{46}

163 13 3
                                    

Sicht Lucy

Einige Stunden später ertönte seine Stimme aus einem Lautsprecher, jedoch klang er nun weniger ruhig ,,Du hattest Recht. Sie suchen nach dir. Wir werden aus diesem Grund unseren Standort wechseln. Du wirst dich einer erneuten Leibesvisitation unterziehen." Meinte er gehetzt und schon kehrte das Licht und die Ruhe ein, bis die Tür wenige Minuten später geöffnet wurde, während nochmals der Raum abgedunkelt wurde. Ich konnte rein gar nichts sehen, sodass ich krampfhaft versuchte die Bewegungen um mich herum wahrzunehmen, was nur begrenzt möglich war, da aus dem Flur hinter der Tür lautes Geschrei ertönte, und schon spürte ich wie die Gurte um meinen Hals, meinen Oberkörper sowie den um meine Füße gelöst wurden. Anschließend wurde ich unsanft vom Tisch auf meine Beine gezogen und bevor ich weglaufen konnte wurde mir etwas an den Hals gedrückt. ,,Mach keine Dummheiten und dir passiert nichts." Knurrte mir Luan ins Ohr, ehe wir langsam vorwärts gingen und er die Tür behutsam einen Spalt weit öffnete.

Sanft schuppste er mich auf den Flur, aber entgegen meiner Erwartung gingen wir nicht den Weg zum Haupteingang, sondern in die entgegengesetzte Richtung. ,,Wo gehen wir hin?" Fragte ich vorsichtig, da er mir nun unberechenbar erschien, und machte keine weiteren Anstalten flüchten zu wollen, damit er mir seine Pläne verriet. ,,Das wirst du schon sehen und jetzt kein Wort mehr!" Befahl er streng und ich leistete dieser Forderung folge, bis ich die Stimme meines Kollegen vernahm. ,,Luisa? Bist du da? Sag was!" Schrie Becker aus dem Obergeschoss und ich sah die Möglichkeit meine Haut zu retten. ,,Ich bin hie..." Luan presste mir unsanft die Hand auf den Mund und ehe ich weiter nachdenken konnte spürte ich einen Stich in meinem Hals und schlagartig fühlte sich mein Körper erneut taub an. Eine Spritze. Schon wieder. Würde ich durch sie nun sterben? Meinen Tod hatte ich mir denn noch immer anders vorgestellt. Ich atmete flach, aber ruhig, und ich gab mir die größte Mühe mich zu entspannen, um das Gift an einer schnellen Verteilung zu hindern. Es gab einen weiteren Stich, woraufhin mir kaum eine Minute später schwarz vor Augen wurde, zuvor jedoch sah ich ihn ,,Becker..." Hauchte ich und schon wurde es dunkel.

***

Leicht benommen erwachte ich in einem stockfinsteren Raum, zumindest hoffte ich dies, denn schließlich könnte ich auch blind geworden sein, und bei jedem Versuch mich aufzurichten wurde ich, vermutlich von weiteren Gurten, davon abgehalten.  Wieder lag ich auf einem Tisch und wieder musste ich lange warten, bevor etwas passierte. Gefühlte Stunden später erhellte sich endlich der Raum durch ein neongelbes Licht, was meine Augen schmerzen ließ, und eine Tür wurde geöffnet. Es fühlte sich an, als wäre ich in einer Dauerschleife gefangen. Erst als die Person, die ich so sehr hasste, neben mir stand, realisierte ich meine erneute Nacktheit, welche nur von den Gurten um mich stellenweise bedeckt wurden. ,,Den GPS-Tracker haben wir entfernt, aber der hat sowie so nicht mehr funktioniert. Du hast mich enttäuscht, Lucy, obwohl ich immer gut zu dir war, hast du nach diesem Bullenschwein geschrien. Dein Training beginnt in drei Stunden." Luans Stimme war ebenso emotionslos, wie sein Blick, und dies sorgte bei mir für Gänsehaut. ,,Was für ein Training?" Fragte ich rau und hoffte, dass ich etwas hilfreiches aus ihm herauskitzeln konnte. 

,,Dein Training mich zu lieben und zu respektieren." Er signalisierte mir, dass er mir keine näheren Auskünfte geben würde, weshalb ich nichts mehr sagte und meinen Blick von ihm abwandte. Seine Finger streiften sanft von meinen Füßen hoch zu meinem Gesicht und anschließend zu den Gurtschnallen. ,,Ich hatte gehofft dir das zu ersparen zu können, aber erstens lässt du mir keine andere Wahl und zweitens muss ich mich dem Willen meiner Leute gelegentlich beugen. Du darfst dir jetzt noch ein bisschen die Füße vertreten. Das Licht lasse ich an, damit du dich nicht verletzt." Er löste die Gurte und verließ danach zügig den Raum, ehe ich mich aufstehen und ihn angreifen konnte. Meine Gedanken kreisten, wie Geier über einen Kadaver. Was wollte er mir ersparen? Ich bekam Angst vor dem was mir bevorstand. Auf was hatte ich mich da nur eingelassen? Warum konnte Becker nicht früher kommen und Luan überraschen? Dann hätten wir ihn festgenommen und niemand müsste mehr sterben, aber anscheinend konnte ich mich auf niemanden verlassen. Ich musste mich allein aus der Scheiße ziehen und für Gerechtigkeit sorgen, egal was ich dafür tun musste.

Sicht Luan

Sie lief durch das Zimmer, wie ein wildes Tier im Zoo. Rastlos. Verängstigt. Hilflos. Ich konnte durch die Kameras jeden ihrer Schritte beobachten, während meine Mitarbeiter Malik und Lisa sich für Lucys Trainingssession vorbereiteten. Iki schwirrte um meine Beine rum, wollte jedoch nicht gestreichelt werden. Als Malik mit Lisa das Zimmer betraten spürte ich einen Stich im Herzen, denn ich wusste, was nun passieren würde und ich wollte nicht, dass ihr Gewalt zugefügt wird, aber anders würde es nicht funktionieren. Hätte ich gewusst, dass sie eine Ermittlerin war, hätte ich sie auf eine andere Art und Weise kennlernen wollen. Es war schon schwierig gewesen zu erklären, warum ein Mädchen, welches bei ihren Eltern wohnte die vollen 50 Aufgaben erledigen sollte, aber so hätte ich genug Zeit mit ihr gehabt. Ich konnte kaum mit ansehen, wie Lisa immer wieder Lucy ins Gesicht schlug und Malik ihr grauenhafte Beschimpfungen an den Kopf warf. Es tat weh sie so leiden zu sehen. Wir werden sie darauf Konditionieren mich zu lieben. Lernen durch Verstärkung. Diese Methode ist zu fast 100 Prozent Erfolgsgarantierend. 

Jedes Mal, wenn sie mich an sich ran lässt wird sie durch positive Verstärker belohnt, indem sie kleine Freiheiten für eine gewisse Zeit erhält und so wird die Auftretenswahrscheinlichkeit jenes Verhaltens erhöht. Verweigert sie sich jedoch, so werden ihr durch negative Verstärker wie körperliche sowie seelische Schmerzen beigebracht diese Verhaltensweisen verlernt wird. Es wird eine Weile dauern, aber ich war mir sicher, dass es funktionieren würde. Die menschliche Psyche ist ein wahres Wunderwerk, welches durch simple Tricks einfach manipuliert werden konnte und kein Mensch konnte sich dagegen wehren. Lucy hatte keine Chance dieser Manipulation zu entkommen und zu widerstehen. Bisher hatte es bei jedem Menschen gewirkt. Sie wird mich lieben. Sie wird alles tun, was ich von ihr verlangen werde. Ihre Schmerzensschreie hallte bis zu mir herüber, sodass ich beschloss das erste Training nach 3 Stunden zu beenden. Malik und Lisa verließen den Raum, damit ich mich in Ruhe um Lucys Wunden kümmern konnte. Sie saß apathisch auf dem Tisch und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als ich mit einem kühlen Lappen die Platzwunden säuberte. ,,Lass dich darauf ein" Meinte ich sanft und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

Todesspiel ||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt