Jeremy #20

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Ich schob mir die Nudeln zwischen die Lippen. Kyle sah auf den Bildschirm seines Laptops. "Wusstest du, dass Michelangelo Merisi da Caravaggio schwul war?" Ich nickte und kaute. Seine Augen huschten weiter über den Artikel. Im Hintergrund spielte irgendwo I knew you were trouble und ich wünschte es liefe einfach gar keine Musik. Er klappte den Laptop leise klackend zu und wandte sich dem Teller mit Carbonara zu. "Lern endlich kochen.", sagte ich und wickelte die nächste Portion Nudeln um die Zinken meiner Gabel. "Jaja.", sagte er in seinem Ich sage das nur, damit ich meine Ruhe habe-Ton. "Ich kann es dir beibringen.", schlug ich vor. "Du willst mir kochen beibringen? Damit ich deine zwei Gerichte kann? Also Carbonara hast du schon so oft gemacht, dass ich das auch ohne deinen Unterricht hinbekomme." Ich zog die Augenbrauen zusammen und sah ihn böse an. "Hattest du wieder einen deiner ganz tollen Tage?", fragte er und stocherte weiter auf seinem Teller rum. "Er war scheiße.", sagte ich grummelnd. "Übrigens kommt er heute vorbei." Sein Gesichtsausdruck schwang von gelangweilt zu überrascht. "Du meinst den Typen in den du dich verliebt hast?" "Behaupte nichts, ohne einen Beweis zu haben." Er verdrehte die Augen. "Jaja. Wie kommt es aber dazu?" Der Teller klang hell, als ich ihn beiseite stellte und meine Gabel darauf klacken ließ. "Schulprojekt." "Achso." Er strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und seufzte. "Ich bin so froh, da raus zu sein." Ich sah zu einem der abgedunkelten Fenstern. Wie schaffte er es bloß in diesem Zweilicht zu hausen? "Wir wurden eingeteilt und dürfen uns bloß das Thema aussuchen." "Ich sag dir doch, dass es Schicksal gibt. Hast du schon ein Thema?" Wie er es immer wieder hinbekam komplexe philosophische Fragen in einen einfachen Nebensatz zu verdrängen. "Nein. Meine Inspiration lässt zu wünschen übrig." "Macht doch irgenein erotisches Thema. Das bringt euch gleich schon mal auf den Punkt." Verärgert sah ich ihn an. "Kyle! Hör auf uns verkuppeln zu wollen." Er zuckte mit den Schultern. "Wenn du ihn nicht willst und er süß ist, nehme ich ihn." Ich schloss einen Moment meine Augen. "Du wirst dich weder an ihn ranmachen, noch bin ich in ihn verliebt." Ich hörte wie er seinen leeren Teller abstellte und meinen halbvollen stattdessen nahm. "Meinetwegen. Wann kommt er? Wie heißt er?" "Drei Uhr. Jérôme." Ich hörte wie er ein Lachen unterdrückte und öffnete ein Auge einen Spalt breit. "Jérôme? Das klingt wie aus einem schlechten Film." "Ich weiß.", zischte ich verärgert und stand auf. "Bist du sauer?", fragte er wieder vollkommen ernst. Ich seufzte, nahm den schmutzigen, leeren Teller und stellt mich mit ihm zu der Pfanne an die Spüle. "Du nervst nur.", sagte ich und ließ warmes Wasser über die Teller laufen. "Wieso hast du dir eigentlich kein Haus gekauft in dem es eine Spülmaschine gibt? Oder kauf doch wenigstens eine." Ich seufzte und tränkte den Schwamm mit zu viel Spülmittel. "Es beruhigt mich abzuspülen. Eine Spülmaschine würde sich bei uns außerdem nicht lohnen. Wir essen vielleicht einmal in der Woche etwas Selbstgekochtes." Er seufzte und stellte den leergeputzten Teller auf die Bar, an der auch das Waschbecken tiefer abschloss. "Bist du nervös?" Ich nahm den Teller. "Weswegen?" Er stützte seine Ellenbögen auf die Holzfläche der Bar die zwischen den beiden senkrechten Balken befestigt war, legte sein Kinn darauf und klopfte mit den Fingern auf seinen Wangenknochen. "Na, wegen ihm." Wenigstens machte er sich nicht mehr über seinen Namen lustig. "Nein, wieso sollte ich?" Ich stellte die Pfanne und die beiden Teller in das Abtropfgitter neben der Spüle und griff nach dem Handtuch. "Keine Ahnung." Er gähnte und streckte sich. "Vielleicht weil er dir nicht so egal ist, wie du es gerne hättest." Ich sah ihn genervt an und merkte, dass er sich schon festgelegt hatte und es keinen Sinn hätte ihm zu widersprechen. Aber das eh beunruhigte war die Unruhe in mir. Irgendetwas in mir war froh darüber, dass wir zusammen in ein Team gekommen waren. Und genau dieser kleine Teil wurde von Ärger darüber, Verwirrung und Gereiztheit bestürmt. "Benehme dich einfach mal, wie ein anständiges menschliches Wesen.", sagte ich und stapfte auf mein Zimmer zu. "Willst du einen guten Eindruck hinterlassen?", fragte er neckisch. Ich verdrehte die Augen und verschwand in meinem Zimmer.

× Messed & Broken Hearted ×Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt