Kapitel 24 - Frust

356 47 6
                                    

Alec hatte ein Dejavue Gefühl, als er mit einem Essenstablett vor der Holztür stand, die zu den Zellen führte.
Der einzige Unterschied war, dass nun Jace in einer dieser Zellen saß und nicht Magnus, aber er konnte nicht sagen, welche dieser beiden Varianten er mehr verabscheute.

Dennoch freute er sich, ihn wiederzusehen, weshalb er nochmals tief durchatmete und dann die Tür aufstieß.

Hier gab es nur zwei Zellen und als Jace ihn bemerkte, eilte er zum Gitter der letzten Zelle und umfasste die Stäbe mit seinen Händen. Seine blonden Haare hingen ihm strähnig ins Gesicht und er hatte etwas abgenommen, während die dunklen, beinahe schwarzen, Ringe unter seinen Augen zugenommen hatten, doch alles in allem sah er nicht so schlimm aus, wie Alec befürchtet hatte.

~Hey.~
~Alec! Geht es dir gut?~, fragte er besorgt, während ihm Alec das Tablett durch die Lücke unter den Gitterstäben hindurchschob.

~Sollte ich das nicht eigentlich dich fragen? Immerhin sitzt du hinter Gittern.~
~Aber ich bin nicht gezwungen, meine Zeit mit diesen Piraten zu verbringen.~
~Schattenweltler.~, korrigierte er Jace nahezu automatisch.

Er dachte sich nichts dabei -na gut, er dachte insgeheim noch immer an Magnus-, aber als er Jace' verwirrte Miene sah, wurde er selbst etwas stutzig.

~Schattenweltler?~
~Schöneres Wort als Pirat~, erklärte er,~Außerdem sind nicht alle so schlecht. Manche sind ... ganz nett.~

Erst dachte er dabei an Lily, die er mit ihrer schonungslos offenen und auch oft verletzenden Art irgendwie ins Herz geschlossen hatte, bevor seine Gedanken wieder in mittlerweile bekannte Gewässer abdrifteten: Zu Magnus.
Als er an ihre unzähligen, aber stets elektrisierenden Küsse dachte, färbten sich seine Wangen schlagartig rot, aber das war nicht das Einzige, was er mit ihm verband.

Jace fiel der Rotton seines Gesichts natürlich sofort auf, denn er verzog leicht angewidert das Gesicht.

~Bitte sag nicht, du hattest etwas mit einer von denen.~
~Nicht direkt~, antwortete er, verwirrt von seinem angeekelten Tonfall,~Es war jedenfalls keine sie.~

Jace' Augen weiteten sich überrascht.
~Ok, das ist neu~, meinte er mit einem undefinierbaren Blick,~Hast du schon einen Fluchtplan?~

~Fluchtplan? Warum?~
~Weil wir hier gefangen sind.~
~Nein, aber wo willst du denn hin? Zurück zu den Schattenjägern? Das kann ich nicht, nicht nach alle dem, was ich jetzt weiß.~

Und weil ich Magnus nicht verlassen will, fügte er gedanklich hinzu, denn irgendwie brachte er es nicht über sich, Jace von ihm zu erzählen, auch wenn er ihm noch vor ein paar Tagen bedenkenlos sein Leben anvertraut hätte. Jetzt war er jedoch seltsam gehemmt.
Irgendetwas hatte sich zwischen ihnen verändert.

~Wie, du kannst nicht? Du hast Familie, Alec! Willst du deine Schwester etwa nie wieder sehen? Ich kann das nicht, ich werde Vater verdammt! Und Clary muss unser Kind jetzt wohl alleine großziehen, weil ich sterben werde!~
~Jace ...~
~Es ist nur eine Frage der Zeit~, unterbrach er ihn,~Bei dir bin ich mir nicht sicher, immerhin hast du dich einem von ihnen an den Hals geworfen.~

Alec wich verletzt zurück. Er wollte Jace doch helfen, irgendwie, warum also sagte er so etwas? Er war doch sonst nicht so wütend und hoffnungslos.

~Du verstehst das nicht. Natürlich will ich Izzy wiedersehen, aber hier geht es wortwörtlich um den Fortbestand unserer Welt.~, meinte er und dachte dabei an das, was ihm Magnus gestern anvertraut hatte. Wenn Kali heraufbeschwört wurde, stand das Ende der ihnen bekannten Welt unmittelbar bevor.
Aber wie konnte er das Jace erklären, der gerade alles andere als vernünftig dachte und fühlte?

~Das ist doch auch der Grund, warum wir nach Edom-Island segeln.~

Jace jedoch schüttelte nur resigniert den Kopf, als hätte er etwas ganz anderes von ihm erwartet.

~Du hast recht, ich verstehe dich wirklich nicht mehr. Ich dachte, du bist hier, weil du einen Plan hast, wie wir von hier wegkommen. Stadessen bist du hier, um mir von deinen tollen Piratenfreunden und deinem Liebhaber zu erzählen~, meinte Jace säuerlich,~Das kann ich mir auch sparen.~

~Jace ...~
~Geh einfach, Alec.~
~Wenn es das ist, was du willst.~, sagte Alec leise und kraftlos, bevor er förmlich aus dem Raum flüchtete.

Er fühlte sich so furchtbar leer und ausgelaugt. Er spürte einen unangenehmen Druck auf der Brust, der ihm das Atmen schwer machte und in seinem tiefsten Inneren wusste er, dass er gerade seinen besten Freund verloren hatte.

Er verschanzte sich im Lagerraum. Offiziell, um die Vorräte zu zählen und zu dokumentieren. Inoffiziell, weil er alleine sein wollte und selten jemand auf die Idee kam, am hellichten Tage freiwillig in diese muffige Dunkelheit zu verschwinden.

Er versuchte sich abzulenken, den erdrückenden Balast auf seinen Schultern loszuwerden, doch es funktionierte nicht. Im Gegenteil, er wurde immer frustrierter und wütender.
Wie konnte Jace nur? Sie waren doch Freunde!

Er war kurz vorm Explodieren und als sich erneut zwei warme Hände über seine Augen legten, war es soweit.

Er wirbelte herum und stieß Magnus leicht, aber bestimmt von sich.

~Lass das! Ich bin gerade nicht für dumme Scherze zu haben!~

Magnus sah ihn etwas überrascht, aber vor allem verletzt an.
~Was ist denn los?~, fragte er besorgt und legte eine Hand auf seine Schulter.

Doch anstatt sich in die Berührung zu lehnen, zuckte er erschrocken zurück, als wäre seine Hand glühend heiß.

~Nicht so wichtig.~
~Das sieht aber nicht nach nicht so wichtig aus.~
~Ich will nicht darüber reden! Schon gar nicht mit dir!~, sagte er barsch, woraufhin Magnus kaum merklich zusammenzuckte.

Er straffte die Schultern und strich sein Hemd glatt, obwohl es bereits faltenfrei war, bevor er den Kopf wieder hob.

Alec musste noch nicht einmal genau hinsehen, um festzustellen, dass er sich gerade in diesem Moment wieder hinter seine Mauern zurückgezogen hatte.
Sein Gesicht wirkte glatt und emotionslos, während seine Augen so hart wie Stahl schienen. Kein Funken Unsicherheit -die sonst sein ständiger Begleiter zu sein schien- war länger in seinen Augen und auch von Sanftheit und Zuneigung war keine Spur mehr zu sehen.

~Wenn das so ist~, meinte er nur schnippisch,~Wir sehen uns später.~
Dann drehte er sich um und ging wieder Richtung Tür.

Alec tat es sofort leid, denn eigentlich konnte Magnus nichts für seinen plötzlichen Frust. Er hatte nur den Fehler gemacht, zur falschen Zeit, am falschen Ort zu sein und ihn dann auf dem falschen Fuß zu erwischen.

Gerade, als er seine Hand auf die Türklinke legte, rief er~Es tut mir leid!~
Und Magnus blieb reglos stehen.

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum