Prolog

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ES IST EIN wunderschöner Morgen und die See liegt glatt wie ein Spiegel vor uns

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ES IST EIN wunderschöner Morgen und die See liegt glatt wie ein Spiegel vor uns. Nur ab und zu zeigt sich eine mit weißer Gischt gekrönte Welle, die sich am Schiffsrumpf der Morgenröte bricht. Seit unserer Abfahrt von Feeneden sind bereits dreißig Tage vergangen. 400 Seemeilen, würde Drinian sagen. Er ist der Kapitän des Schiffes mit dem Drachenkopf und dem violetten Segel. Das Wappen Narnias flattert munter an der Spitze des gut fünfzig Fuß hohen Mastes. Bisher ankerten wir bereits in so manchem Hafen. Der Herzog von Galma veranstaltete sogar ein Turnier für König Kaspian. In Terebinthia konnten wir nicht an Land gehen, da eine Seuche ausgebrochen war. Allerdings auf den Sieben Inseln. Miuel und Brenn sind wohl die schönsten von ihnen.

» Guten Morgen, Milady «, piepst eine mir nur allzu bekannte Stimme. Reepicheep springt neben mir auf die Reling. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Die große Maus war wie ich eine der ersten, die sich für diese Reise gemeldet haben. Zur Besatzung der Morgenröte, dem besten Schiff in Narnias wideraufgebauter Marine, gehören zu dürfen, ist eine große Ehre. Reep trägt nach wie vor den goldenen Reif mit der roten Feder um sein Haupt und ein kleines Schwert ist sein ständiger Begleiter. Dies verleiht ihm ein geradezu verwegenes Aussehen. Gerade möchte ich seinen Gruß erwidern, da ruft der Ausguck plötzlich

» Schiffbrüchige backbord! «. Augenblicklich stürzt die Besatzung auf die linke Seite des Schiffes. Tatsächlich schwimmen dort drei Gestalten im Wasser. Rasch lege ich mein Schwert ab und springe kopfüber in das blaue Nass. Zwei weitere Männer tun es mir gleich. Ein blonder Junge strampelt wild und klammert sich an einem braunhaarigen Mädchen fest. Dadurch gehen beide immer wieder unter. Ein zweiter Junge mit dunklem Haar bewegt sich auf die anderen beiden zu. König Kaspian packt das Mädchen um die Taille und schwimmt mit ihm zum Schiff zurück.

» Ka-Ka-Kaspian! «, ruft das Mädchen erstaunt und wasserspuckend aus. Der König lächelt

» Lucy! «. Taue werden heruntergeworfen und die beiden an Deck gezogen. Währenddessen versuche ich, dem Blonden zu helfen. Dieser wehrt sich allerdings mit Händen und Füßen und schreit und weint lauthals. Er sagt, er wolle zurück nach...England?

» Eustachius, jetzt lass dir doch einfach helfen! «, ruft der Dunkelhaarige dem jüngeren Knaben verärgert zu.

» König Edmund «, stelle ich fest und er lächelt

» Fang nicht wieder damit an, Luna. Einfach nur Edmund «. Zusammen schaffen wir es, den immer noch protestierenden Eustachius an Bord der Morgenröte zu befördern.

» Entschuldige bitte, unser Cousin ist etwas...schwierig «, flüstert mir Edmund zu und hebt entschuldigend die Schultern. Ich winke ab und wickle mich in eine weiche Decke, die mir einer der Matrosen reicht. Zwei der Könige und Königinnen der alten Zeit sind wieder nach Narnia zurückgekehrt. Edmund und Lucy sind die jüngeren Geschwister des einstigen Peter, des Prächtigen, und Susan, der Sanften. Sie stammen aus einer anderen Welt und es verschlägt sie immer wieder mehr oder weniger zufällig hierher zurück. Doch ihr Cousin ist zum allerersten Mal hier. Er scheint nicht wirklich begeistert über seinen neuen Aufenthaltsort. Reepicheep will ihm gerade hochhelfen, da fängt das Gezeter wieder an

» Igitt, nehmt es weg! Was ist das hier? Ich will hier weg! «. Der zweite Maat, ein Minotaur namens Tavros, tritt herzu und legt dem Jungen eine Decke um die Schultern. Dieser starrt ihn mit geweiteten Kulleraugen an und fällt rücklinks zu Boden – besinnungslos.

» Was ist denn bloß mit ihm los? Habe ich etwas falsch gemacht? «, fragt Tavros erschrocken an Kaspian gewandt. Dieser lacht und klopft dem Minotaur auf den Rücken

» Kümmert euch einfach um ihn, ja? «. Dann wendet er sich der versammelten Mannschaft zu

» Seht, lasst uns Edmund, den Gerechten, und Lucy, die Tapfere, begrüßen! König und Königin von Narnia! «. Die Matrosen fallen alle auf ein Knie nieder, während ich bei einem Knicks bleibe – wie es sich für eine junge Frau eben gehört.


Kaspian, Reep und ich zeigen den beiden Neuankömmlingen anschließend das Schiff. Ihr Cousin wurde in eine Kajüte gebracht und schläft. Lucy und ich werden in der Königskajüte wohnen, während die Jungen bei den übrigen Matrosen in der Brick nächtigen werden. Dort gibt es genügend Hängematten. Anschließend setzen wir uns in den kleinen Salon. An der Wand hängen Seekarten und die Bilder der sieben Lords von Telmar, die wir zu suchen gedenken. Sie waren einst gute Freunde und enge Vertraute von Kaspians Vater, Kaspian dem Neunten. Miraz, Kaspians böser Onkel, hat die Lords über das Meer gesandt, um sie loszuwerden.

» Also, als erstes würde mich interessieren, wie viel Zeit hier seit unserem letzten Besuch verstrichen ist? «, fragt Edmund.

» Drei Jahre sind seit meiner Krönung vergangen «, antwortet Kaspian,

» Seitdem haben wir all unsere Grenzen angemessen verteidigt und leben nun in Frieden. Die Riesen an der Nordgrenze zahlen sogar Tribut «. In der Tat, in den letzten drei Jahren ist viel geschehen. Das Schloss Feeneden wurde wieder aufgebaut, die Telmarer haben sich mit den Narnianen angefreundet und das ganze Land ist aufgeblüht. Kaspian überreicht Edmund ein gutes Schwert und Lucy bekommt ihr Heilelixier und ihren Dolch. Diese beiden Dinge gehörten zu den Gaben der Könige und Königinnen des goldenen Zeitalters. Hochkönig Peter besaß ein besonderes Schwert mit dem Kopf eines Löwen am Knauf und einen passenden Schild, auf dem Narnias Wappen prangt. Diese beiden Dinge gehören nun Kaspian. Zu Königin Susans Habseligkeiten gehörten ein magisches Horn, ein Bogen und ein Köcher mit Pfeilen, die niemals ihr Ziel verfehlen.

» Luna? «, die Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich blicke hoch und sehe direkt in Kaspians warme Augen. Verlegen senke ich den Blick

» Verzeihung, ich war in Gedanken «. Er lächelt leicht

» Könntest du Lucy bitte trockene Kleidung geben? «.

» Natürlich «, sage ich schnell und bedeute der jungen Königin, mir zu folgen.

Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWhere stories live. Discover now