33-May

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Wer auch immer beschlossen hat, unsere abendliche Ruhe zu stören, klingt nach wie vor Sturm, während ich mich mit schnellen Schritten auf den Weg mache. Unaufhörlich hallt das Geräusch der Glocke durch das Haus und bewirkt, dass ich immer genervter werde. „Ich komme schon.", schreie ich so laut ich kann, doch noch immer bleibt der Störenfried konsequent.

Ich bleibe vor dem Eingang stehen und greife nach dem Baseballschläger, der zuvor unachtsam auf die Kommode direkt neben den Kleiderhaken gelegt wurde. Die andere, freie Hand lege ich auf den kühlen Türgriff aus Messing und atme tief durch. Auf der anderen Seite des Holzbretts ruft jemand meinen Namen und bewirkt, dass mein Herz förmlich in meine Füße rutscht.

„Was willst du, Brendon?", fahre ich den Störenfried an, sobald ich die Tür schwungvoll aufgerissen habe. Der Mann vor mir sieht von der Klingel, auf der er noch immer einen Zeigefinger platziert hat, auf und blickt mir direkt in die Augen. Ein verschmitztes Lächeln zeichnet sich schlagartig auf seinen Lippen ab und er fahrt sich durch die nach hinten gegelten Haare.

Brendon lehnt sich zu mir und haucht: „Da bist du ja endlich, Baby." Allein an der lallenden, undeutlichen Art, wie er den Satz ausspricht, bemerke ich, dass er Alkohol in seinem System haben muss. Der stechende Gestank von einer Mischung aus Wodka und Tequila, der mir durch seinen offenen Mund in die Nase steigt, bestätigt nur noch meinen Verdacht.

„Ich habe dich wirklich wirklich wirklich vermisst.", murmelt er und streckt beide Arme zur Seite, als würde er mich umarmen wollen. Er macht einen Schritt auf mich zu und will über die Türschwelle, die mich noch einigermaßen in Sicherheit behält, treten. Blitzschnell reagiere ich, indem ich eine Hand auf seiner von einem schwarzen Hemd bedeckte Brust platziere und ihn nach hinten stoße. Natürlich wird Brendon von seinen zwei Bodyguards, die mir erst jetzt auffallen, davon abgehalten, tollpatschig auf dem Boden landet.

Sein übertrieben lautes Lachen hallt durch die Nacht und er zeigt mit einem Finger auf mich. „Du bist heute anscheinend schon wieder nicht nett. Ich mag es nicht, wenn du unnett bist.", lallt er und runzelt die Stirn. „Ist unnett überhaupt ein Wort? Falls nein, wäre das wirklich peinlich.", überlegt er laut, bevor er wieder losprustet.

„Es ist kein Wort, das in einem Wörterbuch steht.", lasse ich ihn genervt wissen und verschränke meine Arme, wodurch der Baseballschläger in meiner Hand zum Vorschein kommt. Ich lehne mich gegen die geöffnete Tür, bevor ich wiederholt frage: „Was willst du, Brendon? Wieso bist du hier und könntest du bitte wieder verschwinden?"

Seine betrunkene Seite kommt zum Vorschein, als er die Unterlippe über die obere schiebt und schmollt: „Willst du mich etwa nicht sehen?" „Nicht unbedingt, nein.", antworte ich ihm ehrlich, erst nachdem ich diese Worte ausgesprochen habe und zusehe, wie sich sein Gesichtsausdruck zu einem sehr wütendem verändert, wird mir bewusst, in welche Gefahr ich mich begeben habe.

„Falsche Antwort, Baby.", raunt Brendon und geht wieder auf mich zu, dieses Mal begleitet von beiden Bodyguards. Sein Gang ist torkelnd und beinahe stürzt er über die einzelne Stufe, die zu der Eingangstür und somit auch zu mir führt. Mit dem Zeigefinger zeigt er direkt auf mich und setzt fort: „Ich weiß, dass du mich willst. Gib es endlich zu und verlasse diese peinliche Witzfigur mit einem Hang zu Psychosen."

„Ich werde Harry, den ich ganz nebenbei liebe, sicher nicht für einen gewalttätigen Boss eines riesigen Drogenhandels mit einem Hang zur Idiotie verlassen.", kontere ich und mache einen Schritt nach hinten. Ich lege eine Hand auf die innere Türklinke, um dem nervenden Besuch ein Ende zu setzen, und schließe wie in Zeitlupe die Tür. „Gute Nacht, Brendon. Geh nach Hause und schlafe ein wenig, sonst wird der Kater noch schlimmer."

Ein Fuß quetscht sich plötzlich zwischen Rahmen und Tür, bevor ich diese in das Schloss fallen lassen kann. Einer der zwei großen, starken Männer drückt die Holzplatte wieder in meine Richtung, sodass ich durch den Schwung nach hinten stolpere.

„Aber ich liebe dich doch, May Richards. Verstehe doch endlich, dass der Psycho nicht gut genug ist für dich.", ruft Brendon aufgebracht und stürzt auf mich zu. Rein aus Reflex fange ich ihn mit beiden Armen auf, bevor der den Boden direkt vor mir küssen kann. Mit gekrümmter Wirbelsäule schmiegt er sein Gesicht an meine Brust, haucht schmatzend zahlreiche Küsse auf den Stoff, der meine Haut bedeckt. Zwischendurch murmelt er: „Ich liebe dich. Liebe mich auch so sehr, bitte."

Ich ziehe ihn mühsam hoch, damit ich ihm in die Augen sehen kann. „Brendon, du bist betrunken und kannst nicht klar denken. Geh nach Hause und schlaf deinen Rausch aus.", weise ich ihn mit einem Ton an, der ihm verständlich machen sollte, dass ich es ernst meine. Ich klopfe ihm aufmunternd auf die Schultern und wende mich an seine Bodyguards: „Bitte bringt ihn zu seiner Villa und legt ihn einfach in eines seiner Betten."

„Nicht ohne dich.", raunt Brendon, bevor er schneller, als ich ihm es in einem betrunkenen Zustand zugetraut hätte, beide Hände auf meine Wangen legt und meinen Kopf zu seinem zieht. Er drückt seine Lippen gewaltvoll auf meine, seine Finger, die sich in meine Haut krallen, halten mich in Position.

Von der Ferne höre ich, wie mein Name gerufen wird und ich brauche einige Sekunden, um zu realisieren, dass nicht Brendon derjenige ist. Dieser löst sich im gleichen Moment von mir, sein Blick gleitet hinter mich und ohne mich umzudrehen, weiß ich, dass Harry sich einige Schritte hinter mir befindet. Ich schließe meine Augen und will zu einem typischen „Es ist nicht das, wonach es aussieht" ansetzen, als der betrunkene Mann vor mir zuvorkommt: „Da ist ja der unnötige Psycho. Wäre es möglich für dich, May zu verlassen, damit sie endlich zu mir kriecht?"

„Könntest du mit dieser Scheiße aufhören und nicht auch noch meine Verlobte küssen? Sie gehört zu mir, also Finger weg.", raunt Harry, während seine schweren Schritte hinter mir ertönen. Ich spüre eine seiner großen, warmen Hände an meiner Hüfte, bevor er fortsetzt: „Ich werde es übrigens nicht noch einmal dulden, dass du mit May so respektlos umgehst."

Ein betrunkenes, von Schluckauf geprägtes Lachen ertönt und Brendon richtet sich kerzengerade auf. „Du bist echt süß, wenn du dich um sie sorgst. Aber du solltest wirklich endlich bemerken, wie sinnlos dein Leben eigentlich ist. Ich kann May alles geben, angefangen bei Geld, endend bei der Liebe, die sie verdient.", nuschelt er und stützt sich an dem Türrahmen ab, sein Gleichgewichtssinn deutlich beeinflusst durch den Alkohol, den er zuvor zu sich genommen hat. Seine freie Hand streckt er nach mir aus und fügt hinzu: „Komm mit mir, ich werde dir zeigen, was es heißt, von jemandem mit all seinem Herzen geliebt zu werden."

„Nein danke, ich bleibe liebend gerne bei meiner peinlichen Witzfigur.", lehne ich sarkastisch grinsend ab und drücke dieses Mal kraftvoller die Tür zu. Doch Brendon bleibt hartnäckig und geht auf mich zu. Er breitet seine Arme aus und schreit: „Du wirst mir gehören!"

Schnell hebe ich meinen Baseballschläger und stoße Brendon mit der abgeflachten Spitze gegen die Brust, sodass er nach hinten gegen seine Bodyguards fällt. Ich schmeiße mit voller Kraft die Tür zu und schließe diese sofort doppelt ab, treffe alle Sicherheitsvorkehrungen, damit er nicht mehr in das Haus eindringen kann.

„Das wird ein Nachspiel haben, May Richards. Jemand wird dafür bluten.", höre ich seine Stimme, begleitet von einem bösen Lachen, das mir beweist, wie sehr er es ernst meint.

Unfreeze / h.sDonde viven las historias. Descúbrelo ahora