Jeremy #21

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Der Duft des Kakaos schwebte durch die Küche, aber ich verfluchte Kyle dafür, dass er in den letzten Tagen die Sprühsahne aufgebraucht und es nicht einmal für nötig gesehen hatte, es auf den Einkaufszettel zu schreiben. "Habt ihr schon ein Thema?", fragte er und ließ sich den Pendel vor dem Gesicht rumschwingen. Es sah komisch aus, wie er dort auf dem Rücken auf dem Bett lag und den Kopf über die Bettkante hing. Seine Haare schwangen leicht hin und her und sahen beinahe rosa in dem Licht aus, das warm und hell durch die Glasscheiben fiel und in dem Staubkörner leise tanzten. Jérôme hatte es sich auf einem der Barhocker bequem gemacht und beobachtet wie ich mit geübten Handgriffen den Kakao machte. Ich reagierte nicht und streute Zimt in die Tassen. "Also nicht.", stellte Kyle fest und setzte sich auf. Zwei Perlen schlugen gegeneinander und klangen hell. Jérômes Blick lag genau auf mir und irgendwie machte er mich nervös... "Macht doch über Analsex." Jérômes Kopf drehte sich blitzschnell zu Kyle um, der schmutzig grinste. Ich seufzte genervt und unterdrückte den Gedanken daran, dass Jérôme mit den vor Verlegenheit rosa Wangen eigentlich ganz niedlich aussah. Ich biss meine Zähne zusammen und griff nach dem Honig. "Kyle, halt einfach die Klappe." Er machte einen seiner berüchtigten Schmollmünder, von denen er mir erzählt hatte, dass Darius ihm nicht hätte widerstehen können. Geschickt wenn man bloß die Lippe vozuschieben brauchte, um Sex mit jemand zu bekommen. "Ich will ja nur helfen." Jérôme lächelte leicht und wandte sich wieder mir zu, während ich ihm gerade den Kakao zuschob. Er roch daran und strahlte mich an. "Das duftet ja fantastisch!" Ich seufzte und wandte mich der Spüle zu, um den Milchtopf abzuspülen. "Probier erst einmal.", sagte Kyle unheilschwanger von irgendwo hinter uns her. Jérôme grinste leicht und nippte an seiner Tasse, während ich mich ihm gegenüber auf die Arbeitsfläche setzte. "Hast du eine Idee? Irgendetwas wozu du schon immer mehr herausfinden wolltest." Er seufzte und stützte seinen Kopf auf eine Hand. Anscheinend war der Kakao einigermaßen genießbar. "Hat sie eigentlich gesagt, wann wir präsentieren müssen?" Ich schüttelte den Kopf und griff nach meiner Tasse. Der Kakao war viel zu lauwarm für meinen Geschmack. "Und was ist mit den chemischen Reaktionen die im Körper ablaufen, wenn man sich verliebt?" Ich schnaubte verärgert. "Halt die Klappe." Er verdreht die Augen und setzte seine Kopfhörer auf. "Was wäre mit Sherlock Holmes?", fragte Jérôme. "Die klassische Darstellung von Sir Arthur Conan Doyl und die unterschiedlich Interpretation, bis hin zur neusten." "Ja. Tolle Idee. Und am Besten kaufen wir uns noch I am Sherlocked T-Shirts und präsentieren im Partnerlook." Jérôme klopfte mir den Fingern der Hand, die nicht seinen Kopf stützte, auf das Holz des Tresens. "Du musst auch jede Idee schlecht machen." "Was kann ich dafür, dass die Ideen doof sind?" Er pustete sich eine Strähne aus den Augen und nahm wieder seine Tasse. "Andere Vorschläge?", fragte er langsam genervt klingen. "Meine hast du doch schon gehört." Er strich sich durch die Haare. "Die waren aber auch nicht so der Knaller." Ich seufzte. "Wir können ja einen Selbstversuch vorstellen zur Verträglichkeit von Alkohol." Er sah mich mit einem "Das hättest du wohl gerne"-Blick an. Kyles Kopfhörer klackerten als er sie sich noch einmal vom Kopf schob. "Gandhi!", rief er triumphierend. "Kyle, ich hab gesagt..." Jérôme hob die Hand, als er mich unterbrach. "Das ist doch gar keine schlechte Idee." Ich rührte in meiner Tasse herum. Die Sahne ging unter und bildete weiße Bläschen auf der Oberfläche. Kyle strahlte darüber, dass wenigstens eine Person seine Vorschläge ernst nahm. "Das ist ein totales Streberthema." "Das muss derjenige sagen, der Michelangelo vorgeschlagen hat." Ich verdrehte die Augen. "Letztes Jahr haben wir einen Film über ihn gesehen. Ich bezweifle, dass uns noch irgendjemand zuhören würde. Genauso gut könnten wir über den Nationalsozialismus reden. Der ist genauso ausgelutscht." Jérôme strich sich seine Haare aus dem Gesicht und sah mich direkt an. "Wir brauchen ein Thema." "Es sollte eins sein, dass uns wenigstens ansatzweise interessiert." Er gab ein schnalzendes Geräusch von sich. "Tut mir Leid, dass ich in der Hinsicht kein verwöhntes Kind bin, das immer bekommt was es will." Kyle hinter ihm unterdrückte ein Lachen. Am liebsten hätte ich zurückgeschossen, dass man sich das erst einmal leisten können musste. "Können wir die Sticheleien bitte lassen?", sagte ich aber bloß so ruhig wie möglich. "Das bringt uns nicht weiter." "Du willst doch stundenlang über das Thema diskutieren." Er nippte beleidigt an seiner Tasse. "Gut, dann nehmen wir eben Sherlock Holmes.", seufzte ich. Er hob denen Blick und sah mich zuerst verblüfft an, bevor ein Strahlen über sein Gesicht ging. "Wirklich?!" Alleine der Ton, den er dabei anschlug und das Gesicht, das er machte mit den leuchtenden Augen waren es wert über Sir Arthur Conan Doyl, seinen Helden und Dr. Watson zu sprechen. Ich biss meine Zähne zusammen und versuchte mir keine Gedanken darüber zu machen, wie schlimm es schon um mich stand. Aber er war ein Junge... Und außerdem gab es da noch dieses Gefühl ganz hinten in meinem Kopf, das ich seit drei Monaten versuchte zu ignorieren, das sich aber oft genug zwischen meine Gedanken schlich und mir das Atmen schwer machte. "Jeremy?" Seine Etienne klang fragend. Ich zuckte leicht hoch. "Ja?" "Fangen wir dann gleich an?" Sein ganzes Gesicht spiegelte Tatendrang wider und ich unterdrückte ein Lächeln.

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Ich hätte mir für das erste Kapitel im Jahr 2016 mehr erwünscht, aber ich bin froh, dass ich das Kapitel überhaupt geschafft habe. ^^

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