Kapitel 58

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Marcos POV

Leicht irritiert gucke ich auf meinen Display, überprüfe, ob diese seltsame Nachricht auf meiner Mailbox tatschlich von Kim ist und schüttle leicht mit dem Kopf. Also sie hat da nicht gesprochen. So viel ist klar. Aber es war extrem laut im Hintergrund und außer Arschloch habe ich eigentlich nichts verstanden. Seufzend fahre ich mir durch die Haare, öffne kurz den Chat mit ihr und mein Finger schwebt kurz über die Tastatur. Nein. Ich muss sie schmoren lassen! Egal, was sie nun plötzlich mit mir besprechen will, habe ich meine Entscheidung längst getroffen. Außerdem tut es ihr bestimmt mal gut, wenn sie ein bisschen auf heißen Kohlen sitzt und warten muss. Nachdem das in Zürich passiert ist und ich wirklich mal meinen Arsch hochgekriegt habe, hatte ich wochenlang auf ein Lebenszeichen von ihr gewartet. Vergeblich. Es hat knapp drei Jahre gedauert, bis ich sie wiedergefunden habe und nach diesem ewigen Hin und Her, der Tatsache, dass sie mit meinem besten Kumpel geschlafen hat und den tausenden Komplikationen, dachte ich, dass wir am Ziel angekommen wären. Doch habe ich mich mehr als getäuscht. Es kam nichts von ihr. Gar nichts und das kann ich ihr einfach nicht verzeihen.

Die Türklingel reißt mich aus meinen Gedanken und ich will gerade die Tür zum Gästeklo öffnen, da schreit mir Marcel auch schon zu, dass er aufmacht. Auch gut. Nach dem Spiel heute habe ich die Jungs eingeladen und seitdem sitzen wir in meinem Wohnzimmer, rauchen Shisha und zocken. Sogar Robin habe ich eingeladen. Gütig, wie ich bin. Er hat von mir einen Einlauf verpasst gekriegt, der sich gewaschen hat. Seitdem hält er die Klappe über gewisse Mädchen mit stechend grünen Augen. Vielleicht hat er ja endlich kapiert, dass ich in keiner Weise irgendeine Starthilfe von ihm brauche. Sie fehlt mir, ja. Das kann ich nicht leugnen. Jedoch fehlt mir hauptsächlich die Vorstellung an das Mädchen, das ich damals in der Bar getroffen habe. Natürlich kann ich verstehen, dass sie Vertrauensprobleme hat. Auch, dass ihr ihr Stolz im Weg steht. Wenn sie es aber nicht schafft, mir zuliebe über ihren Schatten zu springen, hat das alles keinen Wert. Da mag noch so viel Leidenschaft, so viel Verbundenheit zwischen uns liegen, aber so kann das keinen Sinn machen.

Nochmals gleitet mein Blick zu ihrer Nachricht, ehe ich mein Handy in der Hosentasche verstaue und ich öffne schwungvoll die Tür. Marcel ist noch immer nicht zurück und da ich sowieso planlos bin, wer um diese Uhrzeit noch bei mir klingelt, mache ich mich auf den Weg zum Eingang. Bereits als ich ums Eck biege, bleibe ich abrupt stehen und schnaufe tief durch. Super. Das kommt mir ja mehr als gelegen. Kim steht auf meiner Schwelle, grinst wie ein Honigkuchenpferd und Marcel direkt vor ihr. Das ist nicht gut. Überhaupt nicht. Mein bester Kumpel hat keinen blassen Schimmer, dass zwischen uns beiden noch etwas gelaufen ist. Ich schnaufe nochmals tief durch, mache einen Schritt nach dem anderen und stelle mich neben Marcel, während Kim sich sichtlich versucht ein Lachen zu verkneifen. Ihr Blick geht zwischen uns beiden hin und her, doch ich starre in ihre glasigen Augen, um herauszufinden, was genau sie hier zu suchen hat. „Na, wenn das mal nicht unangenehm ist gerade", platzt es aus ihr raus und dann war es das auch schon mit ihrem Versuch. Sie lacht schallend los und ich presse meine Lippen fest aufeinander, versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass sie mit ihrer Aussage im Prinzip den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Sie macht mir den Anschein als hätte sie ordentlich einen gehoben und ich schiele zu Marcel, dem das Ganze hier noch unangenehmer zu sein scheint, als mir das ist. Wir hatten die Sache geregelt wie echte Männer. Er hat mir eine verpasst und danach haben wir nie wieder über das Thema gesprochen. Es hat lange gedauert, bis das Verhältnis zwischen uns wieder halbwegs in Ordnung war und auch wenn er es mitbekommen hat, dass ich noch immer an ihr hänge, so glaube ich, dass er mir verziehen hat. Schließlich war er damals in Miami dabei. Er weiß genau, was mir dieses Mädchen bedeutet und letztlich war er schneller über sie hinweg, als gedacht.

Kim klappt bei ihrem Lachanfall schier zur Seite um und ich ziehe die Augenbrauen hoch, beobachte Marcels Fäuste, die sich eindeutig anspannen. „Boa ehrlich jetzt. Was soll das hier werden?", unterbricht er sie und sie japst nach Luft, wedelt sich mit ihrer Hand zu und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Ich bin hier um Marco die Meinung zu geigen, weil er mir nicht schreibt." Himmel, ist die voll. Sie kichert wieder und stolpert einen Schritt auf uns zu, lehnt sich am Türrahmen an und zeigt mit dem Finger auf Marcel. „Aber es ist ja toll, dass du auch hier bist. Das tut mir nämlich so so so so so leid, dass du zwischen die Fronten gelaufen bist. Das hast du nicht verdient", sie schiebt die Unterlippe vor „du bist nämlich echt ein feiner Kerl und man weiß nicht, wieso das Schicksal dich außerwählt hat, dass das Schicksal wieder zupacken kann." Was zur Hölle faselt sie da? Ich ziehe meine Augenbrauen hoch, während ich ihre Hände beobachte, die ganz komische Sachen machen. Wieder geht ihr Blick zwischen uns beiden hin und her und auf ihren Lippen bildet sich wieder ein breites Grinsen, ehe sie überlegend mit ihrem Finger auf ihr Kinn tippt. „Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ein Dreier mit euch wirklich Bombe wäre?" Marcel gibt sich einen ordentlichen Facepalm und ich schließe kurz die Augen, schnaufe tief durch. „Weil bei seinen Zungenfertigkeiten und deine..."

Regenbogen [Marco Reus]Where stories live. Discover now