Kapitel 54

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Mal wieder habe ich es durch meine bescheuerte Neugierde geschafft, mich ganz tief in die Scheiße zu reiten. Das hier ist nicht gut. Das ist zu real und alles, wovor ich in den letzten Monaten weggelaufen bin. Alles, was ich verdrängt habe. Mit Marco alleine in einem Raum und er dann auch noch so nahe an mir dran, das bekommt mir nicht. Ich spüre, wie sich meine Vernunft mit einem fröhlichen Winken verabschiedet und meine Libido ihren Platz einnimmt. Nur, dass nicht alleine die Libido Partei ergreift. Mein schnell pochendes Herz muss sich da natürlich auch noch einmischen. Das ist nun mal diese Romeo-Sache, die mir nachhängt und um die ich in diesen Sekunden nicht herumkomme. Irgendwo tief in meinem Unterbewusstsein glaube ich noch immer, dass er dieser Typ von damals sein könnte. Dieser Typ in der Bar, den ich vergessen hatte und irgendwie doch nicht.

„Ich wüsste nicht, worüber wir reden sollten", zicke ich ihn an und recke mein Kinn stolz in die Luft. Koste es was es wolle, aber ich will nicht reden. Und ich will ganz sicher nicht, dass er merkt wie unwohl ich mich fühle. Meine Mauer bröckelt. Stück für Stück und Sekunde für Sekunde, in der ich mich hier mit ihm in einem Raum befinde. „Ach komm", schnaubt er, „sag doch einfach was das alles soll. Du ziehst nach Essen, sorgst dafür, dass ich zusammen mit dir bei Johnny auftauche und dann diese Geburtstagsnummer." Seine Augen stechen auf mich nieder und ich weiche ihnen möglichst unauffällig aus, hole all die Gründe in meinem Gedächtnis hervor, wieso ich letztlich an diesem Punkt angekommen bin. Wieso ich mich mit allen Mitteln von ihm fernhalten wollte. „Damit habe ich nichts zu tun, okay? Conny hat diesen Mist am Montag verzapft und du hast doch meinen Bruder gerade gesehen, oder? Da musste ich ihm zumindest versuchen, diesen Wunsch zu erfüllen", rechtfertige ich mich und beobachte seine Nasenlöcher, die sich leicht aufblähen und mir verraten, dass er stinkig ist. Er stößt schwer Luft aus und ich nage derweilen an meiner Unterlippe herum, um mich irgendwie von ihm abzulenken. „Und dass du in dem Club auftauchst, wo wir feiern, ist natürlich auch purer Zufall, oder?", zischt er und ich nicke eifrig. „Ich begreife das alles nicht, Kim. Du meldest dich über Monate nicht bei mir und plötzlich bist du präsenter als je zuvor. Willst du mich immer noch dafür bestrafen, dass ich dich angelogen habe, oder was soll das?" Seine Stimme erhöht sich und ich kann mich nicht dagegen wehren, meine Hand zu heben und ihm leicht gegen die Stirn zu tippen. Das macht ihn noch wütender, aber das ist mir egal. Manchmal ist er echt ein Schnellchecker. „Ich habe damit nichts zu tun", sage ich extra langsam, „oder soll ich dir das buchstabieren, dass du das kapierst?"

„Willst du mich komplett verarschen?", donnert er los und ich verziehe mein Gesicht bei seiner Lautstärke. Das tut ja in den Ohren weh. Kann der einmal ruhig bleiben? Der sollte auch mal Yoga probieren. Oder er hatte mal wieder ewig keinen Sex mehr und ist deswegen so unleidlich. „Ich hab mir das nicht ausgesucht, dass ich hierher ziehe! Es war nicht anders zu machen und ich habe alles dafür getan, keinem von euch über den Weg zu laufen, okay? Also chill dich gefälligst mal rein und hör auf dir in deinem Hirn irgendwelche lächerlichen Theorien zusammen zu spinnen." Meine Stimme zittert und ich brauche meine gesamte Selbstbeherrschung, um meine Fassung zu wahren. Gott, wie schafft der das binnen Sekunden, mich zum Explodieren zu bringen?

„Du hast Recht!", er stößt sich von der Tür ab und wirft die Arme in die Luft, „wie konnte ich auch denken, dass die Queen des Ausweichens meine Nähe sucht, um irgendwas zu klären. Ich schaffe es tatsächlich mich jedes Mal aufs Neue in dir zu täuschen." Sein Blick ist abschätzig und in mir zieht sich alles zusammen. „Ich weiche aus? Ehrlich jetzt? Wirklich?" Mir entringt ein ungläubiges Schnauben und auch ich entferne mich von der Tür und gehe auf ihn zu. Mein Selbstbewusstsein ist soeben aus seinem Loch gekrochen und reckt triumphierend die Hand nach oben. „Du hast es doch hingekriegt über Monate zu lügen und alle Wahrheiten zu verdrehen, nur um deinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen."

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