der Große Tag beginnt (1)

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DIE LETZTE NACHT in meinem gewohnten Gemach ist ruhig und doch will mich der Schlaf nie so recht in sein Reich holen

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DIE LETZTE NACHT in meinem gewohnten Gemach ist ruhig und doch will mich der Schlaf nie so recht in sein Reich holen. Als der Morgen graut stehe ich bereits am Fenster und sehe der aufgehenden Sonne entgegen, die den heutigen Tag nach langem Warten anbrechen lässt. Schneeweiße Wölkchen zieren vereinzelt den Himmel wie eine kleine Schafherde auf einer weitläufigen Weide. Sanfte Wellen branden unten am Strand, die Gischt verliert sich im golden schimmernden Sand. Der Garten liegt in eigenartiger Stille vor den Schlossmauern, der Wind scheint noch zu ruhen. Die Welt draußen hält den Atem an, während die Dienerschaft von Feeneden wohl bereits geschäftig durch die Säle eilt, um sicherzustellen, dass für das Fest alles bereit und perfekt ist. Ein Lächeln huscht über meine Lippen und ich sehe auf meine Hände hinab. Sie zittern leicht. Es ist ein eigenartiges Gefühl zu wissen, dass der vor mir liegende Tag mein Leben von Grund auf verändern wird. Dass sich dies allerdings so auswirkt, hätte ich nicht gedacht. Um ehrlich zu sein, hätte ich mir bis vor einiger Zeit auch niemals träumen lassen, dass ich jemals vor den Altar treten würde – noch dazu mit einem König und schon gar nicht mit Kaspian. Wieder einmal kann man sehen, welch wunderbare Wege Aslan doch für einen jeden von uns bereithält. Völlig in solcherlei Gedanken versunken, lehne ich mich ein wenig nach draußen. Die frische Luft füllt meine Lungen und ich schließe die Augen, um diesen morgendlichen Frieden zu genießen.

» Meine Güte, du wirst dich noch erkälten! «, sagt da plötzlich jemand. Rhea, eindeutig. Ich seufze leise und wende mich zur Tür um. Wie erwartet, steht meine oberste Zofe auf der Schwelle und sieht mich tadelnd an. Sie hat die Hände in die Hüften gestemmt und den Kopf leicht zur Seite geneigt. Heute trägt sie nicht die alltägliche Zofentracht, sondern eine für Festtagsanlässe – das Haar jedoch ist wie immer zu einem lockern Dutt gebunden.

» Dir auch einen guten Morgen, Rhea «, entgegne ich mit einem schiefen Lächeln und streiche verlegen mein Nachthemd glatt als auch meine anderen Zofen das Zimmer betreten. Jede mit etwas anderem beladen. Naela trägt ein Tablett mit Brot, Früchten und allerlei anderen Köstlichkeiten, Felia bringt ein weiteres Tablett mit dampfendem Tee und einigen Tassen. Phyllis hat eine verschlossene Schachtel sowie ein paar Handtücher dabei, Maedora eine Auswahl an Badedüften. Dann erscheinen Jenna und Taryelle mit jeweils einem großen Kleidersack, hinter ihnen tritt Valess ein – noch im Morgenmantel. Sie begutachtet die mitgebrachten Dinge der Reihe nach, während meine Zofen das Bett machen, mich zum Tisch komplementieren und Maedora im Badezimmer verschwindet. Valess umarmt mich rasch und sieht mir prüfend ins Gesicht.

» Hast du gut geschlafen? Wie lange bist du schon wach? «, fragt sie und lässt sich mir gegenüber am Tisch nieder. Auch Rhea gesellt sich zu uns, behält jedoch alles aufmerksam im Auge.

» Wie fühlst du dich? «, lautet die nächste Frage, bevor ich überhaupt mit einem ganzen Satz geantwortet habe. Rhea legt meiner ersten Hofdame eine Hand auf die Schulter.

» Du bist ja nervöser als unsere Braut hier «, sie zwinkert mir lächelnd zu,

» Jetzt frühstückt erst einmal in Ruhe, dann beginnen wir mit den Vorbereitungen «. Und das tun wir. Nun, sagen wir, ich versuche jedenfalls, wenigstens ein paar Bissen hinunterzubekommen. Das stellt sich jedoch schwieriger dar als gedacht. Ich habe absolut keinen Appetit und nasche anfangs lediglich einige Trauben. Die Damen in meiner Gesellschaft beharren schließlich vehement darauf, dass ich etwas mehr zu mir nehme. Immerhin ist es bis zum Bankett lange hin und ich soll bei Kräften bleiben.

Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt