Kapitel 15 - Ein "unbedeutender" Albtraum

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Wieder fühlte sich Alec so leicht, als hätten sich die vielen Einzelteile seines Herzens rasch wieder zusammengesetzt, um Flügel zu bekommen, die ihn auf einen Schlag zurück in den Himmel beförderten. Es mochte übertrieben klingen, aber vergessen waren der Schmerz und die Zweifel.

Es blieb nur ein zartes Gefühl der Liebe, die seine Freudentränen tränkte und sein Herz flattern ließ. Dabei war der Kuss alles andere als leidenschaftlich, aber die Hingabe und die ganzen Gefühle, die mit ihm ausgetauscht wurden, waren so viel intensiver als blindes Verlangen.

Langsam lösten sie sich voneinander und hauchzart wischte Magnus ihm die Tränen weg.
~Lass uns ins Bett gehen. Es ist schon spät.~

Seine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen, denn auch er schien unendlich gerührt von dem, was dieser Kuss vermittelt hatte.

Alec war nur noch dazu in der Lage zu nicken, denn er war noch immer überwältigt, wie sprunghaft seine Gefühle doch waren. Noch vor einer knappen halben Stunde hatte er sein Herz zerspringen hören und jetzt flatterte es schon wieder fröhlich in seiner Brust. Und das alles wegen Magnus.

Ein leicht dümmliches Grinsen schlich sich auf seine Lippen bei dem Gedanken, dass er ihm wichtig war. Magnus hatte zugegeben, dass er ihm etwas bedeutete, dass er auch etwas unsicher war und dass es ihm ähnlich ging wie Alec -auch wenn er die beiden letzteren nicht explizit erwähnt hatte.

Er bekam kaum mit, wie sie übers Deck liefen, Magnus' Hand fest in seiner, und auch nicht, wie sie in ihrem Zimmer ankamen.
Beinahe wie in Trance zog er sich aus und legte sich neben ihn ins Bett, ein kleiner Sicherheitsabstand zwischen ihnen.
Doch noch immer lagen sie so nah beieinander, dass Alec die Wärme spüren konnte, die von seinem Körper ausging, gepaart mit einem Hauch von Sandelholz, der seine Erschöpfung nach außen trug.

Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass er schnell in einen tiefen Schlaf gesunken war.

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Doch der Schlaf sollte nicht lange andauern, denn irgendwann am frühen Morgen, draußen war es noch dunkel, wurde Alec von einem erstickten Wimmern geweckt.

Er blinzelte schläfrig und versuchte sich noch zu orientieren, als sich etwas oder eher jemand unruhig neben ihm bewegte.
Er setzte sich auf und sah zur Seite, wo er Magnus', sich unruhig hin und her werfenden, Umriss sah.

Sofort verschwand die Müdigkeit aus seinem Geist und machte großer Sorge Platz.

~Magnus?~, fragte er mit rauer Stimme und strich leicht über dessen nackte Schulter.

Wieder wimmerte er leise und warf den Kopf hin und her. Seine Stirn war schweisnass und er zitterte am ganzen Körper, obwohl er gleichzeitig furchtbar heiß schien.

~Magnus!~, wiederholte er lauter und auch der Griff um seine Schulter verstärkte sich, aber Magnus wachte nicht auf.

Viel mehr schien Alec ihn in Panik zu versetzen, denn er schluchzte auf einmal~Nein ... bitte ... ich war es nicht, ich kann nichts dafür!~
~Magnus, ich bin's! Hörst du mich?~, fragte er panisch und beugte sich besorgt über den, einfach nicht aufwachen wollenden, Mann.

Er erlebte gerade irgendeinen schlimmen Albtraum und es machte Alec fertig, ihm nicht helfen zu können.

~NEIN!~, schrie er auf einmal und schluchzte herzzerreißend auf.

Einzelne Tränen kämpften sich aus seinen Augenwinkeln hervor, während er sich noch immer unruhig hin und her warf, als hätte er Schmerzen.
Das gab Alec den Rest.

Ohne über mögliche Folgen nachzudenken, zog er den zappelnden Magnus zu sich hoch und schloss ihn in seine Arme.
~Alles ist gut. Ich bin hier, bei dir~, versuchte Alec ihn zu beruhigen, da er mittlerweile begonnen hatte zu weinen,~Du bist nicht allein.~

Alec machte sich furchtbare Sorgen um ihn, denn so verletzlich hatte er ihn noch nie erlebt.

Er fragte sich, ob er diesen Albtraum wohl schon öfter durchlebt hatte und ob er dann jemanden hatte, der ihn so tröstete, wie er es gerade tat. Gestern hatte er diesen Traum nicht gehabt. Da hatte er, wie Alec, geschlafen, aber das musste ja nichts heißen.

Er wusste nicht, wie lange er Magnus einfach in den Armen hielt und leicht summte, um ihn zu beruhigen -das hatte bei seinen Geschwistern immer funktioniert- und irgendwann war er ganz ruhig.

Alec glaubte schon, dass er wieder eingeschlafen war, als er seine kratziger Stimme hörte~Alexander?~
~Ja, ich bin's. Alles ist gut.~, versicherte er ihm, als er die feuchten Tropfen auf seiner Schulter bemerkte.
Magnus weinte, genauso wie Alec selbst in der Nacht Tränen vergossen hatte.

Gott, war er sensibel geworden, Izzy häte ihn jetzt mit Softy aufgezogen, aber das war ihm im Augenblick egal.
Wichtig war nur, dass sich Magnus wieder beruhigte, egal wie lange er dafür brauchen würde.

Anscheinend nicht allzu lange, denn schon nach kurzer Zeit löste er sich wieder von ihm.

Seine Augen waren gerötet und vereinzelte Tränenspuren glitzerten auf seiner Wange, wie vor Trauer getränkte, halb verblasste Sterne, aber dennoch versuchte er zu lächeln.

~Tut mir leid. Ich habe dich geweckt.~, brachte er hervor und sah ihn reuevoll an.

Alec konnte es nicht glauben. Magnus erlebte irgendeinen schlimmen Albtraum, der ihn sogar zum Weinen brachte und entschuldigte sich hinterher auch noch bei ihm, ihn gestört zu haben?

~Ich habe einen leichten Schlaf~, log er,~Von was hast du denn geträumt? Was hat dich so durcheinander gebracht?~
~Ist nicht weiter wichtig.~, wiegelte er ab, mied aber seinen bohrenden Blick.

~Hast du das öfter? So unwichtige Albträume?~, fragte er und sah keinen Grund dafür, zu verheimlichen, dass er ihm kein Wort glaubte.

Magnus zuckte bei seinem harten Ton leicht zusammen und sofort bekam er ein schlechtes Gewissen.
Ihm ging es offensichtlich schlecht und anstatt Verständnis zu zeigen, war er sauer, dass er nicht die komplette Wahrheit erfuhr.

~Nur, wenn ich zuvor aufgewühlt war~, antwortete Magnus nachdenklich,~Können wir Morgen darüber reden? Ich würde jetzt viel lieber schlafen.~

Alec konnte nicht anders und so legte er eine Hand an Magnus' Wange, damit dieser ihm wieder in die Augen sah.

Plötzlich war er nicht mehr so selbstsicher und humorvoll. Im Gegenteil, er wirkte gerade sehr zerbrechlich und unsicher, während sich sogar ein Hauch von Angst in seinen Augen widerspiegelte.

~Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so unter Druck setzen. Natürlich können wir Morgen oder viel mehr später darüber reden. Aber dann musst du mir auch endlich sagen, was es mit meinem Kompass auf sich hat, einverstanden?~
~Ok~, stimmte er erleichtert zu, bevor sich ein leicht verlegenes Lächeln auf seine Lippen schlich,~Hast du etwas dagegen, wenn wir kuscheln?~

~Nein, natürlich nicht!~, kicherte Alec leise zur Antwort und küsste ihn sanft auf die Wange.

Dann ließen sie sich auf das weiche Bett zurücksinken und sofort schlang Alec einen Arm um Magnus' Taille, um ihn an seine Brust ziehen zu können. Seufzend vergrub Alec sein Gesicht in seinem Nacken und inhalierte zufrieden den beruhigenden Duft nach Sandelholz.

Auch Magnus schien die plötzlich Nähe zu gefallen, denn er legte eine Hand auf Alecs und drückte sich noch etwas tiefer in seine Arme.
Eng umschlungen schliefen sie dann schließlich ein.

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin