Kapitel 9 - Entspannung und Angst

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Alec war zu überrascht, um etwas zu entgegnen.

Sein Herz klopfte so laut, dass er einfach nicht glaubte, seine Stimme noch hören zu können, wenn er jetzt sprach. Allerdings bezweifelte er schon, dass er überhaupt ein Wort über die Lippen gebracht hätte.

Nachdem sie kurz beide bewegungslos verharrt hatten, seufzte Magnus wieder, bevor er sich zielstrebig an seinen Hemdknöpfen zu schaffen machte.

Dabei sah er ihn zwar nicht an, aber dennoch konnte Alec die Emotionen aus seinen Augen herausfiltern, ohne sich groß anstrengen zu müssen. Er sah noch immer Sehnsucht, auch wenn sie von einer unterschwelligen Gereiztheit verwischt wurde.

Als er alle Knöpfe geöffnet hatte, schob ihm Magnus das Hemd über die Schultern nach hinten, sodass er es einfach abschütteln konnte, bevor er von ihm mit Schwung aufs Bett geschubst wurde.
Alec landete bäuchlings auf dem weichen Seidenlacken und sofort war er vom süßen und männlichen Geruch nach Sandelholz umgeben. Er war so damit beschäftigt, diesen beruhigenden Duft zu inhalieren, dass er gar nicht merkte wie er von seinen Schuhen befreit und in die Mitte des Betts geschoben wurde.

Sanft, aber bestimmt fuhren Magnus' Hände von seinen Füßen über seine Waden bis zu seinem unterem Rücken hinauf, bevor sich die Matratze leicht senkte, als er sich erstaunlich vorsichtig auf Alecs Unterschenkel setzte.

Sofort wurde Alec warm und das kam nicht nur von den heißen Spuren, die Magnus' Finger auf seiner Haut hinterließen. Viel mehr war es eine innere Wärme, die auch die letzten Winkel seiner Seele erreichte und ihn jeglichen Schmerz oder Kälte vergessen ließen. Diese Wärme verwandelte sich allerdings blitzschnell in Hitze, als Magnus begann, mit kreisenden Bewegungen seine Schulterblätter zu bearbeiten. Dabei ging er sowohl behutsam als auch irgendwie dominierend und fordernd vor.

Alec konnte nicht wirklich beschreiben, wie er sich dabei fühlte. Es war beinahe zu gut, um wahr zu sein.

Er seufzte befreit auf, als Magnus eine besonders verspannte Stelle unterhalb seines Schulterblatts berührte.
Es tat so gut, dass sein ganzes Sein eine kleine Hymne zu spielen schien.

~Also, Kitty, was hast du mit Lily zu tun?~
~Was?~, fragte er seufzend, wärend er sein Gesicht noch tiefer im Kissen vergrub.

Die Kombination aus Sandelholz und Magnus' warmen Fingern, die seine Verspannungen lösten und heiße Spuren auf seiner Haut hinterließen, waren einfach so entspannend, dass er drohte einzuschlafen.
Dabei wollte er diese Berührungen unbedingt länger auskosten, denn seine Gedanken, seine Zweifel waren wie weggefegt. Es fühlte sich einfach richtig an und so genoss er jede einzelne Sekunde als wäre es die letzte.

So überging er auch den unliebsamen Spitznamen einfach.
~Du musst mir nichts vorenthalten. Ich habe euch beide gesehen. Also, was läuft da zwischen euch?~, fragte er fordernd und der kleine Teil in Alec, der noch dazu in der Lage war, rational zu denken, bildete sich einen eifersüchtigen Unterton in seiner Stimme ein.

Der Rest von ihm erschauderte leicht, als Magnus einen empfindlichen Punkt an seinem Nacken fand.

~Da ist nichts. Wir sind nur Freunde.~, antwortete er schleppend, denn es fiel ihm schwer, sich auf seine Worte zu konzentrieren. Seine Zunge lag schwer in seinem Mund und langsam übermannte ihn die Müdigkeit.

~Seltsam, ihr habt so vetraut ausgesehen.~, überlegte er und eine seiner Hände begann mit Alecs Haaren zu spielen, während die andere langsam über seine Wirbelsäule fuhr.

~Sie hat mich gefragt, warum ich nicht hier schlafe.~
~Und was hast du geantwortet?~
~Ich habe blöde Fragen gestellt.~, meinte er verträumt.

Magnus lachte leise und wieder begann diese eine Saite in ihm zu klingen und er sank in eine Art Halbschlaf.

~Bist du vielleicht müde?~, fragte er belustigt.
~Vielleicht.~
~Dann schlaf mal schön.~, murmelte Magnus an seinen Nacken und drückte einen hauchzarten Kuss darauf, aber davon spürte er schon nichts mehr, denn Alec schlief bereits tief und fest.

/★★\

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen betrachtete Magnus den schlafenden Alexander.
Er sah so süß aus, so unschuldig.

Mittlerweile saß er auf der Bettkante und strich liebevoll durch das dichte schwarze Haar, welches so unglaublich weich war. Magnus könnte das den ganzen Tag lang machen, einfach nur durch diese weichen Haare fahren und Alecs Schnurren lauschen, denn das unterstrich seine Niedlichkeit nur noch.

Doch Alec schien es nicht zu wollen oder ... vielmehr wusste er nicht, was er wollte und das machte Magnus zu schaffen.

Es gab ein paar seltene Momente, in denen Alec seine Anwesenheit oder seine Berührungen genoss, so wie gerade bei der Massage, und er fühlte sich darin bestätigt, dass eine besondere Spannung zwischen ihnen herrschte, ein Knistern, welches er lange nicht mehr verspürt hatte.

Aber dann gab es auch solche Momente, in denen er Magnus von sich stieß und ihn so kalt musterte, dass er sich am liebsten in eine stille Ecke verzogen hätte, um seine seelischen Wunden zu lecken.

Er hatte sich noch nie so ... schnell abhängig gefühlt. Noch nie hatte ihn jemand so schnell in seiner Stimmung beeinflusst oder so intensiv in seinen Bann gezogen wie Alec es tat, dabei hatten sie sich noch nicht einmal geküsst.

Leicht wehmütig blickte Magnus auf seine weich aussehenden Lippen. So gerne würde er testen wollen, ob sie sich wirklich so weich anfühlten wie sie aussahen, aber wenn Alec sich nicht entscheiden konnte, was er empfinden wollte, hatten sie da ein Problem.

Dieses Hin und Her machte ihn unsicher. Bildete er sich diese Spannung etwa nur ein, weil sich sein naives Herz mal wieder selbst verschenken wollte?

Auch er hatte Zweifel und Ängste, denn schon viel zu oft hatte er sein Herz an jemanden verschenkt, der damit nicht umgehen konnte und es zerbrochen hatte. Der Schmerz danach war immer die Hölle für ihn gewesen, schlimmer als jeder körperliche Schmerz und dabei verheilte er noch nicht einmal. Nein, immer wenn er die Scherben seines Herzens wieder zusammengefügt hatte, bemerkte er, dass nicht mehr alle Puzzleteile vorhanden waren und je öfter er auf dem Boden aufschlug, desto gebrochener und hoffnungsloser wurde er.

Aber Alexander war anders oder zumindest redete er sich das ein. Er war besonders, ohne es zu merken. Er bereitete ihm Herzklopfen, sobald er sich auch nur im selben Raum befand und sein sehnlichster Wunsch war es, sich einfach an ihn zu schmiegen und ihn Sein nennen zu können.

Lodernde Eifersucht hatte ihn gepackt, als er Lily und Alec gesehen hatte und eine überwältigende Erleichterung hatte von ihm Besitz ergriffen, als er erfuhr, dass sie nur Freunde waren.
Er hatte Angst zu fallen und wieder auf dem Boden aufzuschlagen, nur um zu erfahren, dass er wieder auf den Falschen hereingefallen war, doch er war es leid, nichts mehr für jemanden zu empfinden.

Er wünschte sich so ungemein, dass Alec wirklich anders war als alle anderen. Dass er ihn nicht fallen ließ, sondern fest in seine starken Arme schloss.

Hoffentlich würde er sich für Magnus und gegen seine Tradition entscheiden, denn das war der Grund, warum er immer so vor ihm zurückschreckte, so vermutete er.

Darüber dachte er alles nach, während er sich bettfertig machte, um sich zumindest einen seiner Wünsche zu erfüllen und sich neben Alec zu legen, bevor er die Decke über sie ausbreitete. Er schmiegte sich nahe an den Schlafenden heran. Einfach, um seine Wärme zu spüren.

Er hoffte, dass das Schicksal und das Glück nur dieses eine Mal auf seiner Seite standen und er sein Herz nicht grundlos verschenkte.

/★★\

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Kde žijí příběhy. Začni objevovat