Styles hakt nach

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„Tomlinson, kommen Sie doch bitte mal in mein Büro." Harry sah Louis kurz an, der eben an dessen offener Tür vorbeigelaufen war und lehnte sich erwartungsvoll in seinem Stuhl zurück. Louis betrat den Raum und schloss die Tür leise hinter sich, dann blieb er zwei Meter von Tisch entfernt stehen und sah Harry unsicher an. Der Arzt kramte in einem Stapel Unterlagen und förderte einen Briefumschlag zu Tage, den er auf den Tisch legte. „Wenn Sie näherkommen würden, dürften Sie den Umschlag sogar aufmachen. Er ist für Sie", sagte Harry und legte die Fingerspitzen zusammen. „Für mich? Wieso bekommen Sie meine Post?", fragte Louis und setzte sich vor den Schreibtisch. „Weil es an mich adressiert war, aber es betrifft Sie. Also machen Sie schon auf." Der Umschlag war dick und schwer und als Louis den Absender sah, riss er ihn hastig auf.

Dr Ritz

Herz Jesu Krankenhaus

Köln

Rasch überflog er die ersten Zeilen des Schreibens und sah dann strahlend zu Harry auf: „Ich hab den offiziellen Arbeitsvertrag für zwei Semester in Deutschland bekommen...man hat mich wirklich genommen." - „Natürlich hat man das. Nach meinem Empfehlungsschreiben blieb Dr Ritz auch nichts anderes mehr übrig, das können Sie mir glauben. Wann können Sie denn anfangen?", fragte er und blickte ihn stolz und neugierig an. Louis überflog das Schreiben nochmals, bis er das Datum gefunden hatte, dann sagte er: „Am 4 September...Das ist ja schon in etwas mehr als 8 Wochen." - „Dann suchen Sie am Besten sofort nach einer Wohnung oder kontaktieren das Krankenhaus. Vielleicht haben die dort auch so etwas wie ein Schwesternwohnheim, in dem Sie unterkommen können." Er nickte und stand, auf, doch Harry hob die Hand: „Warten Sie, ich habe noch eine Frage." Er klang merkwürdig ernst dabei und Louis ahnte schon, dass er jetzt irgendwie auf einen Fehler aufmerksam gemacht wurde. Harry lehnte sich ein wenig vor und sah ihn direkt an, dann sagte er: „Habe ich dir irgendetwas getan?" Mit einer solchen Frage hatte Louis nicht gerechnet und war dementsprechend verdutzt. „Ähm nein, ich denke nicht. Wieso fragen Sie?" - „Lass das Sie bitte weg. Diese Frage ist privat", sagte Harry ganz ruhig und Louis nickte schnell. „Nein, du hast mir nichts getan, wieso fragst du?" - „Ich bin mir nicht sicher, vielleicht bilde ich mir das nur ein. Aber normalerweise kann ich mich auf meine Menschenkenntnis verlassen. Ich werde den Eindruck nicht los, dass du dich zurückziehst und versuchst, den Kontakt zu mir zu vermeiden." Louis senkte den Blick. Er hatte es also bemerkt. Was sollte er jetzt sagen? Ja, das liegt daran, dass ich mich in dich verliebt habe? Nein, das ging ja wohl schlecht. Er musste sich etwas anderes ausdenken. „Also, habe ich recht? Wieso ziehst du dich zurück? Falls ich dich beleidigt haben sollte, dann tut es mir Leid. Du bist der beste Assistent, den ich jemals hatte, ich möchte nicht, dass du aus irgendeinem Grund wütend auf mich bist." Louis schluckte. Das Kompliment ließ sein Herz schmelzen und er wurde rot. Gleichzeitig machte es ihm seine Antwort noch schwerer und er fummelte nervös an seinen Unterlagen herum. Dann beschloss er einfach drauf loszuplappern und sagte. „Ich bin nicht böse auf dich. Du hast mir hier eine ganze Menge beigebracht und dafür bin ich dir unglaublich dankbar, weißt du? Aber ich weiß, dass ich in wenigen Wochen hier weggehen werde und ich bin wirklich schlecht darin, Abschied zu nehmen. Ich glaube ich habe mich unbewusst einfach schon ein bisschen zurückgezogen, damit der letzte Tag nicht ganz so schwer werden...das hat mit dir persönlich nichts zu tun."

Oh doch das hatte es und das wusste Louis ganz genau.

Harry nickte nur langsam und lächelte, bevor er sagte: „Hör zu Louis. Abschiede sind nie leicht. Vor allem nicht, wenn man eine sehr intensive Zeit miteinander verbracht hat, wie wird das in diesem halben Jahr getan haben. Mir wird es auch schwerfallen, dich nach Deutschland abzugeben und mich wieder mit einem neuen Assistenten zusammenraufen zu müssen, das kannst du mir glauben. Aber wer weiß, ob wir uns vielleicht eines Tages wieder sehen. In unserem Beruf ist das ja nicht ausgeschlossen und ich bin mir ziemlich sicher, dass aus dir ein sehr guter Arzt wird. Du bist neugierig und interessiert und wenn du an die richtigen Leute gerätst und dich gut anstellst - was du zweifelsohne tust - dann könntest du dein Ziel erreichen. Du willst doch immer noch der Beste werden, oder?" Louis nickte und schluckte. Harry machte es ihm wirklich ganz und gar nicht leicht, die Distanz zu wahren. Wenn das hier ein kitschiger Film wäre, dann müsste er Harry jetzt küssen und ihm seine Liebe gestehen.

Aber das war kein Film und er war sowieso nicht mutig genug dazu. Also holte Louis nur tief Luft und sagte: „Danke, dass du das so siehst Harry." Harry lächelte und beide erhoben sich.

In dem Moment klopfte es an der Tür. „Ich mache auf. Ich muss sowieso gleich nochmal zur Visite", sagte Louis und drückte die Klinke herunter.

Vor der Tür stand die blonde Frau von dem Foto!

Sie sah Louis kurz an, lächelte und blickte dann in den Raum hinein. „Harry!", sagte sie und strahlte, ging schnurstracks an Louis vorbei und umarmte den Arzt. „Was machst du denn hier?", fragte Harry und drückte sie fest an sich. „Ich war gerade auf dem Weg nach London und dachte, ich könnte dich und Lou besuchen." Louis hielt kurz inne. Wieso wollte diese Frau zu ihm? „Ich muss doch unbedingt Lou's Baby kennenlernen. Mum wollte eigentlich auch mitkommen, aber sie hat nicht freigekriegt", erzählte die Frau und setzte sich auf den freien Stuhl, auf dem Louis bis eben noch gesessen hatte. Ah, sie sprach von dieser Louise. „Schade, ich hätte Mum gerne mal wieder gesehen", seufzte Harry und die Frau rügte ihn: „Dann solltest du dich mal wieder Zuhause blicken lassen. Ich bin die einzige, die ab und zu zu Besuch kommt. Mum findet das glaube ich nicht sonderlich lustig."

Diese Frau war Harrys Schwester, schoss es Louis durch den Kopf und er trat mechanisch aus dem Büro und schloss die Tür hinter sich. Seine Hand zitterte, als er sich damit übers Gesicht fuhr und den Umschlag aus Deutschland fest an sich presste.

Das Wissen, dass Harry Styles nun also weder ein Kind, noch eine Partnerin hatte, kam wirklich zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Der Mann, den er so gerne haben wollte, war also frei. Verdammt das war gemein.

Er hatte jetzt schon Angst vor dem letzten Tag, wenn er sich von dieser Chance würde verabschieden müssen. Das würde ihm so schwer fallen.

Six Months • Part IWhere stories live. Discover now