Rolling Stones

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„Bier gabs nicht. Seltsam, wo wir doch auf einem Rockkonzert sind", sagte Louis, als er sich neben Dr Styles auf seinen Platz setzte und reichte ihm vorsichtig den Becher, der so voll war, dass er bei der kleinsten Bewegung drohte, überzulaufen. „Danke." Der Arzt nahm einen Schluck, sah Louis dann einen Moment an und meinte dann: „Was halten Sie davon, wenn wir das förmliche Sie beiseite schieben? Wir sind immerhin privat hier. Ich bin Harry."

Louis hörte Niall förmlich in seinem Kopf jubeln.

Er hielt ihm die Hand hin und Louis schüttelte sie. Vielleicht war es jetzt etwas entspannter zwischen ihnen. „Louis, freut mich sehr." Auch Harry schien erleichtert zu sein, denn er lehnte sich seufzend zurück: „Immer diese Förmlichkeiten. Ich bin ja schon froh, dass du mich vorhin nicht mit Doctor angesprochen hast. Wenn ich Privat unterwegs bin, komme ich mir dann immer so alt vor. Dabei bin ich doch erst 34." Mit gehobenen Augenbrauen fügte er noch hinzu: „Aber im Krankenhaus siezen wir uns bitte wieder, ja? Immerhin bin ich dein Vorgesetzter und unser Chefarzt sieht so etwas gar nicht gern. Er befürchtet, dass dann die Professionalität verloren geht." - „Klar, kein Problem", gab Louis zurück und hob seinen Becher: „Prost" Sie stießen miteinander an und ließen dann die Blicke über das Publikum schweifen, das sich im unteren Bereich der Konzerthalle vor der Bühne drängte. „Also ich bin ja ganz froh, dass wir hier oben sitzen", meinte Harry irgendwann und schlüpfte aus seiner Lederjacke, denn hier war es warm. „Ich will nicht wissen, was da unten für eine Hitze herrscht. Sicherlich ist das wie in einem Hochofen, so eng, wie die Leute beieinander stehen. Und man kommt später schneller wieder aus der Halle. Immerhin müssen wir ja heute auch noch zurückfahren." Er legte die Jacke unter seinen Sitz „Bist du eigentlich schon lange Stones Fan?" Früher oder später musste diese Frage ja kommen und Louis verfluchte Niall innerlich dafür, dass er ihn in diese Situation gedrängt hatte. Er könnte jetzt natürlich einfach eine Geschichte erfinden, aber sicherlich würde Harry ihn dann fragen, was sein Lieblingsalbum war und da Louis kein einziges benennen konnte, blieb er bei der Wahrheit. „Tatsächlich finde ich ihre Musik ganz gut, aber als Fan würde ich mich jetzt nicht bezeichnen." Verwirrung machte sich auf Harrys Gesicht breit und er sah Louis an: „Wieso hat Niall dann gesagt, dass du so ein Fan bist?" - „Ach, Niall übertreibt gerne mal. Ich mag die Musik wie gesagt sehr gerne und das hat er einfach ein bisschen zu euphorisch verpackt." Am Gesichtsausdruck von Harry war deutlich zu erkennen, dass er ihm diese Ausrede nicht ganz abnahm und er war sicher, dass er noch etwas genauer nachgefragt hätte, wenn nicht in diesem Moment das Licht in der Halle ausgegangen wäre und das Konzert begann.

Die Stones waren unglaublich. Louis hatte vollkommen vergessen, dass die Männer auf der Bühne ja alle schon über 60 Jahre alt waren. Sie bewegten sich fit und ausdauernd und der Sound, den sie aus ihren Instrumenten holten, war hervorragend. Harry genoss das Konzert in vollen Zügen und schien dabei vollkommen zu vergessen, dass Louis neben ihm saß. Vielleicht war es ihm auch egal, denn er sang lauthals mit, ging vollkommen in der Musik auf und headbangte, wenn es sich ergab. Peinlich schien ihm nichts davon zu sein und Louis bewunderte ihn dafür. Ihm selbst fiel es schwerer zu vergessen, dass er sich neben seinem Chef befand und so konnte er sich leider nicht so fallen lassen, wie er es gerne getan hätte. Er beobachtete Harry immer wieder verstohlen von der Seite: unglaublich, wie anders er wirkte, wenn er nicht in der Krankenhauskluft steckte. Fast schien es so, als ob hier eher ein Zwillingsbruder von Dr Styles saß und die Musik genoss.

Zweieinhalb Stunden später war die Show vorbei und Louis und Harry müde aber glücklich. Die Musik war toll gewesen und die Stimmung unglaublich. Obwohl sie sich ab und zu auf ihre Plätze gesetzt hatten, war Louis vollkommen durchgeschwitzt und das Shirt klebte ihm am Rücken. Auch Harry schien es nicht anders zu gehen, denn er zog seine Jacke nicht einmal an, als sie wieder hinaus in die kalte Abendluft traten, um zum Parkhaus zu gehen. „Das war unglaublich. Es lohnt sich doch, ab und zu ein bisschen mehr Geld zu investieren", seufzte er und strahlte Louis an, dem siedend heiß einfiel, dass er sein Ticket ja noch gar nicht bezahlt hatte. „Was kriegst du denn eigentlich für die Karte?" - „Gib mir 30₤, dann sind wir quitt", sagte Harry und zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche. „30?", Louis zog sein Ticket aus der Tasche, um den Preis nochmal zu checken, doch er war nicht aufgedruckt. Er musste sich also wohl oder übel darauf verlassen, was Harry sagte. „Die Karten waren aber sicherlich teurer...komm, sag mir bitte den Preis, dann zahle ich es dir." Harry, der mittlerweile seine Parkkarte gefunden hatte, klemmte sich den Autoschlüssel zwischen die Zähne und fing an im Geldbeuteln nach Münzen zu kramen. „17₤ für zweieinhalb Stunden, die haben doch echt eine Meise", grummelte er und sah den Automaten so böse an, dass sich Louis nicht wundern würde, wenn dieser vor Schreck spontan den Preis gesenkt hätte. „Dann lass mich wenigstens die Parkgebühren bezahlen, wenn du mir schon nicht sagst, was die Karte in Wirklichkeit gekostet hat." Und mit diesen Worten, schob sich Louis kurzerhand an Harry vorbei und fütterte den Automaten mit Münzen. „Meinetwegen", brummte Harry, grinste aber amüsiert und schnappte sich die Parkkarte, als sie wieder ausgespuckt wurde. „Jetzt müssen wir nur noch das Auto finden."

Den Wagen fanden sie dann doch relativ schnell, brauchten aber noch fast eine halbe Stunde, bis sie aus dem Parkhaus kamen, denn alle Konzertbesucher waren nun auf dem Weg nach Hause. Es fing an zu regnen, als sie hinaus auf die Straße fuhren und Harry schaltete seufzend den Scheibenwischer ein: „Schade, schönes Wetter hätte den Abend gut abgerundet. Aber gut, da können wir nichts daran ändern." Louis störte es nicht, dass es wie aus Eimern schüttete. Ihm hatte der Abend gut gefallen und das Wetter änderte daran rein gar nichts.

Six Months • Part IWhere stories live. Discover now