Abschied

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SO KOMMT ES, dass wir uns am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück mit Lord Bern und seiner Familie zum Aufbruch bereitmachen

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SO KOMMT ES, dass wir uns am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück mit Lord Bern und seiner Familie zum Aufbruch bereitmachen. Valanya, Sanna und Elena sind gerade in mein Gemach gekommen. Während Lord Berns Töchter und ich auf dem breiten Bett sitzen, werkelt Elena emsig hier und da herum.

» Ich werde dich vermissen «, sagt Sanna rundheraus.

» Oh, ich dich auch «, meint Valanya,

» Aber wir schreiben uns, nicht wahr? «.

» Auf jeden Fall. Es wird zwar lange dauern, aber das ist besser als gar nichts voneinander zu hören «, bestätigt Sanna.

» Wir kennen uns zwar noch nicht lange, aber ich werde euch auch vermissen «, erwidere ich lächelnd und überaus zufrieden mit der Tatsache, Freundinnen gefunden zu haben. Elena hält abrupt Inne, wirft mir einen kurzen Blick zu und wendet sich rasch wieder ihrer Arbeit zu.

» Dich auch, Elena «, sage ich deshalb und ernte einen erfreuten Blick aus kugelrunden Augen

» Es ist mir eine Ehre, Lady Luna «.

» Elena «, tadle ich sanft,

» Einfach nur Luna bitte, das habe ich doch schon gesagt «.

» Aber...Lady Melian ordnet an, dass wir unsere Gäste stets höflich ansprechen sollen «, entgegnet sie hartnäckig. Sanna lacht

» Jetzt sind Seine Majestät und Luna aber bald keine Gäste mehr, also musst du sie auch nicht mehr so ansprechen «. Elena lächelt daraufhin nur scheu und sieht aus dem Fenster nach unten in den Vorhof. Ich stehe auf und tue es ihr gleich. Von hier aus kann man bis zu dem kleinen Hafen hinuntersehen. Dort sind die Matrosen der Morgenröte schon fleißig, um das Schiff bereit zum Auslaufen zu machen.

» Es ist Zeit «, murmle ich und wende mich Elena zu, die mich noch immer nicht ansieht. Kurzerhand umarme ich die Magd. Überrascht hält sie die Luft an und erwidert die Umarmung schließlich zögerlich.

» Auf Wiedersehen, Elena «, verabschiede ich mich.

» Das nehme ich wörtlich «, mischt sich Sanna ein, während sich Valanya auf ein zustimmendes Nicken beschränkt.

» Das solltest du auch «, kontere ich und die Schwestern kichern und philosophieren den gesamten Weg nach unten über ihre Reise nach Narnia. Doch sie verstummen nach und nach. In der Eingangshalle stoßen Teona und Noemi zu uns. Das kleinste Mädchen greift nach meiner Hand als wir nach draußen treten und uns anschicken, den Hang zum Hafen hinunter zu gehen.


Lord Bern und Kaspian haben sich bereits auf dem Steg eingefunden. Drinians Befehle an die Schiffsmannschaft höre ich schon lange bevor ich den Kapitän überhaupt sehe. Er ist wieder ganz und gar in seinem Element.

» Lady Luna «, grüßt mich Lord Bern und neigt den Kopf,

» Es war mir eine Freude, Euch kennenzulernen «.

» Die Freude war ganz meinerseits, Milord «, entgegne ich und lasse ihn gewähren, als er meine Hand nimmt und einen Kuss auf den Handrücken haucht. Dann richtet sich der Lord wieder auf

» Eure Majestät, ich wünsche Euch eine gute Heimfahrt und alles Gute für die baldige Ehe «. Er zwinkert uns zu und sein ehrliches Lächeln verbreitert sich noch, als Melian herbeigeeilt kommt. Auch sie verabschiedet sich von uns und drückt mir ein Stoffbündel in die Hand.

» Hier «, meint sie,

» Dieses Kleid hat Euch so gut gestanden. Seht es als Erinnerung an die Einsamen Inseln «. Die hübsche Frau umarmt mich daraufhin und raunt an meinem Ohr

» Und ein bisschen Abwechslung im Kleiderschrank der künftigen Königin kann auch nicht schaden, nicht wahr? «.

» Ich danke Euch. Für alles «, flüstere ich zurück und lasse sie los. Dann kommen die vier Töchter an die Reihe. Jede von ihnen verabschiedet sich mit einer festen Umarmung von mir und Noemi drückt mir schüchtern einen kleinen Blumenstrauß in die Hand. Letztendlich wenden Kaspian und ich uns zum Gehen, denn alle anderen sind schon an Bord. Bevor ich allerdings einen Fuß auf die Passerelle gesetzt habe, schlingen sich zwei Arme um meine Hüfte.

» Noemi! «, ruft Melian tadelnd.

» Schon gut «, beruhige ich die Mutter und gehe in die Knie, um mit der Kleinen auf Augenhöhe zu sein.

» Wann kommst du denn wieder? «, fragt sie und sieht mich treuherzig an.

» Das weiß ich noch nicht «, antworte ich ehrlich,

» Aber du und deine Familie kommt mich einmal besuchen, ja? «. Der traurige Ausdruck auf dem Kindergesichtchen verwandelt sich augenblicklich in einen strahlenden.

» Also dann, mach's gut und pass gut auf deine Schwestern auf «, sage ich, Noemi nickt eifrig und gibt mich frei. An Deck erwartet mich Kaspian bereits. Er legt lächelnd einen Arm um mich und zieht mich an sich.

» Klar zum Ablegen! «, bellt Drinian und die Morgenröte bewegt sich langsam aus dem Hafen – mit der Ruderkraft der Männer. Erst als wir auf offener See sind, werden die Segel ausgerollt. Die winkenden Gestalten auf dem Steg werden immer kleiner und verschwinden schließlich gänzlich.

» Bald sind wir zu Hause «, meint Kaspian und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.


In der folgenden Nacht finde ich keinen Schlaf und drehe mich in meiner Hängematte nur von der einen auf die andere Seite. Mit einem leisen Seufzen stehe ich auf und trete mit verschränkten Armen an das große Bullauge. Beim Anblick des glitzernden Wassers kommt mir eine Idee. Ich trete an Kaspians Lager. Er schläft tief und ruhig. Ich hauche ihm mit den Worten

» Keine Sorge, ich bin bald zurück « einen Kuss auf die Stirn. Ohne meinen Schwertgürtel anzulegen, mache ich mich leise auf den Weg an Deck. Die gewohnte, salzige Brise schlägt mir entgegen und macht mir bewusst, dass das Meer wirklich ein Teil von mir ist. Mit wenigen Schritten trete ich an die Reling und schaue auf die dunkle Oberfläche hinab, die das Schiff durchschneidet. Die See rauscht vor sich hin und kleine Wellen branden an den Rumpf der Morgenröte. Leise suche ich nach der Stelle, an der die Beiboote zu Wasser gelassen werden, denn dort sind kleine Trittleitern außen an der Bordwand befestigt. Bald habe ich eine solche gefunden, werfe noch einen prüfenden Blick zu den Matrosen und schwinge mich über die Reling. Meine Füße finden Halt und vorsichtig hangle ich mich hinab. Die Sprossen der Leiter sind nass und glitschig. Dann tauche ich langsam ins Wasser ein. Es schwappt kühl an meine Haut. Immer weiter lasse ich mich hineingleiten – natürlich darauf bedacht, mich trotzdem an dem gemächlich dahintreibenden Schiff festzuhalten. Mit einem tiefen Atemzug lasse ich los und tauche entschlossen ganz unter.

Die Reise des Löwen | Eine narnianische GeschichteWhere stories live. Discover now