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Sicht Lucy

Schon seit Stunden versuchte ich das übernacht getrocknete Blut von meiner Wand abzuschruppen, allerdings schaffte ich es nur das ganze etwas abzuschwächen und denn noch gab ich nicht auf. Scoday hätte mich theoretisch haben können, aber warum hat er sich nicht darauf eingelassen? Vielleicht war er doch in einigen Dingen kein übler Mensch und dafür sprach sein gestriges Verhalten. Er war sichtlich erregt gewesen und musste sich sehr zusammenreißen. Meine Berührungen ließen seinen Körper erbeben. Warum hat er mich auf die Stirn und nicht auf den Mund geküsst? Ich wurde aus ihm einfach nicht schlau und das könnte mir zum Verhängnis werden. Auf der einen Seite war er ein kranken Psychopath, aber auf der anderen Seite war er eine fast schon fürsorgliche normale Person. Ratlos öffnete ich wieder meine Vorhänge, um zu lüften und um zu schauen, wo er sich versteckt beziehungsweise postiert haben könnte.

Erkennen konnte ich leider noch immer nichts, was mich zum einen frustierte als auch mich sehr verwunderte, denn er musste ein Fernrohr oder ähnliches besitzen. So etwas würde man allerdings erkennen können, wenn es denn am Fenster stünde. Nachdenklich schruppte ich weiter an meiner Wand wie eine Bekloppte und schüttete Eimer für Eimer in die Toilette. Iki schlief -wie immer- auf meinem Bett, während ich zufrieden meine Putz-Arbeit betrachtete. Zwar konnte man noch ein wenig davon erkennen, doch dieses Problem ließ sich leicht mit ein bisschen Farbe beheben. Im Keller müssten noch Reste von den Streich-Arbeiten stehen, weshalb ich mir meinen Schlüssel schnappte und begab mich auf die Suche danach. Es war kühl im gesamten Kellergeschoss, was mich erschaudern ließ, und tatsächlich stand nach ein Eimer weißer Farbe in der hintersten Ecke. Oben angekommen klatschte ich die Farbe an die Wand und schnappte mir meinen Laptop, während diese trocknete.

>>Lucy. Deine heutige Aufgabe: Treffe dich mit Lisa. Scoday<<

Wow. Der ist ja heute kurz angebunden und woher wusste er ihren Namen? Hat er ihn schon vorher gewusst und ich erinnere mich nicht daran? Komisch. Ohne lange zu zögern schrieb ich Lisa an und verabredete mich mit ihr beim Take'n Eat um 19 Uhr. So hatte ich noch genug Zeit zum Duschen -auch wenn ich gestern Abend bereits geduscht hatte-, zur Bank zu gehen und letztendlich zum Restaurant raus zu fahren. Frisch geduscht trat ich 20 Minuten später aus dem Badezimmer und lief zurück in mein Zimmer, wo mein Kleiderschrank stand. Betont langsam -weil ich mir sicher war, dass er mich gerade beobachtete- ließ ich mein Handtuch zu Boden fallen und nahm anschließend meine Sachen, welche ich direkt vor dem Fenster anzog, heraus. Da es heute etwas wärmer war, zog ich ein langärmliges schwarzes Kleid, was mir bis knapp über dem Knie ging, mit ebenso schwarzen Stiefeln sowie einem schwarzen Mantel an.

***

Völlig außer Atem erreichte ich um 19 Uhr 20 das Take'n Eat und betrat dieses Restaurant. Lange musste ich mich nicht nach Lisa umsehen und freudig setzte ich mich zu ihr. „Hey!" Ich legte meine Arme liebevoll um sie und bemerkte den anderen Typen, der mit uns am Tisch saß. „Darf ich vorstellen?! Luan, das hier ist Lucy. Lucy, das hier ist Luan, mein Freund." Wir reichten uns die Hände und ich musterte ihn eingehend. Er war breit gebaut, wobei ich sagen muss, dass seine Figur Scoday ähnelte. Seine Augen waren tief braun, genauso braun waren seine kurzen Haare, die einem Undercut darstellen sollten und neben seinen kantigen Gesichtszügen, fiel besonders seine Narbe über dem rechten Auge, die bis zu seinem Kinn ging, auf. Scoday hatte eine ähnliche, wenn nicht die gleiche Narbe an dieser Stelle. Alles in allem konnte man meinen, dass Scoday und Luan ein und dieselbe Person waren, aber dies war bestimmt nicht nur ein dummer Zufall.

„Schön dich kennenzulernen, Lucy!" Er lächelte mir warm zu, wobei seine langgezogenen Grübchen zum Vorschein kamen, und reichte mir die Speisekarte. Hässlich war er nicht, dies musste ich mir leider eingestehen, als ich ihn noch weitere Minuten beobachtete. „Woher stammt die Narbe?" Dachte ich laut und verfluchte mich im selben Moment dafür. „Die habe ich schon seit dem ich klein bin. Anscheinend bin ich als Kind mal so übel hingefallen, dass es genäht werden musste und daher hab ich sie auch für immer." Wir hielten für einige Sekunden Blickkontakt, ehe Lisa mit ihrer Bestellung für die Kellerin uns dazu veranlasste auf die Karte zu schauen. Er bestellte sich ein alkoholfreies Bier und Kaviar-Pasta. Da ich keinen sonderlich großen Hunger hatte, bestellte ich mir einen kleinen gemischten Salat.

***

20 Minuten später kamen unsere Bestellungen und wir fingen an zu essen. Ich schielte immer wieder zu Luan, während er seelenruhig aß und nichts davon bemerkte, zumindest dachte ich das. „Magst du mal probieren, Lucy?" Ertappt blickte ich auf meinen Salat und brachte ein kaum hörbares „Nein, danke!" heraus. Obwohl ich die Frage verneint hatte, streckte er mir lächelnd seine Gabel mit ein wenig Pasta entgegen. Ich lächelte zurück und ließ ihn mir die Gabel in den Mund schieben. „Und? Gut?" Ich nickte und merkte wie die Röte in mein Gesicht schoss. Danach aßen wir stillschweigen weiter, bis jeder seinen Teller geleert hatte, und wieder war es Luan, der dieses Schweigen durchbrach.  ,,Ich muss mich für mein Verhalten letztens entschuldigen. Ich wollte dir nicht weh tun oder dich zu Tode erschrecken. Manchmal geht mein Temperament mit mir durch." Der Blickkontakt zwischen ihm und mir war so intensiv, sodass ich komplett alles um uns herum ausblendete. ,,Magst du mit eine Rauchen kommen? Lisa mag den Geruch nicht und so können wir uns ein bisschen privater reden?" Ich nickte und zusammen gingen wir vor die Tür, wo er mir eine Zigarette entgegen streckte, welche ich dankend annahm.

,,Also Lucy, erzähl mir was über dich!" Er zündete unsere Zigarette an und trat ein Stück näher an mich. ,,Über mich gibt es nicht viel zu wissen." Lachte ich und fuhr mir verlegen durch die Haare. Seine Stimme war zwar tief und rau, aber denn noch sehr angenehm zum Zuhören. ,,Das glaub ich dir nicht. Wie alt bist du? Hast du einen Freund? Gehst du noch zur Schule oder schon Arbeiten? Wohnst du noch bei deinen Eltern? Hast du Haustiere? Lieblingsfarbe? Siehst du? Es gibt einiges, was ich noch nicht über dich weiß." Wir lachten kurz und ich bemerkte, wie wohl ich mich bei ihm fühlte, was in Anbetracht, dass er Scoday sein könnte, äußerst unpassend wäre. ,,Ich beantworte nur ein paar deiner Fragen. Den Rest musst du selber herausfinden. ich bin 17 Jahre alt, habe eine Katze, namens Iki, und ich bin Single." Ich zog an der Zigarette und lächelte ihn verführerisch an. ,,Interessant. Wie soll ich den Rest herausfinden?" Er zog mich an sich heran und blickte mir tief in die Augen. Ich zuckte mit den Schultern und spürte wie sehr mein Körper durch seinen Duft sich zu ihm hingezogen fühlte.

Ich beugte mich ein Stück nach vorn und ehe sich unsere Lippen berührten, küsste er mich auf die Stirn. ,,Ich küsse erst bei dem ersten Date und nicht beim kennenlerntreffen." Er nahm mich sanft in den Arm und nun war ich mir zu 90 Prozent sicher, dass er Scoday war. Die Statur, die Narbe und die Art wie er mich auf die Stirn küsst. ,,Worüber denkst du nach?" Er holte mich aus meinen Gedanken und nahm mir die Zigarette aus der Hand, bevor ich mich an dem Stummel verbrannte. ,,An nichts bestimmtes. Du erinnerst mich nur an jemanden, der mich gestern überraschend besucht hat." Er wurde leichenblass als ich dies sagte und versuchte es zu überspielen. ,,Lass uns doch wieder reingehen, ja?" Ich lächelte und wollte etwas versuchen ,,Gerne, Scoday." Er sah schockiert weg, tat so als hätte er mich nicht gehört und zusammen kehrten wir an unseren Tisch zurück.

Todesspiel ||Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin