Kapitel 32

1.9K 90 13
                                    


Meine Gedanken schwirren wirr durcheinander und ich bin völlig überfordert mit dieser ganzen Situation. Sekunden kommen mir plötzlich vor wie Stunden und ich fühle jeden Tropfen Wasser, der über meinen Körper perlt. Ich fühle meine pappigen Klamotten, die sich an meine Haut kleben und mir das Gefühl geben, als wäre ich noch mehr eingeengt. Als wäre die Luft noch stickiger, als sie sowieso schon ist. Marcos Hand wandert von meiner Hüfte hoch auf meine Taille und er fährt über die nackte Haut, die mein Top enthüllt. Hinterlässt ein Kribbeln, das mir durch Mark und Bein geht. Seine Augen fesseln mich. Starren tief in mein Innerstes und scheinen mich zu durchleuchten. Alles um mich herum ist plötzlich deutlicher. Ich höre deutlich seinen unregelmäßigen Atem. Ich rieche seinen betörenden Duft stärker als je zuvor und seine Augen funkeln mir mit einer Intensität entgegen, die mir völlig den Atem raubt.

Meine Sinne sind geschärft und ich mache mich auf das explosive Gefühl bereit, seine Lippen auf meinen zu fühlen. Ihn zu schmecken und diese bizarre Leidenschaft zwischen uns zu spüren, wie damals im Hotel als er mich geküsst hat.

Und dann, ganz plötzlich, ertönt ein ohrenbetäubendes Brummen neben mir. Es wird lauter und lauter und ich löse mich von Marcos Gesicht um zur Seite zu schielen. Im Sturzflug stürzt ein riesiges Insekt herab, das uns genau ansteuert. Panisch reiße ich die Augen auf als es immer näher kommt. Was ist das für ein Ding? Heilige Scheiße aber auch. In Bruchteilen von Sekunden entscheidet sich mein Hirn gegen einen alles verändernden Kuss mit Marco und für die Flucht. Quietschend tauche ich unter, dass mich das Todesinsekt nicht auffressen kann und ich traue mich erst wieder nach oben, als meine Lungen keinen Sauerstoff mehr finden.

Nach Luft prustend sehe ich mich um und stelle zu meiner Erleichterung fest, dass das Monsterviech nicht mehr hier ist. Wahrscheinlich hat Marco es mit seinem Blick gekillt, den er mir im gleichen Moment zuwirft. Er starrt mich kurz an, ehe er sich umdreht uns durch das Wasser watet und im gleichen Augenblick schaltet sich auch wieder mein Kopf ein.

Mir wird bewusst, was hier gerade beinahe geschehen wäre und ich blicke Marco nach, der sich aus dem Wasser angelt und schnellen Schrittes nach drinnen läuft. Ich bin zur Salzsäule erstarrt und merke erst als ich langsam untergehe, dass das in den Tiefen des Pools nicht gut für mich ausgehen kann. Strampelnd schwimme ich auf den Beckenrand zu und kralle mich atemlos daran fest. Heidewitzka! Bin ich eigentlich völlig bekloppt? Hirnamputiert und verblödet? Anders kann ich es mir zumindest nicht erklären, dass ich gerade kurz davor war Marco zu küssen. Ganze zehn Meter Luftlinie entfernt von meinem schlafenden Freund, der natürlich auch noch sein bester Kumpel ist. Klar, was auch sonst?

Kim macht ja schließlich keine halben Sachen. Kim reitet sich grundsätzlich ganz tief in die Scheiße rein, sodass sie da selbst nie wieder rauskommen kann!

Ich sollte Insektenfreund werden. Eindeutig. Ich sollte dieses Monster von undefinierbarem Flugobjekt auf der ganzen Insel suchen und abknutschen. Das hat mir mein Leben gerettet. Okay, das mag ein wenig übertrieben klingen, aber den Kopf hat es mir auf jeden Fall aus der Schlinge gezogen.

Nur kann ich noch immer nicht wirklich deuten, wieso Marco sich dazu hat hinreißen lassen. Ist der genauso bekloppt? Vielleicht war was im Kaffee, das uns beide kurz unzurechnungsfähig hat werden lassen. Oder das thailändische Klima vernebelt unsere Sinne?

Absolut beschissener Scheißdreck der hier gerade abgeht. Grummelnd stützte ich mich auf dem Boden ab, ziehe mich aus dem Pool und fluche, als ich mir dabei den großen Zeh anschlage. Mit triefenden Klamotten humpele ich in Richtung Küche und ziehe mir schnell das nasse Zeug aus, ehe ich nach drinnen gehe. Da ich schon vorsorglich gedacht habe, trage ich darunter einen Bikini. Auch wenn mein vorsorgliches Denken bestimmt keinen Beinahe-Kuss mit Marco beinhaltet hat. In meinem Kopf schwirrt noch immer alles wild umher und ich stürze mich auf meine Tasse Kaffee. Hastig nehme ich einen Schluck und verziehe das Gesicht bei der lauwarmen Brühe, die mir den trockenen Hals hinunterfließt.

Regenbogen [Marco Reus]Where stories live. Discover now