Die Reise des Löwen | Eine narnianische Geschichte

Ausritt

EINIGE TAGE ZIEHEN ins Land, in denen ich endlich wieder mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf den Übungsplatz komme. Nicht nur, um nach Jared, den Soldaten und den Assassinen zu sehen, sondern auch, um selbst in Form zu bleiben. Jared macht sich gut in seinem neuen Amt als Hauptmann – nichts Anderes habe ich von ihm erwartet. Kirea hat sich mittlerweile einigermaßen erholt und wird bald aus den Heilkammern entlassen. Allerdings weiß ich nicht, was dann mit ihr geschehen wird. Kaspian und Trumpkin haben diesbezüglich nichts verlauten lassen. Der andere Assassine, der in Lord Balrens und Lord Rivens Komplott verwickelt war, ist tot. Wird Kirea dasselbe Schicksal ereilen oder wird sie vielleicht Lord Riven folgen? Eine Strafe wird jedenfalls bestimmt nicht ausbleiben. Und dann ist da noch Dariel, der junge Pirat aus Pugs Mannschaft. Wie ich erfahren habe, wurde er von Drinian und der Mannschaft der Morgenröte in den Kerker verfrachtet. Zuvor segelte er jedoch nochmals mit zu den Einsamen Inseln, als Drinian den Auftrag erhielt, die vier Lords abzuholen. Anscheinend hatte die Mannschaft Dariel in der Zelle vergessen, aber nach seiner Entdeckung arbeitete er brav mit und versuchte nie, zu fliehen. Aus Drinians Erzählungen kann ich schließen, dass sich der brummige Kapitän nicht im Geringsten an dem blinden Passagier gestört hat. Vielleicht ist das ja Dariels Zukunft. Lächelnd schüttle ich den Kopf und setze meine Arbeit fort. Mit einem Wetzstein fahre ich wiederholt über die Klinge meins Schwertes, damit der Stahl schneidend scharf bleibt und zu jeder Zeit einsatzfähig ist. Ab und zu springen kleine Funken auf und sinken verglühend zu Boden. Begegnungen mit Kaspian waren in letzter Zeit eher flüchtig. Nach der Hinrichtung Lord Balrens und Rivens Freisetzung hatten die Lords wieder viel zu besprechen, bevor viele von ihnen abgereist sind. König Cornan und Prinzessin Adeline, Sir Kandrach mit Lady Thalia sowie einige andere Lords, die nicht zum Rat gehören, haben den Hof verlassen. Nicht jedoch ohne das Versprechen, bald wiederzukehren.

» Hier bist du «, höre ich da eine Stimme sagen,

» Ich habe es mir ja gedacht «. Ich halte in meinem Tun Inne und sehe zu der anmutigen Gestalt, die auf mich zu kommt. Valess gleitet – schwebt beinahe – am Rand des Übungsplatzes entlang und ignoriert dabei die Blicke der Soldaten, ihr Fokus liegt auf mir. Die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, hat etwas abgenommen. Das kommt daher, dass die Lady in ihrer Aufgabe als Hofdame aufgeht wie eine Blütenknospe im Frühling. Sie kümmert sich um die Hochzeitsplanung und legt wirklich Herzblut hinein. Manchmal bremse ich sie ein wenig, indem ich sie daran erinnere, dass es nach wie vor kein Datum gibt. Gerade vorgestern Abend tat ich dies erneut und Valess war daraufhin so aufgebracht, dass sie direkt zu Kaspian marschieren und dieses Versäumnis ausbessern wollte. Schließlich plant sie eine Sommerhochzeit. Ich hielt sie so sanft wie möglich davon ab, immerhin ist der Juni noch nicht ganz vorüber.

» Komm mit, du wirst gebraucht «, verkündet Valess, sobald sie mich erreicht hat.

» Wofür? «, will ich wissen, erhebe mich und schiebe mein Schwert an seinen Platz an meiner Seite. Meine erste Hofdame lächelt nur und winkt mir, ihr zu folgen. Mit einem leisen Seufzen komme ich dieser Bitte nach.