommen?!

„An dem Tag, an dem du vor meiner Tür aufgetaucht bist, hat er mir Bescheid gegeben, eine Vertretung für ihn zu suchen, da er ab nächster Woche weg sein würde. Nun sind schon zwei Wochen vergangen und es sieht nicht so aus, als ob er Lust hätte zurück zu kommen.“ Ich starrte einfach in die Luft. Es war eine Sache mit einem hochnervösen Gefühl in die Schule zu kommen, weil man das Aufeinandertreffen befürchtete, aber die Ungewissheit zu haben, ihn je wieder zu sehen...

„Muss er dir nicht Bescheid geben, wann er zurückkommt? Er kann doch nicht einfach so abhauen“, fragte ich und versuchte meine leichte Verzweiflung unter Verschluss zu halten, aber ich sprach hier mit Lukas. Er erkannte jede Regung in mir, so klein sie auch sein mochte.

„Er kann von mir aus einfach so abhauen, wie er aufgetaucht ist. Was dich betrifft, so bin ich nicht ganz sicher“, meinte er und sah mich eingehend an. Ich musste bestimmt vollkommen vor den Kopf gestossen aussehen. Wie konnte Jan einfach verschwinden ohne ein Wort? War ich ihm nicht mal ein einfaches Tschüss wert gewesen? Ich schüttelte die aufgestauten Gefühle ab und setzte wieder meine kalte Maske auf. Dann war er eben weg. Vielleicht war es so einfacher ihn endlich zu vergessen. Letztlich hat er mir damit einen Gefallen getan. Genau…

„Nein, ich war nur überrascht. Er kann hingehen wohin er will, das betrifft mich nicht länger und es ist mir auch egal.“ Ich wusste nicht, ob ich Lukas oder mich versuchte zu überzeugen. Wer es auch sein sollte, keiner von uns kaufte mir die Worte ab. Ich klang lächerlich. Der Typ machte mich lächerlich! Mit dem beschissenen Gefühlschaos, dass er hier hinterlassen hatte. Sollte er doch zur Hölle fahren. Ich war fertig mit ihm!

Die ersten Schüler kamen um die Ecke und ich entfernte mich Intuitiv einige Schritte von Lukas. Ich musste mich nun Zusammenreissen. Dann war er eben nicht da. Eigentlich war ich sogar erleichtert darüber.

„Wir sehen uns später“, meinte Lukas und wollte schon weiter, aber ich hielt in verwirrt an.

„Wieso das?“, fragte ich ihn und erhielt dafür nur einen nachdenklichen Ausdruck.

„Mann, der Penner hat dich wirklich erwischt… Du wirst bei mir Nachsitzen, schon vergessen?“, und damit drehte er sich um und stampfte davon. Oh... Ich schüttelte den Kopf, kehrte zurück zum grossen Foyer und machte Gabi, die sich an einem Becher Kaffee klammerte, ausfindig. Zusammen gingen wir in den Unterricht. Beide Angeschlagen und das aus unterschiedlichen Gründen.

Ich mochte die neue Vertretung nicht. Sie konnte einfach nicht wie Jan unterrichten. Durch ihre monotone Stimme, hätte man Personen mit der grössten Insomnie in ein Koma versetzen können. Wirklich eine Schlaftablette schlechthin. Der Typ hätte wenigstens jemanden als Ersatz haben können, der ein wenig reizvoller war…

Hell Yes!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt