Jeremy #2

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Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Er hatte sich dort festgesaugt, wie eine widerliche Zecke. Und wie er meinen Blick erwidert hatte! Am liebsten hätte ich ihm ins Gesicht gespuckt. Seine Augen waren kein einziges Mal ausgewichen. Er hatte mich unentwegt angesehen und ich hasste ihn so dafür!

Während ich unter der Dusche gestanden hatte, hatte ich auch dieses Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Aber wieso hätte er das tun sollen? Vielleicht litt ich langsam auch einfach bloß unter Verfolgungswahn. In meiner Brust zog sich alles zu einem kleinen heißen Punkt zusammen. Ich kannte ihn gut genug. Er machte einen unberechenbar, fahrig und verleitete einen dazu, Fehler zu machen. Ich hasste es wütend zu sein, aber dafür war ich es verdammt oft.

Wütend konnte ich die Sache mit den Piercings vergessen. Also ließ ich mein Handtuch fallen, sah aus dem Augenwinkel wie er hochrot den Kopf senkte, und zog meine Boxershorts an. Den Pullover und die Jeans hatte ich erst heute angezogen, also würde ich  einfach das anlassen und meine Haare konnte ich an der Luft trocknen lassen. Ich hatte mich wegen so was noch nie erkältet. Nicht, dass ich angefangen hätte mir die Haare zuföhnen, hätte ich mich  irgendwannmal erkältet. Lange im Bad zu stehen und die Haare zu machen, war etwas für Mädchen. Meine saßen entweder oder halt nicht. Und wenn sie nicht saßen, musste ich ihren Anblick ja nicht ertragen. Meine Mutter war eh der Meinung ich könne rumlaufen wie der letzte Penner und trotzdem noch aussehen wie Adonis. Fand ich nicht. Ich hatte ein Mädchen Gesicht. Da war es schwer sich gutaussehend zu finden.

Ich wischte die Piercings vom Waschbecken in meine Hand und verstaut sie in meiner Hosentasche. Ich würde mich später um sie kümmern. Angespannt ging ich zurück ins Zimmer. Ich mochte es nicht in kleinen Räumen so nah auf Menschen draufzusitzen. Ich mochte Menschen insgesamt nicht, aber das war einfach bloß unerträglich. Erst recht, wenn die Türe verschlossen war. Ich ließ die Tür einfach offen stehen und ließ mich aufs Bett fallen. Die Wand war orangegelb und die Tapete hatte eine raue Oberfläche. Sie erinnerte mich an das orangene Papier, das manchmal über den Filtern von Zigaretten lag und das die Leute samt Filter überall auf die Straße warfen. Sie erinnerte mich an das erste Mal als ich geraucht hatte. Mir war schlecht und schwindelig geworden und ich hatte mir nach dem dritten Zug die Seele aus dem Leib gekotzt. Seitdem wurde mir schon, wenn ich den Zigarettenrauch nur schnupperte wieder flau im Magen. Widerlich Dinger. Ich hatte mir geschworen nie wieder. Lieber noch Alkohol und einen Kater. Aber nie wieder Zigaretten oder Gras. Corbin hielt mich deswegen für ein Weichei. Es könnte halt nicht jeder eine nach der anderen qualmen. Ich verstand nicht wie man die Dinger kettenweise rauchen konnte, wenn ich nicht einmal eine halbe schaffte. Corbin hatte mir aber geschrieben er wolle aufhören. Scheiße war das, dass er jetzt auf einer anderen Schule war. Zum Kotzen. Wir waren auf einer Wellenlänge gewesen. Er hatte genau dieselbe sarkastische und zynische Art gehabt Sachen zu sehen und zu beurteilen. Man könnte mit ihm über alles und jeden herziehen einfach bloß weil es Spaß machte. Man müsste gar nichts gegen die Person haben. Aber es war unglaublich witzig sich vorzustellen wie sie sich im Bett anstellte , was für kranke Marotten sie hatte und was für perverse Fantasien sie heimlich auslebte, ohne dass es je jemand ahnte. Verdammt, ich vermisste ihn. Als besten Kumpel und Rivalen. Immer mussten die besten gehen. Aber wenigstens war er nicht tot. Und jetzt saß ich mit solchen Idioten hier fest, die bloß aus Angst oder weil sie von sich einen Vorteil aus meiner Sympathie erhofften abhingen. Dieser Jérôme gehörte ausnahmsweise nicht dazu. Er versuchte mir nicht in den Arsch zu kriechen. Insgeheim fand ich es gut, aber auch ärgerlich. Er hatte Null Respekt und Respektlosigkeit war etwas, das ich nicht ausstehen konnte.

Er kam aus dem Bad und setzte sich auf den Stuhl. Er sah mich an. Ich ignorierte ihn. Sollte er mich doch so lange anstarren wie er wollte. Er warf mir etwas zu. Ich fing es instinktiv auf. Meine Reflexe waren schon immer etwas gewesen auf das ich stolz gewesen war. Es war das Buch. Ich ließ es neben dem Bett auf den Boden fallen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass ihm der Mund aufgeklappt war. Ich beeindruckte gerne Menschen auch wenn nicht alle ihre Verblüffung so offensichtlich zeigten wie er.

× Messed & Broken Hearted ×Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt