Kapitel 57

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Ich wusste nicht so recht wie ich anfangen sollte. Schließlich hatte ich die ganze Situation selbst noch nicht wirklich verarbeitet. Bis jetzt habe ich mich immer stark in meinem Leben gefühlt, aber jetzt kam ich mir so winzig vor. Uns stand eine wichtige Aufgabe bevor. Wir waren verantwortlich für das überleben hunderter Menschen. Wir acht, kaum erwachsen, eigentlich noch viel zu jung und unerfahren für hunderte Leben. Waren wir der Aufgabe überhaupt gewachsen?

„Es gibt Überlebende. Oberbefehlshaber Waru erhielt einen Brief von dem Oberbefehlshaber Santus des südlichen Königreiches. Es ist aber nicht klar, ob sie überleben werden.", sagte ich schließlich, während die anderen mich immer noch gespannt ansahen.

„Aber das ist doch eine gute Neuigkeit, oder nicht?", sagte Ron und legte endlich diese dämliche Axt weg, mit der er sich spätestens in fünf Minuten selbst umgebracht hätte.

„Das heißt es gibt noch Hoffnung!", als Luna das sagte veränderten sich ihre Augen. Ihre fast schon kindlichen Augen nahmen einen starken Ausdruck an, der einem symbolisierte, dass sie nicht so einfach aufgeben würde.

„Ja und diese Hoffnung liegt nun in unseren Händen. Waru schickt uns in die Berge, wo die geheimen Tunnel liegen. Dort werden die Menschen ankommen, wenn sie es rechtzeitig dadurch schaffen, bevor die schwarze Armee sie findet. Und es wird unsere Aufgabe sein, sie abzufangen und zu beschützen. Wir müssen die Tunnel rechtzeitig verschließen. So verschaffen wir uns nicht nur mehr Zeit, um uns neu zu organisieren sondern retten auch das Leben hunderter unschuldiger Menschen.", erklärte ich.

Portus ganz der Anführer zögerte keine Sekunde und fragte „Alles klar, wie lautet der Plan?". Die anderen schienen ebenfalls entschlossen und bereit zu sein und nahmen ihre Waffen in die Hand, um mir zu demonstrieren das ich nicht mehr sagen musste und sie mir folgen würden.

Ich grinste und nickte anerkennend. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns und wenig Zeit. Sucht eure Waffen zusammen und macht euch bereit. Wir treffen Luke und Mad bei den Pferden, alles weitere besprechen wir dort. Beeilt euch!". Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Sofort machten sich alle auf den Weg und packten alles Wichtige zusammen. Ganz die Krieger, dachte ich.

„Welche Waffe wirst du nehmen, Bella?", fragte Baltazar mich. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er von der Seite auf mich zu gekommen war und mich nun fragend ansah. „Schließlich kannst du nicht nur mit deinem Messerpaar, welches du immer bei dir trägst in den Krieg ziehen", er schmunzelte leicht.

Ich lachte und betrachtete das Messerpaar. Sie steckten in meinem Gürtel, immer bereit dazu sie sofort zu benutzen, falls es brenzlich werden würde. Aber er hatte recht, für einen Krieg brauchte man wohl ein wenig mehr als zwei kleine Klingen. Sie konnten zwar viel Schaden anrichten, was mir mein Vater oft genug demonstriert hatte, bis er sie mir schließlich zu meinem sechszehnten Geburtstag überreicht. „Auch wenn sie klein und harmlos erscheinen, denke immer dran, dass sie den Unterschied machen können ob du leben oder sterben wirst.", sagte er und lies sie in meine Hände fallen. Seit diesem Tag trug ich sie bei mir und bis jetzt hatten sie sich schon ein paar Mal als sehr nützliche Begleiter herausgestellt.

„Wie wäre es mit diesem hier?", Baltazar hielt ein schmales, langes Schwert vor meinen Körper. Rosen schlängelten sich als Verzierung um dessen Griff aber ließen es dabei nicht kindlich oder harmlos erscheinen. Ganz im Gegenteil, es verlieh ihm irgendwie eine Gewisse stärke. Wie eine Schlinge, die sich um die Kehle eines Angreifers schlängelte, um ihn damit zu erwürgen.

Ich nahm Baltazar das Schwert aus der Hand und wog es hin und her. „Ich dachte mir, dass es zu dir passen würde. In den Übungen war deine beste Waffe das Schwert und der Bogen und als ich das Schwert sah wusste ich, dass es zu dir gehört. Es ist leichter als die anderen Schwerter und somit besser für dich. Aber denke nicht, dass es dadurch weniger gefährlich ist.", er zwinkerte mir zu.

„Danke", antworte ich und schwang es zur Demonstration durch den Raum, es stoppte kurz vor seinem Kopf und eine seiner Haarsträhnen, die ihm vors Auge gefallen war flog zurück an seinen eigentlichen Platz.

„Siehst du! Was habe ich gesagt.", er guckte gespielt geschockt und drückte die Spitze vorsichtig beiseite, als hätte er Angst ich würde ihm im nächsten Moment den Kopf abschlagen.

„Angst?" fragte ich ihn neckisch.

„Niemals!", sagte er und lachte. „Gut.", sagte ich ernst und er drückte mir kurz die Schulter, wandte sich dann aber wieder seiner Aufgabe zu, so als sei ihm plötzlich eingefallen, was er eigentlich zu tun hatte.

„Bella hast du schon eine Rüstung?", fragte mich Luna die gerade an mir vorbei ging, um Ron seinen Brustpanzer zu reichen. „Nein noch nicht...", setze ich gerade an, als der Zeltvorhang hinter mir aufging und eine bekannte Person ins Zelt kam. „Was sie eigentlich sagen wollte war, dass sie bis jetzt noch keine hatte, aber der liebe alte Markus sich darum schon längst gekümmert hat.", ich drehte mich um und blickte in sein immer freundliches Gesicht.

„Na dann haben wir wohl wenigstens ein Problem weniger.", sagte Luna und zeigte auf Ron, der hilflos versuchte irgendwelche Schnüre an seinem Oberarm zu öffnen und schenkte nun ihm ihre Aufmerksamkeit.

„Woher hast du schon wieder geahnt, dass ich eine Rüstung brauche?", fragte ich Markus und zog eine Augenbraue hoch.

„Naja, erstens ich habe dich von deinem zuhause abgeholt und habe gesehen, dass du keine Rüstung auf deinem Rücken festgeschnallt hattest. Zweitens war es nur eine frage der Zeit, wann du in den Krieg ziehen würdest. Drittens ich bin einfach ein super cleverer Mensch."

„Also erstens ich würde nicht gerade davon sprechen, dass ihr mich von zuhause abgeholt habt, sondern eher, dass ihr mich gegen meinen Willen von meinem Zuhause weggebracht habt", konterte ich. „Und zweitens bin ich echt froh so einen cleveren Freund zu haben wie dich.", fügte ich noch hinzu und zwinkerte im zu.

Wir hatten nicht mehr geredet seitdem ich ihm die Sache am See erzählt hatte und er mir diese verrückte Prophezeiung gezeigt hatte. Ich hatte ihn für verrückt erklärt und bin ihm daher aus dem Weg gegangen. Jetzt tat es mir leid. Er hatte mich von Anfang an immer gut behandelt und wollte mir immer nur helfen und ich hatte ihn einfach weggestoßen, weil ich meine Augen lieber verschlossen hielt, anstatt sie zu öffnen und die Wahrheit zu erkenne. Was würde er wohl sagen, wenn ich ihm von meinem skurrilen Traum erzählen würde?

„Komm mit.", sagte er und hielt mir den Zeltvorhang offen, damit ich hinaustreten konnte.

Die Geschichte einer Kriegerin- Band 1 حيث تعيش القصص. اكتشف الآن