Kapitel 56

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„Boa ey", schimpfe ich, während ich vergeblich versuche, meine Haare vor dem strömenden Regen zu schützen, „weiter weg hättest du auch nicht parken können, oder?" Marco dreht sich genervt zu mir um und selbst durch die Dunkelheit erkenne ich, wie seine Augen aufblitzen. „Ach? Hätte ich Prinzessin auch noch vor der Tür abholen sollen, nachdem ich ihr netterweise anbiete, sie zu fahren?", motzt er mich an und ich kneife ein Auge zusammen. Ganz der Gentleman. Wirklich. „Ich hab gesagt ich nehme gerne den Bus", verteidige ich mich und er rollt genervt mit den Augen und murmelt leise ein „Zicke", was ich nicht überhöre, aber so tue. Dass es auch immer so regnen muss, wenn wir uns außerhalb von geschützten Mauern befinden. Außerdem ist das wirklich so. Der hat sich auf dem beschissenen Parkplatz genau die Lücke rausgesucht, die am weitesten vom Eingang entfernt ist. Nimmt der seinen Job so ernst, dass er selbst in seiner Freizeit Sport machen muss? Finde ich schon ein bisschen eklig. Aber ich weiß ja, dass er immer wie ein Irrer durch die Gegend joggen muss. Nur wenn das mich ebenfalls betrifft, dann soll er das bitte lassen. Ich habe da keine Lust drauf. Vor allem nicht, wenn meine Haare dabei nass werden! Sogar mein Shirt klebt schon unangenehm an meinen Brüsten und ich schließe die Jacke darüber, hoffe, dass ich hier nicht gleich in einem ungewollten Wet-T-Shirt-Contest ende und Marco meine Möpse durchscheinen sieht. Obwohl das ja auch kein neuer Anblick für ihn wäre. Kennt er ja alles schon.

Ich stöhne frustriert auf, als ich seinen Range Rover unweit von uns stehen sehe und finde meine Idee bei ihm mitzufahren, jetzt noch blöder. Meine Vorfreude auf Martin hat mich ein bisschen beeinflusst in meiner Entscheidung. Das muss ich zugeben.

„Wieso nicht Martin?", stoße ich hervor und will Marco böse angucken, doch dank der Höhe des Wagens, kann ich sein Gesicht nicht sehen. Nur seufzen höre ich ihn, bevor er sich auf den Fahrersitz schmeißt. Schwungvoll öffne ich die Tür und klettere auf den Sitz, schließe schnell die Tür und wische meine nassen Hände an meiner Jeans ab. „Ach? Jetzt passt Madame auch die Karosse nicht, mit der ich sie chauffiere?", sagt er mit einem äußerst bescheuerten, angedeutet britischen Akzent und lässt den Wagen an. „Ich bin nicht dein verdammter James", setzt er noch einen oben drauf und ich äffe ihn übertrieben nach, woraufhin er an der Ausfahrt vom Parkplatz stehen bleibt und seinen Kopf gegen das Lenkrad knallt. Ganz klar ein Verzweiflungsakt. Ich weiß, dass ich zickig bin, aber er ist nicht besser. „Ich bereue es jetzt schon, dass ich dich mitgenommen habe", grummelt er und kriegt das mit einem Mittelfinger quittiert. „Adresse?" Er zeigt auffordernd auf sein Navi und ziehe mir meine Lederjacke aus, da die furchtbar an meiner nassen Haut pappt und tippe in das Navi meine neue Adresse ein. Ein leichtes Grinsen schleicht sich auf meine Lippen, als ich Marcos Blick von der Seite bemerke, der eindeutig an meinem halb durch genässten Shirt hängt und ich lehne mich schon mal etwas entspannter zurück. Außerdem muss ich zugeben, dass der Range Rover gar nicht so schlecht ist, wie ich von außen gedacht habe. Auch wenn ich diese hässliche Tarnfarbe weiß Gott nicht verstehen kann. Sonst hat er doch auch Geschmack und ich muss verträumt an meine Woche mit dem Audi denken. Der war toll und bei weitem nicht so alt und vergammelt, wie mein jetziger A3 ist. Seufzend streiche ich meine feuchten Haare auf eine Seite und wackele mit den Mundwinkeln. Das hier ist mehr als unangenehm und ein Blick aufs Navi zeigt mir, dass diese Fahrt doch ein wenig länger dauern wird, als zuerst gedacht. Und schon wieder finde ich es schade, dass wir nicht mit Martin durch die Gegend heizen. Wahrscheinlich wäre das meine letzte Gelegenheit gewesen, nachdem ich Conny umgebracht habe und ich im Knast lande. Noch dazu habe ich mir ja fest vorgenommen, Marco nicht mehr zu sehen.

„Du hättest mich ja außerdem nicht mitnehmen brauchen. Kann ich mich nur wiederholen", breche ich die mehr als unangenehme Stille und schnalze mit der Zunge. Mein Blick gleitet zu Marco, der seinen Arm ganz lässig am Fenster abgestützt hat und sich durch seine nassen Haare fährt. Auf seinem Hals glitzern ein paar Regentropfen, die sich den Weg in seinen V-Ausschnitt suchen. Er hätte ja auch ruhig mal was Weißes anziehen können. Durch das dunkelgraue Shirt erkennt man nur die Konturen seiner Muskeln und das finde ich irgendwie schade. Fuck. Geht das schon wieder los?

Regenbogen [Marco Reus]Where stories live. Discover now