Jeremy #9

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Ich schnaubte verärgert, soch es ging unter einem lauten Rauschen und Plätschern unter, das vor uns durch die Bäume drang. Er hatte mich geküsst! Was bildete sich dieser Typ ein? Zuerst hatte er mir zwischen die Beine fassen wollen, jetzt hatte er mich geküsst und er behauptete er sei nicht schwul! Dass ich nicht lachte! Was fpr ein Schwachsinn! Glaubte er wirklich ich nahm ihm das ab? Wir traten aufs dem Wald heraus auf eine Lichtung mit saftigem, dunkelgrünem Gras, das bis kurz über meine Knöchel reichte. Alles wirkte ruhig und beinahe märchenhaft. Die eine Seite der Lichtung war nicht von Bäumen umkreist, sondern war ein hoher Fels von dem ein Wasserfall sich in das Becken stürzte, das zu seinem Fuß lag. Der Bach, der von dem Becken aus floß teilte die Lichtung. Es war nicht annähernd eines dieser typischen Touristen Ziele, mit Umgebungskarten, Picknicktischen aus Holz und komischen Grillstellen. Es war einfach bloß die unverfälschte Natur. Einen Moment war ich von der Schönheit in den Bann geschlagen worden, dann drehte sich mir der Magen um und mir wurde schwindelig als mir eine Gedanke in dem Kopf kam. Er hatte mit seinen Lippen den letzten Kuss ausgelöscht. Ich erinnerte mich nicht mehr an das Gefühl ihrer Lippen. Ich stürzte auf die Knie. Es war weg. Die Erinnerung an ihre Berührung. Eins der wenigen Überbleibsel, das ich noch von ihr hatte. Weg... Ich spürte seine Hand auf meiner Schulter und wie durch Watte "Jeremy? Ist alles in Ordnung?" Als würde es ihn wirklich interessieren. Ich schüttelte die Hand ab und rang nach Luft. Nein. Bitte nicht jetzt. Nicht durch so eine Kleinigkeit. Gott! Hilf mir! Doch mal wieder wurde mein Glaube enttäuscht und eine Klaue legte sich um meine Lunge, die jedes Bisschen Luft herauspresste. Weiße Punkte flackerten vor meinen Augen. Ich schloss sie und ließ die Welle aus Panik und Trauer über mir zusammenschlagen. Sie riss mich in die Tiefe, doch ich bekam es mit einer merkwürdigen Teilnahmslosigkeit mit, als wäre bloß mein Körper betroffen und mein Kopf von einer gruseligen Klarheit. In meinem Kopf, der Leere und Klarheit, die darin abgesehen von den Wellen an Schmerz herrschte hallte ein Satz. Du bist alleine. Nimeand wird dich retten. Die Schmerzen schlugen gegen die Wände meines Bewusstseins und meine Lungen schrien nach Luft. Jeder Nerv meines Körpers stand kurz davor zu explodieren. Und dann, plötzlich, von einer Sekunde auf die andere ließ es nach. Es ebbte ab und ließ mich als zitterndes Nervenbündel zurück. Die Schwärze zog sich wieder in die hintersten Winkel meines Bewusstseins. Langsam drang wieder das nervtötende "Jeremy? Jeremy?!" zu mir durch. Beinahe wünschte ich mir die Schmerzen zurück. Ich richtete mich langsam wieder auf. Ich war auf meine Hände gestürzt. "Was ist los? Du zitterst? Und du..." "Halt die Fresse.", zischte ich mir rauer Stimme und stand auf. Meine Beine fühlten sich an, als habe sie jemand durch Pudding ersetzt und ich stützte mich am Stamm eines Baumes ab, der neben mir stand. Wieso konnte ich diese Panik nicht im Zaum halten? Mein Rucksack lag neben mir auf dem weichen Waldboden. Ich ging in die Knie, darauf bedacht nicht das Gleichgewicht zu verlieren und kramte darin nach der Alkoholflasche. als ich die ersten schlucke trank, verschüttetete ich mit meinen bebenden Fingern mehr als die Hälfte. Die Flüssigkeit brannte, aber nicht annähernd so sehr, wie der Schmerz in meiner Brust und der etwas schwächere in meinen armen und Beinen. Jérôme sah mich immer noch besorgt an. Ich steckte die Flasche wieder weg und stand auf. Meine Beine waren wieder fester und ich konnte wieder ohne Probleme atmen. Das einzige, was mir zu schaffen machte, war das Gefühl von kaputt sein, dass sich jedes Mal einnistete. "Was war das gerade?" Ich ging näher an das Wasserbecken heran und hörte wie er mir folgte. "Nichts Besonderes." Ich hörte ein verärgert klingendes Schnauben. "Aha. Ich fang auch immer ganz plötzlich an zu zittern und zu weinen. Das ist tooooooootal normal." Er würde nicht so sarkastisch darüber reden, wenn er wüsste, wie es sich anfühlte in so einem Moment in meiner Haut zu stecken... Ich seufzte und versuchte ihn einfach zu ignorieren. Ich ließ mich auf das Gras am Ufer sinken und kramte ein Buch heraus. "Du willst jetzt ernsthaft einfach so lesen? Als sei nichts passiert?" Empörung schwang in seiner Stimme mit. Ich klappte das Buch zu und sah ihn genervt an. "Ist dir schonmal der Gedanke gekommen, dass du ganz alleine auf der Welt bist und du allen eigentlich egal bist?" Er legte den Kopf schräg und setzte sich mir gegenüber auf den Boden. "Worauf willst du hinaus?" Ich wich dem Blick seiner hellbraunen Augen aus und sah über die glitzernde dunkelgrüne Oberfläche des Sees. "Vergiss es." Ich spürte immer noch seinen Blick auf mir. "Nein. Kenne ich nicht." Ich nickte knapp und fühlte mich noch einsamer.

× Messed & Broken Hearted ×Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt