Kapitel 30 - Zweisamkeit

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Alecs Kopf dröhnte und ein unangenehmer Druck lastete auf seinem linken Knöchel. Auch schien er kaum richtig atmen zu können, als hätte man ihm teilweise die Luft abgeschnürt.

Dennoch öffnete er träge die Augen und fand sich in einem weichen Bett wieder, auf dem er anscheinend geschlafen hatte.
Aber er blieb nicht lange alleine, denn schon spürte er, wie die Matratze sich unter einem weiteren Gewicht senkte und ein nur zu bekanntes Gesicht rutschte in sein Sichtfeld.

~Magnus?~

Beinahe sofort wurde er in eine feste Umarmung gezogen, die es ihm noch schwerer machte, normal zu atmen, aber er wehrte sich ersteinmal nicht. Zu schön war das Gefühl, endlich wieder Magnus' Nähe zu spüren und von seinem beruhigenden Duft umgeben zu sein.
Also erwiederte er die Umarmung, indem er die Arme um ihn legte und ihn noch etwas fester auf sich drückte.

~Du Idiot! Mach das nie wieder!~, nuschelte er undeutlich in seine Halsbeuge.
~Ich werd's versuchen. Geh bitte von mir runter, ich bekomme keine Luft.~, keuchte er atemlos.

~Oh, entschuldige! Ich vergaß deine ramponierten Rippen.~, entschuldigte sich Magnus hastig und löste sich von ihm.
Auch Alec setzte sich etwas auf und ignorierte dabei den stechenden Schmerz in seiner Brust. Er wollte Magnus genauer ansehen können, denn dieser sah ziemlich zerzaust aus.

Seine Haare standen, untypisch für ihn, in alle Himmelsrichtungen ab und Schminke hatte er auch keine aufgelegt. Stadessen zierten dunkle Schatten seine Augen, die darauf hinwiesen, dass er kaum bis gar nicht geschlafen hatte.

~Magnus, wie lange habe ich geschlafen?~
Er machte eine abschätzige Bewegung mit der Hand.
~Vielleicht eineinhalb Tage?~, antwortete er, obwohl es eher nach einer Frage klang.

~Und wie viel hast du davon geschlafen?~, fragte er lauernd.
Allein, dass Magnus seinem bohrenden Blick auswich, genügte für eine Antwort.
~Du musst doch auch mal zur Ruhe kommen.~, meinte er dann sanft, während er eine Hand an Magnus' Wange legte.

Seine Fingerspitzen spielten dabei mit den weichen Härchen hinter seinem Ohr. Das schien ihm zu gefallen, denn er lehnte sich seufzend in die Berührung.

~Aber ich musste auf dich aufpassen.~
~Während ich geschlafen habe?~
~Du hast dabei so niedlich ausgesehen.~, seufzte er wieder, während seine Lippen ein zartes Lächeln zierte.
~Wie lange sind wir noch unterwegs?~

Magnus öffnete abrupt die Augen und warf ihm einen leicht verwirrten Blick zu.
Wieder war er erstaunt darüber, was er alles in diesen Augen erkennen konnte, obwohl er mittlerweile auch ganz gut Magnus' Mimik lesen konnte. Das Braun strahlte nur so vor Wärme und Liebe, auch wenn alles von einem Schleier der Erschöpfung gedämpft wurde.

~Noch ungefähr einen Tag, wieso?~
~Dann leg dich zu mir und ruh dich aus, wenn du an Deck nicht gebraucht wirst.~

Er wollte widersprechen, als Alec noch hinzufügte~Das war ein etwas ungeschickt formulierter Befehl. Komm her!~
~Meinst du etwa so?~, fragte Magnus gespielt unschuldig, als er seine Lippen mit Alecs vereinte.

Kurz war er von dem berauschenden Gefühl der weichen Lippen auf seinen abgelenkt, bevor er sich schwerenherzens wieder von ihm löste.

~So habe ich das nicht gemeint und das weißt du auch.~, murmelte er mit rauer Stimme.
Magnus zuckte mit den Schultern, lächelte ihn aber verschmitzt an.

~Ein Versuch war es wert.~

Dann schmiegte er sich an seine rechte Seite und Alec legte einen Arm um ihn, um ihn näher an sich ziehen zu können. Magnus vergrub seine Nase in Alecs Halsbeuge und inhalierte die faszinierende Mischung aus Orange, Meer und einem Hauch von Sandelholz.

~Weißt du, was es mit dem Druck auf meinem Fuß auf sich hat?~
~Verstaucht. Du bist auf alle Fälle den nächsten Tag lang ans Bett gefesselt und ich werde dafür sorgen, dass du auch liegen bleibst.~, grummelte er,~Eine gerechte Strafe.~
~Wofür genau?~, fragte er verdutzt.

Als Magnus beharrlich schwieg, kniff er ihm fordernd in die Seite, was ihm ein erschrockenes und einfach nur niedliches Quiecken entlockte.

~Wofür?~
~Hab ich doch schon gesagt. Ich hatte Angst um dich.~, murmelte er undeutlich, während er sein Gesicht tiefer in Alecs Halsbeuge vergrub.

~Es tut mir leid. Ich will nicht, dass du dir Sorgen machen musst.~
~Aber das macht man nunmal in einer Beziehung~, klärte ihn Magnus auf und er konnte spüren, wie er lächelte,~Man sorgt und kümmert sich um einander. Ich bin für dich da und du für mich. Also hör auf, zu denken, dass du die alleinige Verantwortung für mich hast. Das ist süß, aber ich bin schon groß und kann auf mich selbst aufpassen, einigermaßen zumindest.~

~Aber ich will mich um dich kümmern. Ich kann nicht so einfach aus meiner Haut.~
~Ich weiß~, hauchte Magnus und küsste seinen Hals,~Ich will dir damit nur sagen, dass es auch ab und an ok ist, dass ich auf dich Acht gebe.~

~Ok, aber jetzt wird es für dich höchste Zeit zum Schlafen.~, meinte Alec und war gerührt von Magnus' Worten.
~Gute Nacht, Alexander.~
~Schlaf schön.~, antwortete er sanft und schon bald spürte er Magnus' regelmäßigen Atem gegen seinen Hals prallen.

Alec hingegen war viel zu aufgewühlt, um jetzt zu schlafen, auch wenn der unverkennbare Duft von Sandelholz, der beständig an Magnus haftete -hatte er vielleicht ein Shampoo, das so roch?- unheimlich beruhigte.

Er war in einer Beziehung, er hatte einen Freund. Beides hätte er nie für möglich gehalten und doch war es passiert.
Könnte er doch nur damit vor seiner Schwester angeben, denn sie hatte es immer beklagt, dass er sich stets für seine Familie aufopferte und sich selbst dabei völlig vergaß. Sie wäre wohl ziemlich stolz auf ihn und würde sich bestimmt blendend mit Magnus verstehen.

Sie teilten die offene Art, die Liebe für Mode und den Drang, ihm ständig neue Dinge zu zeigen. Nur mit dem Unterschied, dass Magnus in dieser Hinsicht um einiges erfolgreicher war.

Er hatte ihn aus seinem Schneckenhaus gezerrt und verhinderte nun erfolgreich, dass er sich wieder in sich selbst zurückzog.
Aber er hatte auch gar nicht mehr vor, sich zurückzuziehen, viel zu aufregend waren die Erfahrungen, die er gesammelt hatte.

Alec hatte nie an höhere Mächte oder das Schicksal geglaubt, aber das hatte sich während der letzten Tage gewaltig geändert. Ohne sie hätte er es wohl nie gewagt, sein Heim zu verlassen und in die große, weite Welt hinauszugehen.
Ohne sie hätte er Magnus auf der Shadowhunter nie ins Bein geschossen und wäre ihm bestimmt nicht auf Dumort-Island gefolgt. Und ohne sie hätte er sich wohl nie auf der Vampire in ihn verliebt.

So hätte er wohl das größte Abenteuer seines Lebens verpasst und das wäre eine Schande, denn er wollte Magnus in seinem Leben nicht mehr missen.

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Where stories live. Discover now