Jérôme #14

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Ich seufzte und biss in mein Brot. Jetzt hatte ich zwei desinteressierte Arschlöcher am Hals, wobei ich bei einem jedoch Herzklopfen bekam, auch wenn ich es mir noch nicht eingestehen wollte. Herr Schamm schien sich nicht davon abbringen zu lassen, alle Übeltäter zusammen zu stecken und ich fragte mich, was Quinn verbrochen hatte. Eigentlich war es streng genommen eine bescheuerte Idee, alle die nicht nach Herr Schamms Pfeife tanzten zusammen zu stecken. Aber ich sparte mir den Kommentar. Mir würde wahrscheinlich eh niemand zuhören. Ich verstand sowieso nicht, weshalb Jeremy nicht vollkommen ausgeflippt war, als er mich mit dem Buch in den Händen erwischt hatte. Aber es beruhigte mich nicht, dass er nichts gemacht hatte. Es unterstrich bloß noch mehr die Tatsache, dass ich ihn nicht einschätzen konnte, was mich noch mehr beunruhigte. "Und? Wofür hast du dich entschieden?" Ich hob meinen Kopf und sah Frau Schamm, die sich über den Tisch zu Jeremy herüber gebeugt hatte. Er lächelte umwerfend. Er schien von innen heraus zu strahlen und etwas nagte an mir. Ich wollte, dass er mich so ansah. Niemand anderen. Schnell sah ich weg. "Wo immer Sie mitgehen.", antwortete er in einer schmeichelnden Stimme, die klang als wäre sie mit Honig getränkt. "Ich habe keine Rettungsschwimmerausbildung. Also gehe ich wahrscheinlich mit shoppen." Sie lächelte zurück. "Dann ist es ja entschieden." Ich starrte Jeremy an. Als ich ihm vorgeschlagen hatte in die Stadt zu gehen, hatte es gewirkt, als wäre er vollkommen desinteressiert und sobald Frau Schamm ihn fragte, war er doch interessiert? Er bemerkte meinen Blick, erwiderte ihn kühl und aß weiter an seinem Müsli. Es machte mich krank, dass ich ihn nicht einschätzen konnte. Manchmal war er nett und auch offen und dann sah er mich wieder an, als wäre ich ein nerviges Kleinkind, das er am liebsten im nächsten See ertränken wollte. Ich stand auf, warf den Rest meines Essens weg und verschwand auf dem Flur. Zwar hasste ich es Essen wegwerfen zu müssen, aber ich hatte keinen Hunger mehr. Ich knallte die Türe unseres Zimmers hinter mir zu und schnappte mir sein Handy. Auch wenn ich befürchtete, dass er mich zusammen schlagen würde, schaltete ich Red hot chilli peppers ein und setzte mich im Schneidersitz aufs Bett. Ich wollte nicht mit ansehen müssen, wie gut er sich mit unserer Lehrerin verstand und erst recht nicht diesen Blick über mich ergehen lassen. Ich hatte keine Lust darauf, die nächsten Tage, heute mit eingerechnet seinen Launen ausgeliefert zu sein. Er regte mich auf und gleichzeitig wollte ich bei ihm sein. Ich wagte es nicht, zu hoffen, dass alles wieder normal werden würde sobald wir wieder zurück waren. Irgendetwas hatte sich geändert. Es war pures Desinteresse davor gewesen. Er hatte mich nicht interessiert, ich ihn nicht. Und plötzlich schien sich alles in meinem Kopf um ihn zu drehen. Wie konnte das sein? Wir hatte er sich so unbemerkt in meine Gedanken geschlichen? Und vor allem: WAS konnte ich dagegen tun? Ich wollte nicht bloß Däumchen drehen und warten. Ich zuckte erschrocken zusammen, als die Türe aufging und er eintrat. "Quinn war es egal, wo wir hingehen. Also gehen wir mit Frau Schamm in die Stadt." Seine Stimme klang neutral. Ich nickte nicht einmal. Sah ihn bloß an. Er seufzte. "Ist irgendetwas?" Ja! Aber ich weiß selbst nicht was! Ich schüttelte kaum merklich den Kopf und senkte meinen Blick. Ich musste an die Umarmung von gestern denken. Wie nah wir uns gewesen waren, wie ich seinen Herzschlag so nah bei mir gespürt hatte und wonach er gerochen hatte. "Werd jetzt ja nicht krank.", riss er mich wieder aus der Welle an Nostalgie. "Ich will mich nicht auch noch um dich kümmern müssen." Ich zwang mich dazu ihn anzusehen und zu lächeln, auch wenn meine Brust sich wie zugeschnürt anfühlte. "Es ist alles in Ordnung." Er zog skeptisch seine Augenbrauen zusammen und nahm die Katze hoch, die miauend seine Aufmerksamkeit gesucht hatte. "Ich frage mich , wer sich dieses Programm ausdenkt.", sagte er schlussendlich aber bloß und kraulte Lou zwischen den Ohren. "Shoppen oder schwimmen gehen. Was soll das? Wer interessiert sich für so etwas, wenn man vor der Türe einen Wald hat?" Ich zuckte mir den Schultern. "Wenigstens bekommt man die Chance, die Stadt zu sehen. Sie soll wirklich hübsch sein." Er sah mich stirnrunzelnd an. "Du interessierst dich für Städte?" Ich merkte, wie mein Körper heiß wurde. "Ich... Also...Ehm...Ja." Ich hasste mich für das Herumgestottere. Er betrachtete mich noch kritischer, als würde er sich fragen wogegen ich gelaufen war, dass ich so bescheuert sprach. "Naja. Vielleicht muss man auch einfach das Beste daraus machen.", sagte er dann bloß schlussendlich und zauberte aus der Hand, die er bis jetzt zur Faust geballt hatte eine Scheibe Kochschinken, die er Lou hinhielt, die hoch erfreut darüber herfiel. "War mein Rucksack interessant?", fragte er in die Stille, in der wir beide Lou zugesehen hatten. "Oh..." Ich sah ihn an, aber sein Blick war unverwandt auf die Katze gerichtet und sein Gesichtsausdruck verriet nicht, was hinter seiner Stirn vor sich ging. Mir fiel wieder ein, dass man bei ihm bloß das Falsche oder das noch Falschere sagen konnte. Wenn ich bloß wüsste, was das Falsche war... "Also..." Mein Kopf suchte krampfhaft nach einer gescheiten Antwort. Plötzlich sah er mir in die Augen. Sie waren kühl und undurchdringlich wie eh und je. "Wann bist du dieses vor sich hin stotternde, rot werdende Teenie Mädchen geworden?" In seinem Tonfall schwang weder Sarkasmus noch Ärger mit. Als sei es eine vollkommen gewöhnliche Frage. "Das stimmt gar nicht!", antwortete ich zu heftig. Es passte mir nicht, dass es ihm auch aufgefallen war. Er lächelte leicht und schwang einen halben Meter über Lous Kopf noch eine Scheibe Schinken. "Das bist schon eher du." Ich brummte verärgert etwas vor mich hin und schnappte mir das zerknitterte P. D. James Buch, das immer noch achtlos auf dem Nachttisch lag. Aber mir ging die Frage nicht aus dem Kopf. Seit wann hatte ich mich in seiner Anwesenheit so geändert? Seit wann brachte er mich nicht mehr bloß ausschließlich auf die Palme? Ich seufzte und versuchte mich abermals auf die ersten paar Sätze des Kapitels zu konzentrieren.

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Also noch ein neues Kapitel. Aber ich habe noch drei Anmerkungen.
1. Tausend Dank für die 4.000 Reads und auch für die vielen lieben Votes ❤ *-*
2. Ich bin ab übermorgen im Urlaub, deshalb weiß ich nicht, wie oft ich in den nächsten fünf Wochen updaten kann. (Ich hoffe trotzdem oft.) ._.
-und-
3. Ich habe ein neues Buch. "Another school romance." Lest einfach mal rein und sagt, ob es sich lohnt, weitere Teile zu veröffentlichen. ^^

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