Kapitel 17

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Nachdem wir wieder im Auto sitzen, beschließen wir noch einen Kaffee trinken zu gehen, da es noch etwas dauern kann, bis der Bus letztlich am Trainingsgelände ist und das kommt mir gerade Recht. Koffein beruhigt die Nerven. Ist aber auch eine beschissene Situation. Zum einen ist da die Sache mit Marcel. Es scheint eindeutig so zu sein, dass wir beide mehr voneinander wollen. Sonst wäre ich nicht in Dortmund und er würde sich nicht so viel Mühe machen. Aber anscheinend sind wir beide was das betrifft, ziemlich zurückhaltend. Wenn wir uns einfach hinsetzen und reden würden, könnte man die Anspannung die in der Luft hängt, schnell verpuffen lassen. Aber nein – wir tun einfach mal weiter so, als hätten wir uns nicht nackt gesehen. Sehr gesund.

Dann ist da noch das Ding mit Marco. Dass er sich gerade bei meinem Bruder einschleimt. Zumindest würde ich das so nennen. Aus welchem Grund sollte er das sonst auf sich nehmen? Vielleicht hat er auch ein schlechtes Gewissen, weil er mich immer so angeblafft hat und will das jetzt wieder gut machen. Das wäre wenigstens eine vernünftige Erklärung, die ich mir allerdings selbst nicht abkaufe. Meine größte Angst bei diesem Ganzen Wirrwarr liegt jedoch bei meinem Bruder. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht kennen würde und ich bete zu Gott, dass er keinen Mist baut. Das ganze Verhältnis zwischen dem Fußballer und mir ist sowieso sehr explosiv und ich habe das Gefühl, dass da nicht mehr fehlen würde, bis es in Flammen aufgeht. Schließlich sind wir beide extreme Streithähne, wie sich herausgestellt hat.

Seufzend nippe ich von meinem Kaffee und schreibe Johnny eine SMS. Die dreizehnte mittlerweile und er hält es nicht für nötig, mir zu antworten.

„Passiert sowas oft, dass da einfach wildfremde Kinder mitgenommen werden?", frage ich die beiden Jungs und Robin zuckt mit den Schultern.

„Zumindest ist es nicht abwegig. Außerdem ist Marco voll der Kinderfreund, er wollte ihm halt einen Gefallen tun.", sagt er und ich ziehe verblüfft eine Augenbraue nach oben.

„Er ist nicht so schlimm, wie du denkst.", lacht Marcel auf meinen Blick hin.

„Ihm tut das auch echt leid, was er da zu dir gesagt hat.", ergänzt er und meine Augenbrauen wandern immer mehr in Richtung Haaransatz. Das kann ich eben nicht so wirklich glauben. Irgendein Problem scheint er mit mir zu haben und das seit der ersten Sekunde.

„Wie lange kennt ihr euch eigentlich schon?", will ich wissen, um das Thema auf eine andere Spur zu lenken und die beiden Mal etwas auszuquetschen. Nicht, dass es mich interessieren würde.

„Schon seit dem Kindergarten. Wir haben zusammen Fußball gespielt." Klar, was auch sonst.

„Aber es ist doch bestimmt extrem kacke, dass ihn jeder kennt, oder?", hake ich nach und Marcel legt den Kopf schief.

„Ja, manchmal ist es schon schwierig. Aber er ist zum Glück nicht abgehoben, oder so. Deswegen geht das ganz gut."

Ich will mich echt dagegen wehren und versuche mich zusammenzureißen, doch mir entringt dann doch ein verächtliches Schnauben. Nicht abgehoben? Der Gute scheint ein sehr extremes Selbstbewusstsein zu haben – also da verstehe ich unter ‚nicht abgehoben' echt was anderes. Die beiden Jungs ignorieren meine Reaktion und ich bin froh, als die Kellnerin zum abkassieren kommt.

Marcel gestaltet die Fahrt zum Trainingsgelände als kleine Touri-Stunde für mich und fährt an einigen Locations vorbei, die er für nennenswert hält. Zum einen sind da sein Lieblingsrestaurant, eine Bar, die sie öfters besuchen und der Club, in dem er immer seine Partys schmeißt. Sehr aufschlussreich. Würden die beiden meinen Orientierungssinn kennen, wüssten sie, dass es absolut unsinnig ist, mir das zu zeigen. Allerdings weiß ich ja, wie es gemeint ist und freue mich darüber, dass er mir das alles zeigen möchte. Unsere kleine Sightseeingtour endet dann letztlich auf dem Trainingsgelände des BVB. Anscheinend ist es schon Gang und Gäbe, dass Marcel hier Gast ist, denn der Securitymensch an dem großen Eingangstor, lässt ihn ohne Nachzufragen passieren. Wir fahren an einigen Fußballplätzen vorbei und bleiben auf einem Parkplatz vor einem einstöckigen Gebäude stehen.

Regenbogen [Marco Reus]Where stories live. Discover now