Kapitel 48

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Verdammt sei Jan! Das dachte ich mir, als ich den Rotz in meinem Nasentuch ansah. Wie gelb musste das Zeug sein, um krank zu sein? Kevin neben mir warf mir nur einen schrägen Blick und wandte sich seinem Telefonat zu.

„Jap, ihre Nase trieft und ich glaube sie hat Fieber, weil sie die ganze Zeit irgendetwas vor sich hinmurmelt, als sei sie im Wahn, aber zum Arzt will sie damit nicht.“ Ich wusste mit wem er sprach. Enrico.

„Ich bin nur erkältet und nicht dem Tode nahe“, kommentierte ich seine Vermutungen, aber er ignorierte mich weiter und besprach mit meinem Bruder, wie sie mich zum Arzt schleppen konnten. Ich brauchte keinen Arzt und weniger diese Erkältung. Ich musste im Moment totale Konzentration und 100% für die Schule und meine schriftliche Arbeit geben, da konnte ich dieses ständige Niesen und den Rotz wirklich nicht gebrauchen.

Als ich Jan erzählt hatte, was mir sein nächtlicher Ausflug angetan hatte, dann war er doch leicht besorgt gewesen. Sollte er auch nur. Ich habe ihm schön ein schlechtes Gewissen eingeredet. Sollte er genauso leiden, wie ich es gerade tat.

Mit einem Schnauben erhob ich mich vom Küchentisch und packte meine Tasche fertig für die Schule.

„Du willst so in den Unterricht?“, fragte Kevin erstaunt und sah mir zu, wie ich die Tasche umlegte. Ich konnte von hier aus hören, wie Enrico etwas ins Telefon rief. Auch er schien nicht einverstanden zu sein.

„Ich muss heute präsent sein, also ja.“ Es ging mir wirklich dreckig. Ich hatte Mühe mich zu konzentrieren und die Gelenk-und Kopfschmerzen waren wirklich mühsam, aber heute hatte ich mein erstes richtiges Gespräch mit meinem Coach und ich musste meine Themenwahl für die Arbeit festlegen. Mein ungutes Gefühl stieg nur noch mehr, wenn ich daran dachte, dass ich nun Lukas aufsuchen musste, aber er war immer noch mein Coach und ich wollte immer noch diesen Schulabschluss, also musste ich irgendwie damit klar kommen.

„Aber du bist erkältet!“, rief er das offensichtliche aus. Ich verdrehte die Augen und verliess die Küche. Die Erkältung musste warten, im Moment gab es nun mal wichtigeres zu tun.

Auch Gabi entging während unserer Autofahrt nicht, dass ich vor Rotz und Angespanntheit zu platzen drohte. Als sie mich einmal bat kehrt zu machen und Zuhause unter die Bettdecke zu kriechen, hatte ich nein gesagt und sie hatte es augenblicklich gelassen. Sie wusste, dass ich ein Sturkopf war und  selbst die grösste Erkältung hätte nichts gegen diesen Dickschädel ausrichten konnte.

Das Elend, dass ich innerlich fühlte, musste ich wohl auch gegen aussen ausstrahlen, denn selbst Frau Hoffmann, die mich normalerweise nicht ausstehen konnte, fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich nickte nur und lehnte mich so gut es ging gegen den Tisch, damit ich nicht umkippte. Das Fieber machte es schwer zuzuhören, aber je mehr ich mich mit dem Unterricht ablenkte, desto besser schien es zu werden.

Glücklicher Weise hatte ich heute keinen Unterricht bei Jan. Der Typ hätte mir solche besorgte Blicke geworfen, dass selbst der dümmste in der Klasse aufmerksam geworden wäre. Der Typ konnte seine Gefühle einfach nicht unter Verschluss halten und auch wenn ich ihn dafür mochte, so konnte das in unserer Situation schnell zum Nachteil werden.

Mit jeder vergehenden Lektion drängte sich mehr und mehr das Wissen in mein Bewusstsein, dass ich Lukas im Büro aufsuchen musste. Er hatte mir eine kurze Mail geschrieben, in der er mir erklärt hatte, dass ich mich für einen Arbeitstitel entscheiden sollte, sodass er sich diesen notieren konnte. Nichts Weiteres. Die Professionalität hatte mich noch unruhiger werden lassen, als ich es sonst schon gewesen war. Der Typ war verdammt nochmal schwer einzuschätzen. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was mich bei diesem Gespräch erwarten würde und dass setzte mich noch mehr unter Stress, als ich es sonst schon war.

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