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Harry brachte Louis noch nach Hause, verzichtete dieses Mal aber darauf die Wohnung zu betreten und so verabschieden sie sich im Auto. Louis gab ihm ein wenig unsicher die Hand, weil er nicht ganz wusste, wie er sich denn nun genau von ihm verabschieden sollte. Eine Umarmung schien zu viel zu sein, ein Handschlag zu wenig. Wieso gab es nichts dazwischen?

Darüber grübelte er nach, während er die Treppe hinauf in den zweiten Stock stieg. Jede zweite Stufe knarrte, ansonsten war es still im Haus, denn auch der Imbiss hatte um diese Uhrzeit längst geschlossen.

Leise schloss Louis die Tür auf und tastete nach dem Lichtschalter. „Aha, das hat aber lange gedauert. Wart ihr noch was trinken?" Niall saß am Küchentisch und Louis fuhr zusammen, als er ihn sah: „Man, wieso bist du noch wach? Musst du mich so erschrecken?", zickte er ihn an und lehnte sich von innen gegen die Wohnungstür. Sein Herz raste. „Na ich musste doch sichergehen, dass er dich heil wieder nach Hause bringt. Hinter jedem noch so normalen Menschen kann sich ein Psycho verbergen. Womöglich hätte er dich sonst gefesselt und in seinen Keller gesperrt und niemand hätte es je bemerkt." Verständnislos sah Louis seinen Mitbewohner an und zeigte ihm dann den Vogel: „Hast du sie noch alle? Was hast du denn für nen Film gesehen, dass du auf solche Ideen kommst?", fragte er, doch Niall lachte. „Ich verarsch dich nur. Ich hatte eigentlich darauf gehofft, zu sehen, wie ihr knutschend durch die Tür fallt." Für diesen Satz musste Niall dem Schlüsselbund ausweichen, den Louis nach ihm geworfen hatte. Leider schaffte er es nicht ganz und das Metall streifte seine Schläfe, die natürlich sofort anfing zu bluten. „Och Lou, musste das sein? Na toll...haben wir ein Pflaster hier?", fragte Niall und drückte sich den Handballen gegen die Schramme. „Sorry, das wollte ich nicht", entschuldigte sich Louis schnell und begann die Küchenschubladen zu durchwühlen. „Was wolltest du nicht? Mich mit deinem Schlüssel bewerfen? Das sah aber irgendwie nicht so aus", jammerte Niall und Louis unterbrach ihn: „Nein, ich wollte dich nicht verletzen....scheiße wir haben kein Pflaster. Welche Ärzte haben denn kein Pflaster in ihrem Haushalt!?" - „Vermutlich mehr, als man denkt. Heißt es nicht immer auch: der Schuster hat die schlechtesten Schuhe?" Kopfschüttelnd ging Louis in sein Zimmer, stieg über den Kram, den Niall vorhin noch aus der Küche geräumt hatte und fand auf dem Schreibtisch endlich das, wonach er suchte. Kein Pflaster zwar, aber eine Packung Taschentücher und eine Rolle Tesafilm.

Mit einem provisorischen Taschentuch-Tesafilm-Pflaster auf der Schläfe, saß Niall wenig später auf dem Badewannenrand und ließ sich von Louis die Blutspuren entfernen. „Tut mir Leid was ich gesagt habe, aber du und Styles....man ihr würdet so gut zusammenpassen. Kapier das doch endlich", sagte er und zog eine Schnute. „Ich weiß aber nicht, ob er schwul ist und ich werde ihn garantiert nicht danach fragen. Das käme ja rüber, als sei ich total...untervögelt und hätte es nötig." - „Hast du ja auch..." - „Niall, noch ein Wort und du kannst dich allein verarzten!" Der Ire seufzte und schwieg einige Augenblicke, sodass Louis schon fast dachte, gewonnen zu haben. Er wusch den Waschlappen mit warmem Wasser aus und wandte sich dann zu Niall um, der ihn jetzt anstrahlte und ganz begeistert sagte: „Okay, jetzt sag mir die Wahrheit: du findest ihn attraktiv, oder? Dir sind vorhin beinah die Augen aus dem Kopf gefallen, als du ihn gesehen hast. Gib es zu." Weil sie sich einfach zu lange kannten und es unmöglich war, vor Niall etwas zu verbergen, nickte Louis: „Ja, er sieht wirklich gut aus. Und wenn er nicht mein Mentor wäre, dann würde ich ihn sicherlich angraben." Dass er genau das schon an seinem ersten Tag im Bus getan hatte, verschwieg er. Mit einem Händeklatschen stand Niall auf und ging in dem kleinen Badezimmer hin und her. „Gut. Was hältst du davon: ich versuche hintenrum herauszufinden, ob dein Mentor vergeben, hetero, schwul, verwitwet oder sonst was ist und wenn sich zeigen sollte, dass du einen schwulen Single als Chef hast, dann wirst du nett zu ihm sein und wenn dieses halbe Jahr vorbei ist, kannst du ihn um ein Date bitten. Dann ist er nicht mehr dein Boss, ihr würdet also nichts Verwerfliches tun und alle wären glücklich. Einschließlich mir, weil ich alles eingefädelt habe." Er legte den Kopf schief und blinzelte Louis an, wobei er aussah wie ein Hundewelpe, das um ein Leckerli bettelte. „Guuut", sagte Louis langsam und hob die Hand um Niall daran zu hindern, loszujubeln, denn er war noch nicht fertig mit seinem Satz: „und WENN sich herausstellen sollte, dass Harry vergeben oder nicht an Männern interessiert ist, dann..."

„Harry? Ihr duzt euch?"

„Nur privat."

„Ooooooh!"

„Niall! Also; wenn er nicht an Männern interessiert ist, dann will ich von dir kein Wort mehr darüber hören, was wir denn für ein nettes Paar abgegeben hätten. Ist das klar?"

Sie sahen sich einen Moment an, dann seufzte der Ire, nickte langsam und straffte die Schultern. Mit ausladender Geste streckte er Louis seine Hand entgegen: „Schlag ein, dann gilt es. Ich verspreche auch, dass ich nicht indiskret sein werde. Auch wenn ich nicht so aussehe, aber ich kann durchaus auch im Geheimen arbeiten." - „Du klingst, als würden wir hier ein Mordkomplott planen", stellte Louis fest und kicherte. „Schlag ein, Kumpel", forderte Niall ihn nochmals auf.

Und so standen die beiden Freunde an einem Samstagmorgen um 3 Uhr in dem kleinen Badezimmer ihrer Wohnung und beschlossen, herauszufinden, wie es um die Gefühlswelt von Dr Harry Styles stand.

Six Months • Part IWhere stories live. Discover now