Kapitrl 73 - Unter Himmelslichtern

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Die steinerne Wüste, wie Alec die flachen Hügel mittlerweile nannte, schien kein Ende nehmen zu wollen. Immer neue zersplitterte Glasdünen und Schotterberge türmten sich vor ihm auf und wechselten sich mit weiten, durchlöcherten Ebenen ab, die beinahe noch trostloser wirkten.

Dennoch, je weiter er ging, desto angespannter wurde er. Desto mehr hatte er das Gefühl, seinem Ziel näher zu kommen. Das beunruhigte ihn, brachte aber auch eine gewisse Erleichterung.

So lange hatte er gesucht, so lange gelitten, so gekämpft und jetzt schien das Ziel zum Greifen nah.
Es fehlten nur noch die letzten Schritte, das spürte er. Genau wie das Adrenalin, welches beständig durch seine Adern gepumpt wurde und so die Müdigkeit und die Erschöpfung tilgte, die seine Glieder plagten.

Den endgültigen Beweis zum Näherkommen des Ziels lieferten Himmelslichter.

Zuerst glaubte Alec, sein Verstand spielte ihm Streiche, doch nachdem er sich zweimal in den Arm gekniffen hatte, musste er feststellen, dass es echt war.

Am grauen, bewölkten Himmel leuchteten tatsächlich Lichtstrahlen. Lichtstrahlen in grün, violett, rot und schwarz -auch wenn man Schwarz nicht unbedingt als Farbe bezeichnen konnte.
Diese Lichtstrahlen zeichneten ein Muster aufs Himmelszelt, auch wenn dieses nicht vollständig war. Dennoch konnte man das zukünftige Pentagramm gut erkennen, obwohl noch eine Zacke des Sterns fehlte.

Alec schluckte, als der Kompass in seiner Hand begann zu pulsieren. Die blauen Saphire leuchteten hell wie die Sonne.

Alec beschleunigte seine Schritte, legte aber auch sehr viel Wert darauf, sich möglichst lautlos fortzubewegen. Er wollte nicht frühzeitig gehört werden. Nicht, wenn er sich erstmal eine Übersicht über die Lage verschaffen musste.

Die steinerne Wüste fiel immer weiter ab, bis er einen riesigen Krater erkennen konnte. Viel größer als all die anderen, die er auf seiner Wanderung bisher gesehen hatte und definitiv auch furchteinflößender. Der Krater erinnerte an ein zackiges Bullauge, wie er es von der Warlock oder den anderen Schiffen, auf denen er gearbeitet hatte, kannte und die Lichter schienen genau aus eben jenem zu kommen, wie bei einem Scheinwerfer.

Alec schlich bis an den Rand des Kraters, verbarg sich aber sogleich hinter einem größeren Gesteinsbrocken, um nicht entdeckt zu werden.

Der Krater war erstaunlich flach. Er könnte ihn bequem runtergehen, wenn in dessen Mitte nicht Sebastian Morgenstern mit seinem Gefolge wäre.
Oder warte, ein Mann mittleren Alters sah eher aus wie die erwachsenere Kopie von Sebastian, weshalb er schlussfolgerte, dass es sich hierbei um Valentin, den Heerführer Idris' und Vater des jungen Morgensterns handelte.

Mit dem Vater-Sohn-Gespann waren noch drei Wachen vor Ort, von denen einer etwas in der Hand hielt, während die anderen zwei eine zusammengesunkene Gestalt in ihrer Mitte hüteten.

Magnus, schoss es Alec durch den Kopf und schneller, als er denken konnte, hatte er den Kompass weggesteckt, bereits wieder einen Pfeil angelegt, sich leicht aus seiner Deckung hervorgewagt und nun auf eine der Wachen gezielt.

Seine Hand zitterte leicht, denn sowohl Wut, als auch Erleichterung durchströmten ihn bei Magnus' Anblick. Er war froh, dass er noch lebte, wusste aber, dass das nicht mehr lange so bleiben würde.

Kurz überlegte er, ob das, was er vorhatte, eine gute Idee war.

War es nicht, aber sein Verstand hatte ausgesetzt und gerade war nur sein Herz am Werk. Sein Herz, welches sich gerade wieder zusammensetzte, nachdem es so lange zerschmettert hinter seinen Mauern verrottet war.

Er hatte also gar keine Wahl, als er losließ und sich sein Pfeil zielsicher in den Hals des einen Soldaten bohrte. Dieser erstarrte kurz, bevor er wie eine Marionette in sich zusammenfiel, deren Fäden man durchtrennt hatte.

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon