06-May

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Schließlich ist die Zeit gekommen, in der ich mich von Harry verabschieden muss. Einerseits wegen seiner Pflegerin, die anscheinend Angst hat, dass wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen würden, wenn sie nicht auf ihn aufpasst. Deshalb hat sie auch die letzten fünf Minuten durchgehend an der Tür geklopft und damit gedroht, dass sie die Security holen würde, wenn wir nicht sofort aus dem Zimmer kommen würden. Andererseits habe ich auch noch eine Arbeit, die erledigt werden muss und das so schnell wie möglich. Dass ich Harry besucht habe, hat meinen ganzen Zeitplan durcheinandergebracht, normalerweise würde ich jetzt gerade mit meinem Baseballschläger herumschwenken, um mein Geld zu bekommen.

„Harry, bitte wir sollten ...", hauche ich, doch kann den Satz nicht beenden, da ein leises Stöhnen meinen Lippen entweicht. Ich werde immer weiter nach hinten gedrängt, bis mein Rücken schließlich in Berührung mit der Tür kommt. Auf dessen anderer Seite befindet sich noch eine nervige Pflegerin, die schreit: „Wenn ihr nicht sofort hinauskommt, dann muss ich zu euch hinein!" „Mach doch! Wenn du willst können wir es auch vor deinen Augen treiben, falls dir das gefällt.", kontere ich so laut, dass ich mir sicher bin, dass sie es gehört hat.

Noch immer wandern Harrys Hände über meinen Oberkörper, massieren und kneten meine Haut, während seine Lippen meine Hals attackieren. Mit seiner Körpermitte hat er sich gegen meine gedrückt, sodass ich sehr deutlich spüre, worauf er gerade Lust hat. Er entfernt sich ein wenig von mir, wodurch ich ihm in seine Augen sehen kann, dessen Pupillen geweitet sind und das Grün fast zur Gänze verschwinden lassen. „Wir können uns beeilen, dann sind wir fertig, bevor Kendall komplett durchdreht.", raunt er mit tiefer Stimme.

„Ich werde jetzt mit deinem Therapeuten reden und versuchen, dich sobald wie möglich nach Hause zu bringen. Dann können wir soviel und solange wir wollen machen, wozu du auch immer Lust hast.", teile ich ihm mit, worauf er frustriert die Luft aus seinen Lungen stößt. Harry fährt sich durch die Haare und tritt zwei Schritte zurück, damit ich die Tür endlich öffnen kann. Doch bevor wir endlich seiner Pflegerin gegenübertreten können, spüre ich eine seiner großen, warmen Hände an meinem Po und seinen Atem an meinem Hals. Sein rauer, lusterfüllter Ton lässt mich erschaudern, als er mir ins Ohr flüstert: „Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du am nächsten Tag nicht mehr gehen können."

Ich verdrehe meine Augen und öffne die Tür, wodurch eine frustriert und wütende Kendall mir in die Sicht kommt. „Wir werden sehen, wie lange du durchhältst, Styles.", necke ich ihn und setze mich in Bewegung, dicht gefolgt von Harry.

„Das wurde ja auch Zeit.", fährt die Pflegerin mich an, doch ich ignoriere sie und gehe, ohne ein Wort zu verlieren, an ihr vorbei. Ich hebe mein Kinn minimal an, damit ich ihr klarmache, wie viel, oder in dem Fall wenig, ich mir von ihr sagen lasse. Während ich durch den Gang gehe und Harry sich wieder an meine Hand klammert. Mein Blick wandert hinunter zu unseren verschränkten Fingern und ich zische: „Könntest du dich bitte nicht wie ein Kleinkind an mich hängen?"

Mit geweiteten Augen lässt er mich sofort los und hebt abwehrend beide Hände hoch. „Es tut mir leid, dass du plötzlich keine lieben Gesten mehr magst. Soll ich dich etwa schlagen? Gefällt dir das mehr?", motzt er zurück und ich zucke zusammen, als hätte er seine Worte schon in Taten umgesetzt. Ohne zu ihm zu sehen, beschleunige ich mein Gehtempo und raune: „Sehr schlechtes Thema."

„Wer hat dir etwas angetan? Ich werde diesen Bastard umbringen, das schwöre ich dir.", forscht Harry sofort nach, als wüsste er, was ich andeute. Abwehrend schüttele ich meinen Kopf und hebe stumm eine Hand, um ihm anzudeuten, dass ich nicht mehr darüber reden will. Trotzdem packt er mich an einem Arm und bringt mich zum Stehen. Er sieht mich eindringlich an und bringt zwischen zusammengedrückten Zähnen hervor: „Wer hat dich verletzt?"

Ich reiße mich mit einem Ruck von ihm los und weiche nach hinten aus. „Das Einzige, um das du dich kümmern musst ist deine mentale Gesundheit.", wechsele ich das Thema und streiche mir die Haare nach hinten. Frustriert wirft Harry die Hände in die Höhe und seufzt lautstark.

„Versuche jetzt ja nicht, von dir abzulenken.", droht er mir mit einem Zeigefinger auf mich gerichtet. Abwehrend verschränke ich meine Arme vor der Brust und will mich wieder in Bewegung setzen. Ich weiche seinem Blick aus, während ich murmele: „Es geht mir gut, ich werde von niemandem geschlagen." Mehr oder weniger.

Mit schnellen Schritten folgt Harry mir und versucht dieses Mal nicht mehr, unsere Finger miteinander zu verschränken. Stumm geht er neben mir durch die Gänge, als würde er sich nicht mehr trauen, mit mir zu reden. Da ich diese Spannung, die zwischen uns gerade herrscht, nicht aushalte, frage ich ihn: „Willst du überhaupt noch zurück in unser Haus? Also willst du noch mit mir leben?" „Wenn du mich nicht wieder anfahren würdest, würde ich dich gerade umarmen, während ich dir versichere, dass ich nirgendwo anders wohnen will.", antwortet er und aus dem Augenwinkeln kann ich ein schiefes Lächeln auf seinen Lippen entdecken.

„Ein einfaches ‚Ja' hätte auch gereicht.", teile ich ihm unwillkürlich kichernd mit. Da wir vor der Tür seines Therapeuten angekommen sind, bleiben wir stehen und ich drehe mich zu Harry. Dieser starrt mich gedankenverloren und lächelnd an, woraufhin ich ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen frage: „Wieso schaust du mich so an?"

Als hätte ich ihn somit aus seinen Gedanken gerissen, zuckt er zusammen und blinzelt einige Male. „Ich habe dich nur vermisst. So sehr sogar, dass ich jeden freien Moment an dich gedacht habe.", erklärt er mir leicht beschämt, während sich seine Wangen zartrosa verfärben. Ich streiche ihm seine Haare nach hinten und kontere: „Wenn du früher ausgesagt hättest, hätte ich dich früher besuchen können."

„Wärst du dann auch nicht in Kontakt mit Drogen und Menschen, die dich verletzen, gekommen? Wenn ich früher nach Hause gekommen wäre?", forscht er unsicher nach und zieht mich blitzschnell an meiner Hand zu sich, sodass ich mich nicht dagegen wehren kann. Nachdem ich mir immer wieder einreden musste, dass körperlicher Kontakt mit meinem Verlobten nichts Schlimmes ist, schüttele ich zum Denken angeregt den Kopf. Obwohl ich weiß, dass ich ihm dadurch Schuldgefühle machen würde, erkläre ich ihm: „Dafür hättest du früher Hilfe annehmen müssen, damit du wieder stabil wirst. Mit früher meine ich vor einem Jahr."

Niedergeschlagen schließt Harry die Augen und um ihn aufzuheitern verspreche ich ihm bevor ich zu seinem Therapeuten gehe: „In einer Woche bist du wieder zu Hause." 

Unfreeze / h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt