27-May

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Schon von Weitem sehe ich seinen weißen Range Rover und wie Brendon an das Fahrzeug gelehnt ist. An seiner Seite befindet sich ein überdimensional wirkender Mann, bei dem ich daran zweifele, dass Harry breite Schultern besitzt. Der Bodyguard erscheint viel zu grimmig und macht den Eindruck, dass er alles und jeden außer Gefecht setzen wird, sobald sein Arbeitgeber ihm dies befiehlt.

Schwer schluckend steige ich ein wenig von dem Gaspedal, um die Geschwindigkeit zu drosseln und das unvermeidbare Aufeinandertreffen mit Brendon noch zu verzögern. „Du wirst ruhig bleiben. Denke einfach daran, dass er es nicht wert ist, sich über ihn aufzuregen.", rede ich auf Harry ein, der sich in seinem Sitz kerzengerade aufsetzt, wie ich aus dem Augenwinkel erkenne. Er reibt sich mit seinen Handflächen über die von seiner schwarzen Skinny Jeans bedeckten Oberschenkel und fragt gereizt: „Aber wenn er mich provoziert? Außerdem hat er meine Verlobte zusammengeschlagen und das kann ich nicht dulden."

„Hast du seinen Begleiter gesehen? Der wird dich auseinandernehmen, sobald du Brendon auch nur falsch ansiehst. Also lass mich mit ihm schnell reden und dann werden wir den Tag gemeinsam in Frieden verbringen.", kontere ich und parke mich mehr oder weniger gekonnt ein. Einmal fahre ich an den Randstein an und kann bereits das Geräusch eines platzenden Reifens hören. Doch anscheinend ist heute mein Glückstag und mein Auto bleibt komplett heil.

Noch einmal atme ich tief durch und befehle Harry: „Halte dich direkt neben mir und mach keine unüberlegten Dinge, die schlecht enden können." Als würde er mich nicht hören, blickt er nur weiterhin durch die Frontscheibe auf den weißen Range Rover direkt vor uns. Abrupt packe ich sein Kinn und drehe seinen Kopf zu mir. „Hast du mich verstanden?", zische ich ihn an und warte darauf, dass er nickt.

Nachdem er dies gemacht hat, steige ich aus dem Auto aus und hole meine Handtasche aus dem Kofferraum. Ich schließe mit einem Knopfdruck auf die Fernbedienung das Fahrzeug ab und drehe mich zu Harry, der sich zögernd und misstrauisch wirkend mir nähert. Schnell greife ich nach einer seiner Hände und verschränke seine Finger mit meinen, um sicherzugehen, dass ich ihn von unüberlegten Dingen rechtzeitig abhalten kann.

„Da ist ja mein Liebling!", ruft Brendon schon von weitem und breitet seine Arme aus. Wir kommen ihm immer näher, bis ich schließlich vor ihm stehenbleibe und einen gewissen Sicherheitsabstand bewahre. Der Blick meines Bosses gleitet zu Harry und er fügt mit abwertender und herablassender Stimme hinzu: „Und da ist die unnötige Last."

Harry will einen Schritt auf ihn zumachen, gleichzeitig wie der doppelt so breite Mann. Noch rechtzeitig lege ich eine Hand auf seinen Oberarm und halte ihn somit zurück. Brendons widerliches Lachen dringt in meine Ohren und er wischt sich die Tränen, die dadurch entstehen, mit dem Handrücken weg. „Ich muss zugeben, er ist echt süß, wie er um dich sorgen will. Aber der gute, alte Harry Styles kann nicht auf dich aufpassen.", provoziert er wieder und schön langsam bildet sich auch in mir eine gewisse Wut.

„Was willst du von mir?", lenke ich Brendon von meinem Verlobten ab, der aussieht, als würde er demnächst etwas tun, was er lange bereuen würde. Seine Brust hebt und senkt sich heftig und er zerquetscht meine Hand mit seinem eisernen Griff. Das Aufeinandertreffen mit meinem Boss tut ihm nicht gut, das weiß ich. Aber ich kann es auch nicht verhindern. Jedenfalls nicht, solange ich noch in diesem Business mein Geld verdiene.

„Was denkst du dir eigentlich dabei, für eine Nacht von der Bildoberfläche zu verschwinden, auf keinen meiner Anrufe zu antworten und noch dazu diese Last bei dir zu haben? Solche Aktionen machen mich sehr wütend und du weißt, was passiert, wenn ich wütend werde.", antwortet Brendon und lässt seine Fingerknöchel knacksen. Er schüttelt seinen Kopf und fügt hinzu: „Man sollte denken, dass du nach letztem Mal etwas dazugelernt hast, was das Widersetzen mit gegenüber angeht. Außerdem kann ich es nicht dulden, dass du mit unzähligen Knutschflecken aufkreuzt."

Er nickt seinem Begleiter kurz zu, der anschließend mit langsamen Schritten auf mich zukommt. Ich schlucke die Angst, die sich in meinem ganzen Körper ausbreitet, hinunter und richte mich kerzengerade auf. „Es tut mir leid, Brendon. Nächstes Mal werde ich dir Bescheid geben.", entschuldige ich mich und mache somit meinen Stolz zunichte.

„Wer hat denn gesagt, dass es ein nächstes Mal geben wird?", lacht Brendon falsch und gehässig. Der Bodyguard stellt sich direkt vor Harry und bevor ich reagieren kann, landet seine Faust auf einer Wange. Harrys Kopf schnellt zur Seite und er spuckt Blut auf den Asphalt, bevor er sich auf die geschlagene Stelle greift und mich ungläubig ansieht.

Augenblicklich lasse ich seine Hand los und balle meine zu Fäusten. „Lass Harry aus deinen dreckigen Spielchen!", schreie ich wütend und will einen Schritt auf Brendon zu machen, doch werde sofort von dem gewaltigen Mann zurückgeschubst. Bevor meine Rückseite in Berührung mit dem Boden kommen kann dank des kräftigen Stoßes, knalle ich gegen Harrys Brust und seine Arme schlingen sich von hinten um meine Taille.

„Ich werde deine Mittel verkaufen und dir das Geld immer rechtzeitig bringen. Aber sobald du Harry noch einmal zu nahe kommst, haben wir ein gewaltiges Problem mit einander.", zische ich und will mich aus dem Griff lösen. Meine Geduld bezüglich Brendons Spielchen ist schon lange aufgebraucht, die Handgreiflichkeit Harry gegenüber war nur die Spitze des Eisberges.

Nun schiebt mein Boss seinen Bodyguard schnell zur Seite, um sich direkt vor mich zu stellen. „Ich finde es wirklich süß, wie sehr du dich um ihn kümmerst. Dennoch solltest du doch endlich begreifen, wie schlecht er dir tut. Ich habe genug von deinem idiotischen Beschützerinstinkt und dieser angeblichen Liebe, die du für ihn empfindest.", redet er auf mich ein, während er in Zeitlupe eine Hand hebt, um mit zwei Fingern mein Kinn festzuhalten. Ich spüre, wie sich der Griff um meine Taille lockert und Harry wieder nach einer meiner Hände greift. Er stellt sich wieder direkt neben mich und räuspert sich, wodurch er Brendons Aufmerksamkeit auf sich lenkt.

„Diese Liebe ist nicht nur angeblich vorhanden. Sie ist so stark, dass ich es nicht verantworten werde, dass du May auch nur ein einziges Haar krümmst.", spricht Harry mit zitternder Stimme, die Angst und der gespielte Mut sind deutlich zu merken. Dennoch steht er aufrecht neben mir, obwohl seine Wange sich bereits blau verfärbt und Blut langsam aus seinem Mund fließt. Er sieht Brendon direkt in die Augen und setzt fort: „Solange ich noch lebe, werde ich sie lieben und beschützen. Bis der Tod uns scheidet, wie ich schwören werde, sobald ich sie heirate. Du hast keine Chance bei ihr, verstehe das doch endlich."

Wenn wir nicht gerade in einer sehr brenzligen Situation wären, mit einem furiosen Boss und seinem angsteinflößenden Begleiter, hätte ich ein lautes „Aw" ausgestoßen und Harry umarmt. Doch noch immer zerquetschen zwei Finger mein Kinn schmerzhaft und Brendons Blick wechselt durchgehend zwischen mir und meinem tapferen Verlobten. Bis er mich schließlich loslässt und sich abrupt umdreht. Während er zu seinem Auto stapft, wie ein Kleinkind, das seine Süßigkeiten nicht bekommen hat, ruft er: „Das Ganze wird noch ernsthafte Folgen haben, das verspreche ich euch, May Richards und Harry Styles!"

Unfreeze / h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt