"Mom, Dad... wisst ihr noch damals?"

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Ich saß sprachlos auf dem Krankenhausbett und starrte stur gegen die weiße Wand. Ich konnte nicht ganz begreifen was passiert war und nachdem der Arzt mir sagte was passiert war, machte es in meinem Kopf langsam "Klick" und ich konnte mich teilweise wieder an die Geschehnisse erinnern. Wie sollte ich bloß damit umgehen? Ein kleiner Teil in meinem Kopf sagte mir das der Arzt mich bloß anlog und das was ich in meinem Kopf hatte bloß ein schlimmer Traum war aber das passte doch auch nicht zusammen...
"Ich lüge sie nicht an es tut mir wirklich sehr Leid. Wir haben gemacht was wir konnten. Wir konnten ihnen nicht mehr helfen. Wir wollten allen Familienangehörigen bescheid sagen aber was sehr merkwürdig war ist das wir nur ihre Oma und Opa gefunden haben. Sonst scheint es so als hätten sie niemanden und selbst die waren gerade im Ausland. Es war sehr schwierig sie ausfindig zu machen aber am ende haben sie Geld für die Beerdigung überwiesen."
Ich starrte ungläubig den Boden an als ich mich an diesen Satz vom Arzt zurück erinnerte.
 
Mein Körper fühlte sich taub an und meine Augen schmerzten leicht von dem vielen weinen. Ich stand langsam auf doch in diesem Moment wurde mir leicht schwindelig und ich hatte ein sehr unangenehmes stechen im Kopf. Ich machte mich auf den Weg nach draußen den ich wollte gerade einfach etwas frische Luft einatmen und die Sonne auf meinem Körper spüren. Als ich an den ganzen Menschen vorbei lief sahen sie mich alle an doch ich senkte meinen Blick zu Boden und wollte am liebsten unsichtbar sein. Draußen war es immer noch sehr warm, daran hatte sich nichts geändert. Ich nahm platz auf einer Bank und sah nach oben in den Himmel wo kaum eine Wolke zu sehen war. Ich wusste das ich im Moment die Tränen noch ein wenig zurück halten konnte doch sobald ich an den Abend dachte oder an meine Eltern kamen sie sofort wieder hoch, ich fühlte mich als ob jemand seine Hand um meinen Hals gelegt hätte und immer wenn ich zurück dachte drückte dieser jemand zu. Dieser jemand war ein in schwarz gekleideter Mistkerl der unschuldige Leute auf dem Gewissen hatte...
Jetzt fing ich an richtig zu heulen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Warum wachte ich nicht auf ? Ich wollte das alles nicht mehr! 
Ich warf mein Kopf in meine Hände, heulte und wollte jetzt nur noch genau so wie meine Eltern einfach sterben. 

Irgendwann wachte ich auf und setzte mich aufrecht aufs Bett. Ich bin wohl eingeschlafen, ich sah auf die Uhr, es war 4 Uhr morgens. Dann erinnerte ich mich wieder daran das ich keine Eltern mehr habe. Ich hatte den ganzen Tag durch geheult und jetzt etwa 7 Stunden geschlafen. Das muss reichen, Ich ging aufs Klo und schaute mir ein Gesicht im Spiegel an. Ich sah richtig schlimm aus, meine Haare waren total durcheinander und am Ansatz fettig. Meine Schminke war Verschmiert über die ganzen Wangen. Ich wollte nachsehen ob ich hier irgendwas zum Umziehen hatte aber ich fand nichts, das hieß dann wohl das ich nach dem Duschen wieder in die alten Sachen rein musste. Ich war so deprimiert das ich das Gefühl hatte, nie wieder mehr lachen zu können. Ich fand nur ein Handtuch im Schrank und eine eingepackte Zahnbürste mit der man sich eigentlich nur einmal die Zähne putzte und sie dann weg warf. Ich stieg unter die Dusche und stellte kurz das Wasser auf die Kälteste Stufe die ich nur konnte. Das Wasser war echt eiskalt aber es verhinderte auch das ich Denken konnte, wenn auch nur kurz. Dann als ich mich schon ein wenig daran gewöhnte, machte ich es auf etwas wärmer so das es nach der Eiskalten Dusche ein wenig auf der Haut brannte. Ich konnte nichts dagegen tun, ich dachte Automatisch an die Dusche in meinem Zimmer und wie meine Mutter mich immer angeschrien hatte das ich mal wieder viel zu lange drunter bin. Mir liefen wieder ein paar Tränen über die Wange aber hier konnte es ja keiner sehen. Ich nahm mir vor stärker zu werden. Ich versuchte mich zusammen zu reißen und nicht mehr die ganze zeit zu heulen, das hatte ich nämlich gestern schon lange genug gemacht und gleichzeitig wusste ich das nach allem was passiert war, nichts jemals genug sein würde. Ich würde niemals so viel weinen können das es irgendwann nicht mehr schmerzen würde, das ich mich nicht mehr daran erinnern könnte... Ich wusch mir die Haare mit etwas billigem Shampoo das ich vorfand und stieg nach gefühlten Stunden aus der Dusche. Ich zog mir wieder meine alten und dreckigen Sachen an und föhnte mir die Haare. Ich sah immer noch schlimm aus und genau deswegen war ich sauer das ich hier keine Schminke hatte. Wem auch immer das Shampoo, der Kam oder der Föhn gehörte, derjenige würde sich schon nicht darüber aufregen. Als ich fertig war ging ich raus aus meinem Zimmer und suchte einen Arzt. Als ich eine Krankenschwester fand fragte ich sie wo ich einen Arzt finden konnte und sie deutete auf eine Tür am ende des Flurs. Ich ging dort hin und klopfte an der Tür. Als ich ein "Herein" hörte, öffnete ich die Tür und ging herein. 
Ich erkannte das sich dort drei Ärzte unterhielten und sah das einer davon der Arzt war der mir die "Schlechte" Nachricht überbracht hatte.
"Entschuldigen sie aber ich würde gerne wissen wo genau das Grab meiner Eltern ist" Ich sah ihn erwartungsvoll an. 
"Das kann ich ihnen Natürlich gleich sagen aber meinen sie nicht das es noch ein wenig früh ist?" er sah auf die Uhr "Gerade mal fünf"
"Ich weis aber ich konnte nicht schlafen und möchte gerne dahin"
"Sie dürfen aber erst frühestens um 6 Uhr raus, und das nur wenn sie davor gegessen haben" 
"Kann ich nicht jetzt schon?"
"Nein tut mir Leid" er drückte einen Knopf und bat eine Krankenschwester vorbei zukommen
"Einen Moment, ich suche eben die genaue Stelle ihrer Eltern" 
Er schrieb mir die genaue Stelle auf einen kleinen Zettel und gab ihn mir da kam auch schon die Schwester herein, ich erkannte Maria. 
"Maria, Alex möchte gerne zu ihren Eltern aber bitte achten sie darauf das sie nicht vor dem Essen geht und vor allem nicht vor 6."
"In Ordnung, ich bringe sie gleich auf ihr Zimmer" 
"Muss das sein? Ich habe gar keinen Hunger, außerdem will ich jetzt los warum bis 6 warten?" meckerte ich
"Weil wir das verantworten können wenn ihnen etwas passiert, und sie müssen was Frühstücken, gerade Sie"
Ohne ein weiters Wort zu sagen, drehte ich mich um und ging raus. Maria folgte mir und als ich mich auf mein Bett setzte sah sie mich noch einmal an und ging dann, bitte verlassen sie das Zimmer nicht. Ich habe nämlich den Zettel mit der Stelle ihrer Eltern" Ungläubig starrte ich den Zettel den sie gerade hoch gehoben hatte an, wann hatte sie es geschafft ihn mir weg zu nehmen?
"Hey! Das ist meiner wann haben sie ihn mir weggenommen?"
"Das ist nur zu ihrem Besten. Ich bringe ihnen sofort etwas zu essen"
Dann ging sie und machte die Tür hinter sich zu. Verdammt! Sie wusste das ich abhaue und hat mir deswegen den Zettel weggenommen! Ich hätte ihn lesen sollen als ich ihn bekommen hatte.
Ich nahm mir wieder mein Handy weil ich wusste das ich ein paar Nachrichten hatte. 153 Nachrichten in Whatsapp. Das war mal wieder so klar! Ich lass sie nicht, denn darauf hatte ich keine Lust. 
Dann kam Maria wieder. 
Dieses mal hatte sie auf ihrem Tablett zwei Brötchen und verschiedene Aufstriche, Nutella, Marmelade, Honig und noch zwei weitere die ich nicht erkennen konnte. Wie auch gestern noch ein Glas Orangensaft.
"Okey ich muss jetzt weiter, ich gebe dir die Karte aber versprich mir das du das Aufisst. Bitte, Dr. Fernell wird sonst die ganze Schuld wieder auf mich schieben." sie tat mir sogar ein wenig leid.
"Ja mach ich" murmelte ich leise.
Sie ging aus dem Raum und ich nahm mir wirklich ein Brötchen, schnitt es auf und beschmierte es mit der Marmelade. 
Ich nahm dann doch mein Handy und entschloss, die Nachrichten wenigstens schnell zu überfliegen. Gabrielle schreib das sie viel Spaß hatte und das sie es auch schlimm von Cole findet, sie denkt jetzt bestimmt das sie so schnell wie möglich nachhause muss um mich zu trösten. Mir fiel ein Schauer über den Rücken, weil sie mich wohl nie wieder zuhause besuchen würde. Ich meine wie auch? Ich könnte ja nie im Leben das Haus finanzieren können! Toll das war wohl keine gute Idee die Nachrichten zu öffnen, ich beschloss keinem zu Antworten. Dann kamen Ginas Nachrichten aber in denen stand genau das gleiche. Dann sah ich wieder diese Nummer die mir verriet das Kristin geschrieben hatte. Ich speicherte ihre Nummer kurz im Telefonbuch und las die Nachrichten. Sie fragt nur wie meine Ferien sind und wie schön ihre doch bis jetzt sind und auf die Sache mit dem neuen Freund antwortete sie nur mit : Naja was noch nicht ist kann ja noch werden... 
Ich freute mich für sie aber antwortete auch nicht. Dann sah ich noch das Cole geschrieben hatte. Ich war zwar traurig darüber was er getan hatte und ich fühlte mich nur umso einsamer den eigentlich müsste er mich besuchen, er müsste mich in den Arm nehmen und mich trösten... Mir sagen das alles mehr oder weniger wieder gut wird und er mir helfen würde wie er auch nur kann, doch die Sache mit meinen Eltern... das traf mich viel mehr und nahm meine ganzen Gedanken ein. Cole interessierte mich in diesem Moment gar nicht mehr so sehr. 

Ich aß schnell das Brötchen auf und rannte dann nach draußen auf den Flur. Da schaute ich mich um und ging dann die lange Treppe vor dem Krankenhaus hoch während ich den Zettel suchte. 
Ich glaubte den Ort zu kennen an dem das Krankenhaus lag und auch den an dem der Friedhof lag. Von hier würde ich so eine halbe Stunde zu Fuß brauchen. Ich ging los da ich ja weder Geld für ein Bus noch für ein Taxi hatte. Ich hatte zwar immer Geld für alle Fälle bei mir aber das Geld wollte ich für Blumen ausgeben. Als ich an einer gut befahrenen Straße vorbei ging hatte ich das Gefühl das mich alle anstarrten. Warum waren alle bloß so früh wach ? Ich ignorierte die Blicke und ging in einen Blumenladen rein. Meine Mutter liebte immer Magnolien, sie würden vielleicht nicht passen, aber das war mir egal. Sie liebte sie und ich holte sie ihr. Dann ging ich noch etwa 10 Minuten zu Friedhof. Als ich da war suchte ich noch bestimmt zwanzig Minuten nach dem Grab aber als ich sie fand stockte mir der Atem und meine Tränen kamen sofort wieder, obwohl ich ja eigentlich vor hatte stark zu bleiben. Ich hatte nie gedacht das ich meine Eltern schon so bald hier besuchen musste. Ich legte die Blumen auf das Grab meiner Mutter und auf das von meinem Vater. Ich musste schon zugeben, meine Oma hatte keine Kosten gescheut. Das sah einfach wunderschön aus und meine Mutter lag genau neben meinem Vater. Ich kniete mich hin und betrachtete das angebrachte Foto von meinen Eltern. Sie sahen auf dem Bild so Glücklich aus, ich wusste sogar genau wann das war. Meine Mutter kam da gerade an ihrem Geburtstag von der Arbeit und mein Dad hatte sie mit einem Urlaub überrascht. Sie ist gerade zur Haustür rein gekommen da konnte mein Vater es nicht weiter verschweigen und hat es ihr sofort erzählt. Sie ist natürlich sofort ausgeflippt und hat sich ihm um den Hals geworfen und genau da habe ich das Foto gemacht. Bei dieser Erinnerung kam mir wieder eine Träne.
"Hey Mom, Hey Dad. Ich kann es nicht fassen das ihr hier seid. Ihr gehört doch Nachhause. Man ich kanns einfach nicht fassen! Ich vermisse euch so sehr. Wisst ihr noch wie ihr aus dem Urlaub von Moms Geburtstags Geschenk gekommen seid? Da hab ich euch schrecklich vermisst aber jetzt ist es schlimmer! Ich will euch so gerne jetzt in den Arm nehmen" Ich griff aus Verzweiflung in die Erde
"Oder als Mom mir zeigen wollte wie man Kuchen backt. Das ist schon so lange her... ich bin doch damals ausgerutscht und hab mir aus Knie aufgerissen und wir mussten zum Arzt fahren. Da musstet ihr mich Verlassen weil sie mein Knie alleine Untersuchen wollten. Auch jetzt vermisse ich euch mehr als damals." Ich konnte kaum noch reden weil ich mich an meinen Tränen schon beinahe Verschluckte.
Ich erzählte ihnen was mir der Arzt gesagt hat und das Oma uns das Geld geschickt hatte. Ich saß bestimmt zwei Stunden da. Zum Schluss sang ich ihnen noch etwas vor weil sie es liebten wenn ich singe und Ihnen was auf meiner Gitarre vorspielte. 
"Sorry, Mom aber meine Gitarre ist zuhause aber ich verspreche dir das ich sie das nächste mal mitbringe, dann kann ich dir was Vorspielen so wie du es gerne hörst." Zum Schluss kam mir sogar ein kleines Lächeln über die Lippen. "Und es tut mir Leid das ich bei der Beerdigung nicht dabei sein konnte" Es war unverzeihlich.
"Also ich glaub, ich muss jetzt gehen. Ich geh gleich noch einmal kurz Nachhause, hole meine Sachen und geh dann zurück ins Krankenhaus. Morgen komme ich wieder. Ich weiß nur leider nicht wo ich hin soll wenn ich aus dem Krankenhaus gehen muss. Ich kann mir ja eigentlich eine eigene Wohnung nehmen oder? Gab es da nicht so was? Ich will nicht zu Oma und Opa ziehen weil die nie zuhause sind außerdem wohnen sie so weit weg. Da muss ich die Schule und das alles wechseln und das will ich nicht ! Wenn sie mich finanziell unterstützen dann kann ich doch alleine leben oder? Ich glaube ich frage später im Krankenhaus nach. Was komisch ist, ist das sich Oma oder Opa noch gar nicht gemeldet haben. Ich meine jetzt Telefonisch oder so. Naja ich glaube das muss ich dann wohl machen. Also bis morgen! Ich hab euch Lieb"
Ich winkte ihnen, drehte mich um und ging aus dem Friedhof raus. Ich wollte zu mir nachhause um meine Sachen zu holen und um Nachzusehen wie es dort jetzt aussieht. Es ist bestimmt viel zu leer... Langsam und traurig machte ich mich auf den Weg. 
Unser Haus sah aus wie ein Geisterhaus.

Dangerous truthTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang