07-May

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Liam Payne: Ab wann bist du heute wieder zu Hause? Hast du dann Lust auf etwas Gesellschaft von mir? ;)

Als ich die Nachricht auf dem Display meines Handys sehe, kann ich nicht verhindern, dass ich die Augen verdrehe. Ich stecke das Gerät in meine Jackentasche, um in mein Auto einzusteigen und denke währenddessen über eine Antwort nach. Schließlich sitze ich auf dem Fahrersitz und hole wieder das Telefon hervor. Mein Daumen schwebt kurz über dem Knopf, durch den ich Liam anrufen würde, und drückt ihn schließlich auch. Nachdem ich mir das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt habe, schnalle ich mich an und starte den Motor. Ich parke aus der Parklücke aus und begebe mich auf die beinahe leere Straße. Kein Wunder, welcher normale Mensch würde auch um zwei Uhr nachts in einem Industriegebiet herumfahren?

„Was ist los, May?", ertönt endlich Liams Stimme und ich stoße erleichtert die Luft, die ich nach dem vierten Läuten angehalten habe, aus. Da ich bei einer roten Ampel stehenbleiben muss, drücke ich auf den Lautsprecher-Knopf, wodurch mein ganzes Auto von dem Klang, der durch ihn erzeugt wird, erfüllt wird. Ich höre das Klirren von Geschirr, wodurch ich mich wundere, was er so spät noch kocht, und antworte: „Ich muss mit dir über etwas reden."

Es entsteht Stille, da er darauf wartet, dass ich fortsetze. Nervös fahre ich mir durch die Haare, in meinem Kopf versuche ich, meine Bitten möglichst nett zu formulieren. Schließlich räuspere ich mich und fordere: „Ich will, dass du mir meinen Hausschlüssel wieder zurückgibst." Da Liam noch immer nichts sagt, füge ich hinzu: „Außerdem wirst du mich nicht mehr besuchen oder mir Gesellschaft leisten, wie du es nennst."

Ich höre, dass er laut seufzend ausatmet und ich kann mir vorstellen, dass er sich mit der freien Hand über sein Gesicht fährt. „Wieso genau? Wir haben doch Spaß miteinander.", will er wissen. Blitzschnell antworte ich: „Harry kommt zurück."

„Findest du wirklich, dass das eine gute Idee ist? Es geht ihm gut in der Klinik und du hast viel zu viel Scheiße am Dampfen, als dass du dich richtig um ihn kümmern kannst.", spricht Liam meine Bedenken laut aus, wodurch mir der Atem in der Luftröhre stecken bleibt. Ich spüre, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildet und wie meine Augen beginnen zu brennen. Mit einer Hand lasse ich das Lenkrad los und kneife mir in den Oberschenkel, um mich vom Weinen abzuhalten.

Ich blinzele schnell die Tränen, die sich dennoch gebildet haben, weg und versuche, meine schlechten Gedanken zu verdrängen. Ja, Liam hat Recht. Ich habe sehr viel Mist gebaut in dem Jahr, in dem Harry nicht bei mir war. Sogar so viel, dass es ihm Schaden anrichten könnte, wenn er wieder entlassen wird. Trotzdem kann ich ihn nicht weiterhin in der Klinik leiden lassen und vielleicht bin ich egoistisch, wenn es mir egal ist, ob er geringfügig verletzt werden könnte, oder nicht. Ich will ihn wieder bei mir haben.

„Sein Therapeut hat gesagt, dass Harry sich gebessert hat und seine Stimmungsschwankungen unter Kontrolle hat. Der letzte Rückfall liegt vier Monate zurück und dieser ist auch nur passiert, weil er seine Medikamente nicht eingenommen hat. Das heißt, dass er weiterhin Pillen schlucken und zur Therapie gehen muss, dann ist alles wieder gut.", erkläre ich Liam, während ich in die Straße einbiege, an der sich mein Haus befindet. Schon von Weitem sehe ich den weißen Range Rover, der in dem Licht der Straßenlampe erstrahlt. An dem Fahrzeug ist eine Person gelehnt, komplett in schwarz gekleidet, lediglich die goldenen Stiefeletten stechen heraus. Unwillkürlich hebe ich meinen Fuß von dem Gaspedal leicht an, um das Tempo zu verringern. Ich richte mit einer Hand mein Handy, während Liams Stimme durch diese ertönt: „Ich denke noch immer, dass er gefährlich ist. Er ist verrückt nach dir, du hättest sehen müssen, was er aufgeführt hat, nur, weil er dich vermisst hat und dich sehen wollte. Meiner Meinung nach wäre eine Entlassung aus der Klinik keine gute Idee."

Immer langsamer nähere ich mich meinem Haus und somit auch dem weißen Auto, an das eine gewisse Person gelehnt ist. Diese wird von dem Scheinwerfer meines Fahrzeugs angeschienen und meine schlimmsten Vermutungen werden wahr. Ich schlucke hart und versuche mich abzulenken, indem ich mich Liam widme und argumentiere: „Harry ist nicht gefährlich, er ist lediglich traumatisiert, wodurch er sich schlecht unter Kontrolle hat. Aber, wie ich schon gesagt habe, nimmt er Medikamente dagegen und wenn ich auf ihn aufpasse, wird er kein einziges Mal seine Pillen vergessen." „Du verstehst nicht, was ich meine. Das einzige, das du im Kopf hast, ist der Mann, den du liebst. Kleine Meldung: Er hat sich verändert, er ist gefährlich.", redet mein Gesprächspartner in Rage und wird von Wort zu Wort ein klein wenig lauter, bis er mich schließlich anschreit.

„Ich denke, dass du einfach eifersüchtig bist, weil ich keine Zeit mehr für dich haben werde, sobald Harry zu Hause ist. Du wirst nicht mehr mitten in der Nacht zu mir kommen können, weil du ‚kuscheln' willst.", fahre ich ihn an und parke schlussendlich mein Auto hinter den weißen Range Rover. Noch immer bewegt sich die Person nicht, lediglich ihr Kopf hat sich zu mir gewendet. Ich blicke in das Gesicht, das ich so sehr verabscheue, und füge an Liam gerichtet hinzu: „Falls du denkst, dass ich nicht mitbekomme, was du von mir willst, hast du dich gewaltig getäuscht. Du kommst einfach nicht darüber hinweg, dass ich Harry nicht betrügen will."

Ich höre, wie er gehässig lacht, durch das Handy hört es sich nur noch gemeiner an. „Komm jetzt ja nicht mit diesem dummen Argument, dass du ihn nicht betrügen willst. Hast du etwas schon vergessen, dass wir schon einmal unseren Spaß miteinander hatten?"

Allein bei dem Gedanken an diese Nacht, in der ich zu gedröhnt mit irgendwelchen Pillen war, breitet sich schon ein flaues Gefühl in meinem Magen aus und ich atme tief durch. Während ich mir mit zwei Fingern die Haut über meinem Nasenbein massiere, raune ich mit möglichst gefährlicher Stimme: „Wehe, du sprichst noch einmal über diesen Vorfall. Wir wollen ja nicht, dass ich dich wegen Vergewaltigung anzeige. Ich war zu diesem Zeitpunkt nämlich unter starkem Einfluss von Drogen und konnte dich nicht abwehren. Willst du wirklich, dass ich dein Leben damit zerstöre?"

Da Liam verstummt bleibt, verwundert über meine Drohungen, setze ich fort: „Ich werde übermorgen Harry in der Klinik besuchen, wo du mir meinen Haustürschlüssel gibst. Außerdem werden wir uns nicht mehr treffen. Habe noch eine schöne Nacht, Liam." Mit diesen Worten entferne ich das Handy von meinem Ohr und drücke schnell auf den roten Knopf, der den Anruf beendet. 

Unfreeze / h.sWhere stories live. Discover now