Hafen

722 34 2
                                    

ETWA ZWEI WOCHEN später ertönt das Klappern vieler Pferdehufe im Schlosshof

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

ETWA ZWEI WOCHEN später ertönt das Klappern vieler Pferdehufe im Schlosshof. Eine Kutsche nach der anderen fährt vor und bringt die Hochzeitsgäste in die Hauptstadt Narnias. Das Schloss erstrahlt mittlerweile in frischem Glanz. Überall wird geschrubbt und gefegt – in den goldenen Zinnen der Türme kann man sogar sein Spiegelbild betrachten. Teppiche, Wandbehänge und Vorhänge werden ausgeschüttelt und gewaschen. Die alten Ritterrüstungen, Fackelhalter, Schilde und Wappen werden ordentlich poliert und letztere werden der Tradition entsprechend an den Balkonbrüstungen befestigt. Selbst die Kamine werden entrußt. Nirgendwo ist auch nur mehr ein Staubkörnchen zu finden. In allen Zimmern stehen Vasen mit duftenden Blumen, es wird fleißig dekoriert und sowohl Ballsaal als auch Speisesaal werden für das große Fest vorbereitet. Auch der weitläufige Garten wird auf Vordermann gebracht. Das Gras ist säuberlich gekürzt, die Hecken und Büsche geschnitten, Laub aufgesammelt und zusammen mit dem Unkraut fortgebracht. Die marmornen Springbrunnen, Statuen und Bänke haben ihre ursprüngliche mattweiße Farbe zurück und man kümmert sich sogar um den nahegelegenen Hafen. Valess und ihre Gehilfinnen haben alle Hände voll zu tun und wuseln geschäftig zwischen all den Dienern und Mägden umher. Nachdem ich von meiner ersten Hofdame nach allen Regeln der Kunst in alles eingewiesen wurde – von Benimmregeln über Haltung und Tanz bis hin zu Gesprächsunterricht – und die letzte Kleidanprobe hinter mich gebracht habe, bleiben die nächsten fünf Tage für mich. Da ich aus allem Organisatorischen akribisch rausgehalten werde und Kaspian wie immer sehr viel zu tun hat, beschäftige ich mich selbst. Die meiste Zeit verbringe ich nicht einmal auf dem Übungsplatz, sondern jenseits des Flusses auf den Wiesen und in den Wäldern. Ich besuche Peericheep und die großen Mäuse, reite mich Donnerwind aus – manchmal auch mit Dalia – und kümmere mich sowohl um die Assassinen als auch um die Bewohner des Eulenwaldes. Manche von ihnen haben sich in den Wald nahe dem Schloss zurückgezogen und schließen Freundschaften mit den dort lebenden Zentauren, Satyrn und Minotauren.


Am frühen Nachmittag des dritten Tages vor der Hochzeit erwarten mich Valess und Rhea in meinen Gemächern. Nach einem ausgedehnten Ausritt mit Donnerwind habe ich Benjo auf dem Übungsplatz unterrichtet. Nun hatte ich vor, ein Bad zu nehmen und in dem Buch über die Schattenmädchen zu lesen. Valess hält mich dazu an, mich unbedingt literarisch zu beschäftigen und mich mit allerlei Werken zu Politik, Gesellschaft und Unterhaltung auseinanderzusetzen. Als gute Schülerin tue ich natürlich wie mir befohlen. Als ich nun jedoch mein Schlafgemach betrete, finde ich meine erste Hofdame und meine oberste Zofe vor meinem Schrank vor. Beide haben mindestens zwei Kleider in Händen und betrachten diese kritisch. Ich räuspere mich hörbar und ziehe eine Augenbraue hoch

» Darf ich fragen, was diese kleine Versammlung hier zu bedeuten hat? «. Die beiden werfen mir ungerührte Blicke zu und Valess deutet auf das Kleid, das über Rheas linken Arm liegt. Es ist aus dunkelrotem, etwas schwererem Stoff. Darüber liegt eine Schicht aus feinem, leicht transparentem Material, das in einem helleren Rot gehalten ist. Die Säume am Rock, den langen Ärmeln und dem Ausschnitt wurden üppig mit Goldfäden eingefasst. Das Hauptaugenmerk richtet sich allerdings auf den goldenen Leu, der dem Wappen Narnias entsprechend aufgestickt wurde.

Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWhere stories live. Discover now