Jeremy #6

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Vielleicht hatte ich mich auch geirrt. Vielleicht hätte ich nicht so voreilig mit meiner Meinung über ihn sein sollen. Ich hatte mir gedacht, dass dieser Junge interessant sein könnte, so aufmüpfig wie er meinen Blick erwidert hatte. Aber jetzt ließ er sich widerstandslos zum Frühstück schleifen und stolperte hinter mir her. Wie langweilig. Wie willenlos. Erbärmlich. Ich biss meine Zähne zusammen und ließ sein T-Shirt los. Wahrscheinlich war er auch bloß einer dieser langweiligen Jungs, die nichts anderes als Popen, Zocken und Saufen im Kopf hatten. Ich war leicht enttäuscht. Wie schade... Diese gesamte Welt war eine einzige langweilige Enttäuschung. Und wenn man jemand interessantes traf, verließ er einen früher oder später wieder, so unvermittelt, wie er aufgetaucht war. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mich auf keine Menschen mehr einzulassen. Sie waren es nicht wert. Man wurde doch sowieso bloß verletzt und wie Scheiße behandelt. Außerdem wieso juckte er mich verdammt nochmal?? Er hatte mir zwischendieBeinegetreten!! Alle anderen hätte ich umgebracht. Also wieso machte ich bei ihm eine Ausnahme? Ich hatte keine Erklärung dafür, was mich bloß noch mehr ärgerte.

Wir kamen noch pünktlich zum Frühstück. Ich nahm mit eine Scheibe Brot, nachdem ich mich auf einen Stuhl hatte fallen lassen und strich Marmelade darauf. Ich hatte gut geschlafen, trotz dieses unfreudigen Erwachens. Ich bemerkte, dass er sich neben mich setzte. Hatte er keine eigenen Freunde? Konnte er mich nicht in Ruhe lassen? Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte ihn angeschrien, er solle sich verpissen. Wie ich Menschen hasste. Dieser ganze Abschaum. Alles so in ihrem kleinen, erbärmlichen Leben gefangen. Und alle dachten, sie hätten für jemand ein Bedeutung. Wären etwas Besonderes. Wie arrogant die Menschen doch waren, dass sie sich einbildeten, diese Welt gehöre ihnen. Und dieser Jérôme... Wie er mich aufregte, wenn ich ihn bloß ansah. Er war stur. Zu stur für meinen Geschmack. Vielleicht konnte mir das aber auch noch nützlich sein. Musste man sehen. Es gab auch so viele unnütze Personen auf diesem Planeten. Herr Schamm war aufgestanden und sah in die Runde bis alle schwiegen. "Heute machen wir einen Ausflug. Das wisst ihr bestimmt schon alle. Unser Ziel ist ein fantastischer Wasserfall. Wir brechen um 9:30 Uhr auf. Bis dahin seit ihr alle fertig. Treffpunkt vor dem Haus und wir brauchen trinken und Vesper, das ihr hier besorgen könnt." Er setzte sich und das normale Gemurmel von den uninteressanten Gesprächen der anderen legte sich wieder über den Raum. Ich sah auf meinen Teller. Ein Ausflug... Wald und Natur. Das Einzige, was ich brauchte, um zu entspannen, aber mit der Klasse? Und wahrscheinlich würde der Lehrer es sogar schaffen mir den Vollidioten ans Bein zu binden. "Bildet alle Zweierpaare, damit wir gut durch zählen können. Ach, Jérôme und Jeremy bitte zusammen!" Ich hasste es. Die meisten konnten ihre Umgebung in solchen Momenten sowieso nicht schätzen. Sie trampelten achtlos durch die Welt, am besten noch mit ihren Smartphones in der Hand und suchend nach Empfang. Ich aß schweigend auf. Nur weil er neben mir saß hieß es nicht, dass wir gleich uns unterhalten mussten. Es war nicht meine Aufgabe ihn zu babysitten und zu unterhalten. Ich stand auf und ging in das Zimmer. Ich brauchte kein Vesper. Sollten die anderen sich schön ihre Brote schmieren. Ich legte mich aufs Bett, verschränkte dir Arme im Nacken und starrte die Decke an. Ich schloss meine Augen und ließ meinen Gedanken treiben. Ihre Gesicht...meine Eltern...ein paar Szenen aus einem Film...ein paar Zitate...und... Ich riss meine Augen auf. Wieso hatte er sich verdammt nochmal in meinem Kopf eingenistet? In dem Moment ging die Türe auf und ich starrte ihn an wie einen Geist. "Ist alles okay, Jeremy?" Mir fiel jetzt erst auf, dass er gut aussah auf eine unauffällige Art und Weise. Seine braunen Haare und die braun gelben Augen. Ich fuhr mir mit einer Hand über die Augen und seufzte. Was war mit mir los? "Antworten ist auch nicht so deine Stärke, na?" Ich wollte ihn schütteln und ihm ins Gesicht schreien, dass er nervte. "Machst du dir kein Vesper?" Ich schüttelte müde den Kopf. "Wir gehen in einer halben Stunde los. Willst du so gehen?" "Was kümmert es dich?", fuhr ich ihn an und verschanzte mich hinter meinen Kopfhörern aus denen Donovan schallte. Verdammte Welt. You gonna need somebody when I'm gone. Oh ja. Den brauchte ich. Jemand dem ich vertrauen konnte...

× Messed & Broken Hearted ×Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt