Kapitel 9

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Nach einer guten halben Stunde Fahrt, halte ich an einer mir bekannten Bar, etwas außerhalb der Innenstadt und schnappe mir meine Handtasche, die im Fußraum zwischen Marios Füßen weilt, um mich nochmal nach zu schminken. Die Jungs beäugen das von der Seite, doch ich tue einfach mal so, als wäre ich alleine. Ohne ein weiteres Wort steige ich aus und laufe in Richtung Eingang. Schon ewig bin ich nicht mehr hier gewesen.

Das Innere ist in dunkles Licht gehüllt, es läuft Old School Hip Hop und auf den, zugegeben, abgewetzten Tischen sind Shishas angebracht, die den Raum in fruchtigen Dampf hüllen. Die Besucher sind hauptsächlich amerikanische Soldaten, aus den umliegenden Kasernen. Ich bin der Meinung, dass das ganz gut passt, da die sowieso kein Fußball schauen und wir somit unsere Ruhe haben.

„Ist das okay? Oder wollt ihr wo anders hin?" frage ich, woraufhin Mario nickt, André bestätigend zwinkert und Marco den Daumen hebt. Alles klärchen.

Somit steuern wir den Platz im hinteren Eck an und ich begrüße auf dem Weg noch einige alte Bekanntschaften meinerseits. Nachdem ich vor gut zwei Jahren wieder nach Deutschland gezogen bin, war ich oft hier um mich an die Staaten zu erinnern. Meine ganze Jugend habe ich in Übersee verbracht und sich dann wieder an die deutschen Tugenden zu gewöhnen, ist gar nicht so leicht. Irgendwann bin ich dann nicht mehr viel weggekommen, wegen Johnny. Ich bin nun Mal seine Bezugsperson und er braucht viel Aufmerksamkeit, genau wie mein Job.

„Musst du nicht noch fahren?" Marco hebt tadelnd die Augenbrauen, nachdem ich mir einen Cocktail bestellt habe und winke nur ab.

„Ich lass das Auto stehen und fahr mit der Bahn." Erkläre ich, da ich das ohne Alkohol nicht überstehe und komme mir dabei extrem doof vor. Seine Gegenwart verunsichert mich. Ob das an seiner schroffen Art liegt, oder an der allgemeinen Gegebenheit, dass ich hier mit drei weltbekannten Fußballprofis sitze, kann ich nicht genau sagen.

„Uiii." André nimmt grinsend den Shishaschlauch in die Hand, nachdem sie vor uns abgestellt worden war und ich inspiziere das ganz genau. Rauchende Profisportler – etwas was meiner Vorstellungskraft nicht entsprungen wäre.

„Was?" lacht er, während er den Rauch in die Luft pustet und ich schüttle nur den Kopf.

„Kotzt du dir da morgen nicht die Lunge raus, oder so?" will ich wissen und nehme einen riesigen Schluck von meinem Mai Thai, der mir augenblicklich in den Kopf steigt.

„Wieso denken immer alle, dass man als Sportler leben müsste, als wäre man tot." Entgegnet Mario stirnrunzelnd und reißt seinem Kollegen den Schlauch aus der Hand, der daraufhin böse guckt.

„Keine Ahnung." Gebe ich zu und nuckle wieder wie wild an meinem Cocktail, damit der Alkohol endlich wirkt.

„Uuuuuh. Billard." Meint Marco zu den Tischen gewandt und funkelt begeistert in die Runde, woraufhin Mario mit den Händen klatscht und aufgeregt aufsteht. Wie kleine Kinder, denke ich mir und folge.

„Wir gegen die zwei Vollidioten?" grinst mich Mario an und wir schlagen ein. Das erste, was Marco macht, als er den Queue in die Hände nimmt, ist den erstmal mit Kreide vollzuschmieren. Sind grundsätzlich immer die ganz professionellen. Ich baue derweilen die Kugeln auf und deute Mario, dass er anfangen soll, wenn der noch immer mit Vorbereitungen beschäftigt ist.

„Triff die Vollen." Ich zwinkere ihm verstohlen zu, drehe die schwarze Kugel in der Mitte an und tatsächlich locht er eine Ganze in einem der Löcher ein. Den nächsten Stoß versiebt er und nun ist André dran, der das auch ganz gut kann und zwei für sein Team versenkt.

„Wenn wir gewinnen, wird Marco wieder zur Diva." Lacht Mario und klopft seinem Kumpel grinsend auf die Schulter, der ihm von hinten einen Arschkick verpasst und prüfend jede Bewegung von mir beobachtet, während ich mit einem zugekniffenen Auge meinen Zug plane. Ich agiere grundsätzlich nach dem Motto ‚Gewalt ist auch eine Lösung' und ballere auf die Dinger drauf – eine springt meistens rein, sowie jetzt und auf meinen Lippen bildet sich ein siegessicheres Grinsen, als ich nacheinander drei Kugeln einloche. Von meinem Getränk nippend lehne ich mich gegen die Wand und verfolge amüsiert das Geplänkel der Männer untereinander. Sie sind wirklich in Ordnung und auch gegen Marco kann ich nichts sagen. Höchstwahrscheinlich hatte er wirklich nur ein paar beschissene Tage und hat mich auf dem falschen Fuß erwischt.

Regenbogen [Marco Reus]Where stories live. Discover now