Kapitel 8 - Höllenqualen und neue Kontakte

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Wie befürchtet zogen sich die Rückenschmerzen durch den ganzen Tag hindurch, sodass er sich kaum bücken konnte, ohne dass ein unangenehmes Ziehen durch seinen Körper schoss.
Nie wieder würde Alec Lightwood auf dem Boden schlafen, selbst wenn er Magnus dafür aus dem Bett werfen müsste.

Aber um seinen Stolz zu wahren, ließ er sich seine Schmerzen nicht anmerken. Wer dachte, dass er übertrieb, lag so was von daneben. Diese Schmerzen waren wie seine persönliche kleine Hölle, nur dass er sich selbst in sie hineinmanövriert hatte.

Dennoch half er fleißig mit, denn so konnte er sich von den misstrauischen weißen Masken um ihn herum ablenken, die jede seiner Bewegungen mit einer Mischung aus Verwirrung und Missbilligung beobachteten.

Wenigstens war die Kleidung, die Magnus ihm zur Verfügung gestellt hatte, einigermaßen robust und auch irgendwie bequem, aber vor allem war sie schlicht. Lediglich eine lange  Hose und ein weites beigefarbiges Hemd.

Alec vermutete allerdings, dass er tatsächlich ein paar seiner abgelegten Kleider trug, denn ihn umwaberte stetig ein schwacher Duft nach Sandelholz, der seine Schmerzen etwas zu lindern schien.
Dass Magnus überhaupt so etwas Schlichtes besaß, war schier ein Wunder, so wie er wieder auf dem Achterdeck stand.

Anscheinend hatte er sich dazu durchgerungen, seine Lektüre niederzulegen und Camille beim Befehleerteilen zuzusehen. Natürlich nicht, ohne sich nochmals umzuziehen, denn nun trug er eine leuchtend blaue Seidenhose zu einem gleichfarbigen, offenen Mantel und einem weißen Hemd, welches mal wieder so gut wie die Hälfte seiner Brust freilegte.

Alec weigerte sich, zuzugeben, dass er nicht gerade selten zu ihm sah und ihn beobachtete, wie er den Captain beobachtete. Machte dieser Gedanke überhaupt Sinn?
Er wusste es nicht, aber was er wusste, war, dass Magnus sich unheimlich über Camille zu amüsieren schien, dem leicht schadenfrohen, aber vorwiegend belustigten Ausdruck in seinen Augen.

Er sah einfach nur heiß aus, wie er dort mit verschränkten Armen an der Reling lehnte und ab und an ein paar Kommentare abgab, die Alec leider nicht verstehen konnte.
Der Wind unterstrich seine ganze Faszination, denn er blies so, dass Magnus' Kleidung und dessen Haare leicht umherflatterten.
Alec biss sich auf die Lippe, um sich von diesem Anblick loszureißen und wieder seiner Arbeit nachzugehen, was kläglich scheiterte, da er angesprochen wurde.

~Wenn du ihn ausziehen willst, musst du schon näher rangehen.~
~Was?~, fragte er ertappt und wandte sich zu einer jungen Frau um, die ihn herausfordernd anstarrte.

Er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, denn noch immer war es für ihn ungewohnt, Frauen auf einem Schiff zu sehen. Auf der Shadowhunter waren diese nämlich verboten und brachten Unglück. Hier hingegen war es Gang umd Gebe und niemanden schien es zu interessieren.

Izzy hätte es hier wohl ziemlich gefallen ... wenn die Piraten nicht wären, dachte er sich und Wehmut erfüllte sein Herz. Zu gerne würde er jetzt seine Familie sehen, auch wenn es nur für einen Augenblick wäre.

~Versuch es gar nicht erst zu leugnen. Ein Blinder würde sehen, wie du Magnus quasi vor aller Augen die Kleider vom Leib reißt.~, stellte sie trocken fest, aber mit einem schelmischen Funkeln in den Augen.

Alec war sich sehr sicher, dass er rot wurde und versuchte es zu überspielen, indem er sich betont lässig gegen die Reling lehnte.

Das war aber ein Fehler, denn sofort zog sich seine Rückenmuskulatur zusammen und ihm entkam ein gequältes Stöhnen, was er mehr schlecht als recht zu kaschieren versuchte.

Die Frau zog eine Augenbraue nach oben und merkte an~Du musst übrigens nicht zwingend auf dem Boden schlafen, die Seidenbettwäsche tut es auch.~
~Woher ...~
~...ich das weiß? Du würdest nicht so herumlaufen, wenn du nicht unter Höllenqualen leiden würdest~, antwortete sie grinsend,~Oder warte kurz ... Sag bloß, Magnus hat dich nicht in sein Bett gelassen?~

Alec verdrehte genervt die Augen. Das konnte doch nicht wirklich passieren, oder?

Zu seiner eigenen Beschämung spürte er, wie sich seine Wangen erhitzten.
~Warum sollte er mich denn nicht in sein Bett lassen?~
~Keine Ahnung. Du solltest eigentlich genau seinem Typ entsprechen. Sag du es mir.~

~Wie, seinem Typ?~
~Du stellst wohl gerne viele Fragen, nicht?~
~Eigentlich nicht, aber es ist ja nicht so, als ob mir bei dir eine andere Wahl bleiben würde ...~

Sie grinste erneut diabolisch auf, bevor sie ihm damenhaft die Hand entgegenstreckte.

~Nenn mich Lily.~
~Alec.~, stellte er sich grinsend vor und aus einer Eingebung heraus, ergriff er ihre Hand und küsste gentelmanlike ihren Handrücken.

Magnus' forschender Blick entging im dabei, ebenso wie seine vor Eifersucht verkniffene Miene.

~Anscheinend besitzen sogar die Schattenjäger eine Art Humor.~
~Vielleicht war das aber auch ernst gemeint.~, hielt er dagegen und war froh, endlich den passenden Ton für diese Unterhaltung gefunden zu haben.

Er durfte alles einfach nicht so ernst nehmen, das schien das ganze Geheimnis zu sein.

Sie sahen sich kurz, aber intensiv in die Augen, bevor sie beide den Kopf schüttelten~Nein.~

~Komm, ich zeig dir, wie du hier nicht zum Gespött wirst, auch wenn du das wahrscheinlich ohnehin schon bist.~
~Wieso?~
~Du bist nicht gerade der s
Schnellste in dem, was du tust~, antwortete sie kurz angebunden, bevor sie hinzufügte,~Und jetzt komm.~

Damit packte sie einfach ungefragt seine Hand und zog ihn hinter sich her.

Den restlichen Tag verbrachte er mit Lily, die ihn einmal um das ganze Deck herumführte und ihm alles zeigte, was es sehenswert war.
Alec war so beschäftigt damit, sich alles einzuprägen, dass er Magnus darüber ganz vergaß.

Doch das alles änderte sich schlagartig, als er am späten Abend vor der Tür ihres gemeinsamen Zimmers stand.

Er hatte sich extra viel Zeit beim Abendessen gelassen, denn ihm bereitete es Unbehagen, mit Magnus alleine zu sein. Denn dann war er ständig nervös, sein Herz schlug wie wild und nur zu oft wusste er nicht recht, was er sagen sollte.

Er konnte Magnus einfach nicht einschätzen. Dazu kannte er ihn zu wenig. Alec kannte ihn eigentlich so gut wie gar nicht, wenn er so darüber nachdachte und irgendwie machte ihn diese Tatsache traurig.

Möglicherweise könnte er die nächsten Tage dazu nutzen, um ihn besser kennen zu lernen, denn irgendwie übte dieser Mann eine seltsame Faszination auf ihn aus.

Er nahm also all seinen Mut zusammen und stieß die Tür auf.
Magnus saß entspannt im Bett und las, aber als er Alec bemerkte, steckte er schnell das Buch weg und lächelte ihn kokett an, auch wenn es nicht ganz ehrlich wirkte.

~Was hast du denn noch so lange getrieben?~
~Ach dies und jenes.~, wich Alec aus, während er die Tür hinter sich zuzog und zum Bett ging.

Er gähnte herzhaft und streckte sich intuitiv. Ein Fehler, denn seine Rückenschmerzen waren nicht abgeklungen und so zogen sich jegliche Muskeln unangenehm zusammen, sodass er unterdrückt aufkeuchte.

Er würdigte Magnus keines Blickes. Zu groß war die Befürchtung, dann rot zu werden und diese Blöße wollte er sich nicht geben.
Also machte er sich stadessen daran, sich möglichst vorsichtig sein Hemd auszuziehen. Gar nicht so einfach, wenn jeder Rückenmuskel vor Verspannung schrie.

~Ach komm schon her! dieses Trauerspiel kann man doch nicht länger mitansehen!~, stöhnte Magnus genervt und stand plötzlich ganz nah vor ihm.
~W-was?~, fragte Alec zittrig und nervös.

Sein Herz raste und das Kribbeln in seinen Gliedern nahm unmenschliche Ausmaße an. Magnus stand so nah vor ihm, dass er dessen Atem auf seiner Haut spüren konnte. Sofort bekam er eine Gänsehaut und er betete, dass er jetzt nicht kollabierte vor Aufregung.

~Du hast mich schon verstanden~, meinte er mit tiefer Stimme, die einen heißen Schauer über Alecs Rücken jagte,~Zieh dich aus, damit ich dir die Schmerzen nehmen kann. Freu dich schon einmal auf die beste Massage deines Lebens.~

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Where stories live. Discover now