Nicht nur, dass ich wirklich Panik habe, in ein Flugzeug zu steigen, habe ich absolut überhaupt gar kein Bedürfnis, meinen Urlaub mit Marco zu verbringen. Was soll das? Und wieso genau, hat er das eigentlich zugelassen? Schließlich blecht er ja dafür; da bin ich mir zumindest ziemlich sicher. Das ist doch alles verdammte Scheiße.

Ohne weiter auf meine Zweifel einzugehen, drückt mir Marcel einen Kuss auf die Lippen, der deutlich leidenschaftlicher ist, als die zuvor. „Ich hatte wirklich gehofft, dass du dich mehr freust.", flüstert er, als wir uns lösen und wieder macht sich ein unheimliches Schuldgefühl in meiner Brust breit. Seufzend zwinge ich mir ein Lächeln auf und schlinge meine Arme um seinen Nacken. „Ich freue mich, wirklich. Ich bin nur müde.", lüge ich und ich sehe ganz genau, dass er mir das nicht abkauft. Trotzdem geht er nicht weiter darauf ein und ich bin wirklich erleichtert darüber. Er wird von Conny gepackt und an einen Tisch zum Trinken gesetzt. Ab dem heutigen Tage an, lege ich meine Hände dafür ins Feuer, dass die Jungs jetzt ganz hoch im Kurs bei meiner besten Freundin stehen. Extrem käuflich dieses Weib.

Am anderen Ende des Raums erkenne ich Sarah, die sich gerade mit Marco unterhält und als sie meinen Blick bemerkt, kommt sie lächelnd auf mich zu. Sie nimmt neben mir auf dem Barhocker Platz und schnappt sich ein Bier, um mit mir anzustoßen. Conny hat derweilen die Kontrolle über die Musik übernommen und nuckelt immer noch euphorisch an ihrer Flasche. „Auf die drei Dortmunder Jungs.", grölt sie los und alle heben daraufhin ihre Getränke, um zu trinken. Kopfschüttelnd grinse ich und schnappe mir ein Glas Sekt, das auf der Bar steht. Sarah dreht sich nochmals zu Marco um, der an der Wand steht, wild in seinem Handy tippt und sie guckt mich mit schiefgelegtem Kopf an. „Huh?", meine ich, als ich mein Sektglas ansetze. Sie zuckt nur leicht mit den Schultern. „I could have sworn...", beginnt sie und stöhnt. „He looks exactly like Romeo.", sagt sie mit einer Bewegung zu Marco hin und ich lache lauthals los. Anscheinend leidet sie unter Jetlag. Oder Paranoia. Diese Romeo-Sache hängt mir seit genau drei Jahren nach und immer wieder werde ich damit genervt. Wir waren damals in einem Club in Miami und haben den Jungesellinenabschied meiner Cousine gefeiert, als ein mysteriöser Typ an der Bar aufgetaucht sein soll, in den ich mich angeblich sofort verliebt habe.

Diese Weiber haben eindeutig zu viele Schnulzen geguckt und noch dazu, bin ich die letzte, die an so einen Quatsch wie Liebe auf den ersten Blick glaubt. Schwachsinn ist das.

Noch lustiger ist die Aussage, dass Marco dieser Typ sein soll. Ehrlich, ich kriege mich vor Lachen gar nicht mehr ein. So wie sie ihn damals beschrieben haben, hat es sich bei Romeo um einen Bilderbuchkerl gehandelt. Was meine These von der Einbildungskraft meiner Freundinnen nur wieder bestätigt. Das war ein Junggesellinenabschied. Die waren alle dicht wie ganz Moskau an einem Freitagabend zusammen.

Und wenn Marco eines ganz sicher nicht ist; dann ein Bilderbuchkerl. Er ist nämlich das absolute Gegenteil und nur weil er blond ist, wie ein weiteres Drittel der Weltbevölkerung, heißt das nicht, dass er dieser Kerl wäre. Von dessen Existenz ich immer noch nicht überzeugt bin. Ich habe jegliche Erinnerung an diesen Abend verloren und das ist auch gut so. Noch dazu, wurde mir erzählt, dass er aus meiner Heimatstadt kommen soll und Marco hat schließlich nie in Nürnberg gewohnt. Also.

Mit begleitendem Lachanfall, zeige ich ihr den Vogel und gebe ihr anschließend einen Klaps auf die Stirn. „For sure. It's fucking stupefying. But i asked him. He wasn't there, so..." Sie seufzt theatralisch und ich wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel, während ich mich erneut zu Marco drehe, der mir direkt in die Augen blickt. Ich verstumme und fächere mir Luft zu, um gleich noch einen großen Schluck von meinem Sekt zu nehmen. Heute drehen anscheinend alle ein bisschen am Rad. Zuerst werde ich gezwungen nach Thailand zu fliegen und dann bildet sich Sarah ein, dass Marco Romeo wäre. Kopfschüttelnd drehe ich mich wieder zu meiner Freundin, die meinem Blick ebenso gefolgt ist und die Unterlippe rollt.

Regenbogen [Marco Reus]Where stories live. Discover now