Kapitel 97

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Marco

„Wie geht es dir?" Mit dieser Frage durchbrach Nico die unangenehme Stille und ließ mich verblüfft innehalten. Verwirrt blickte ich den Beifahrer an. „Nach dem ganzen Theater heute und meinem plötzlichen „Wiederauftauchen" ist das die erste Frage dir du mir stellst?" wollte ich von ihm wissen. „Naja so beginnt man doch meist ein Gespräch." Der Knirps zuckte mit den Schultern und blickte wieder geradeaus. Seufzend fuhr ich mir durch meine fertigen Haare.
„Ich kann dir die Frage ehrlicherweise nicht beantworten. Ich bin froh euch alle wieder bei mir zu haben und dennoch wünschte ich mir ich würde alleine in dem drecks Keller sitzen und vor mich hin vegetieren. Denn dann wäre all das hier nicht passiert." gab ich ehrlich von mir. Nico nickte nur und wir fuhren einige Minuten schweigend weiter.
„I-ich weiß ich hab Mist gebaut damals und ich weiß jetzt das es nicht richtig von mir war sie so zu behandeln, a-aber ich... ich war einfach so unfassbar wütend auf sie. Wütend und eifersüchtig das Vater sie mehr beachtet hat sie mich - sie mit Samthandschuhen angegriffen hat. Dabei hab ich mich in meinen Gefühlen verloren und es tut mir leid das durch mich Finja so leiden musste. Die Jungs wollten damals wissen warum ich so anders bin. Ich hab ihnen meinen Hass ihr gegenüber ausgesprochen. Dabei war es nicht der Hass auf sie sondern auf mich. Und das schlimmste ist, ich kann dagegen nichts mehr tun. Ich kann die Zeit nicht mehr zurückdrehen und ich weiß nicht ob ich ihr jemals das erzählen kann wie leid es mir tut. Sie musste soviel durchmachen, wovon die Hälfte von mir verursacht wurde" redete Nico vor sich hin. Gegen Ende brach seine Stimme und einige Tränen rannten ihm über die Wangen. Da war er wieder, der Junge den ich kannte und so vermisst habe. Als er mit seiner Beichte zum Ende kam fuhr ich gerade auf den Parkplatz des Krankenhauses. Rasch stieg ich aus dem Wagen und öffnete die Beifahrertür. Versöhnlich legte ich meine Arme um den jungen Mann. „Sie hat das alles nicht verdient" flüsterte Nico. „Nein das hat sie nicht, aber hinter jeder dunklen Wolke kommt einmal die Sonne" antwortet ich ihm. „Bist jetzt zum Poeten geworden oder was?" schmunzelte mein gegenüber. Belustigt schüttelte ich meinen Kopf und wir gingen im Gleichschritt durch die große Glastür.

*zur gleichen Zeit*

Adrik

„Du bist Schuld!" schrie meine innere Stimme immer und immer wieder. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Die Rettungssanitäter schoben die Trage auf der ich lag durch die schmalen Gänge der Notaufnahme. Der unangenehme Geruch von Desinfektionsmittel und Krankenhaus raubte mir beinahe meinen Atem. Meine Nerven lagen blank und bei meinem Zusammenbruch bin ich unglücklich auf mein Handgelenk gefallen was von Sekunde zu Sekunde mehr anschwillt und in jeglichen Farben des Regenbogens anfing zu schillern. Soeben hatte ich das Röngtenzimmer verlassen und wurde in eines der sterilen Behandlungszimmer geschoben. So etwas wie warten gab es für Familie Lòpez nicht und so war es kein Wunder, das einige Augenblicke nachdem ich umgelagert wurde, der Chefarzt persönlich ins Zimmer kam. „Herr Lòpez, mir ist bekannt das Sie so schnell wie möglich zu ihrer Familie möchten, daher komme ich gleich auf den Punkt. Ihr Handgelenk ist gebrochen. Die Gute Nachricht ist, das es sich nur um einen Haarriss handelt und ein einfacher Gips ausreichen wird." erklärte mir der Glatzkopf. Kühl nickte ich. Es haben schon genug Leute meine schwache Seite gesehen, das muss es nicht auch noch das Dickerchen mitbekommen.

Eine Schwester lief mit schnellen Schritten in den Raum, ihr Blick steht's gesenkt. „W-Welche Farbe wünschen Sie sich Mister?" Ihre Stimme zitterte und ihre Körperhaltung verriet den Rest. Dieses junge Ding hatte panische Angst. „Schwarz" gab ich als Antwort. Als sie fertig war verließ sie schleunigst den Raum und ich richtete mich erstmalig wieder auf. Kurz wurde mir schwindelig. Doch nach ein paar tiefen Atemzügen stand ich neben meinem Kumpel und wir waren auf dem Weg zum Empfang um uns den Weg zu den anderen zeigen zu lassen.

„Also ich wäre für den weißen mit dem rosa Herzen gewesen, oder besser, der ganze Gips in pink!" flüsterte mir Liam angeregt ins Ohr. Ich wollte gerade etwas antworten, da erklang wieder diese Stimme in meinem Kopf „Du bist Schuld falls Finja stirbt! Du ganz alleine bist verantwortlich für ihren Tot!"

Eines schicksalhaften TagesWhere stories live. Discover now