Kapitel 70

1.6K 64 30
                                    

Finja 

Grauen Wolken hingen über Spanien und am Horizont braute sich ein Gewitter zusammen. Man könnte annehmen, dass auch der Himmel an diesem Tag weinen würde. Die anderen waren schon gegangen, doch ich konnte meine Augen nicht abwenden. 

Marco Harrison 

17.03.2000 - 02.04.2023 

stand in goldenen Buchstaben am schwarzen Grabstein. 

------------Rückblick

Familie López? fragte er uns. Alessio nickte und zeigte seinen Ausweis. "Ich muss ihnen mitteilen, dass Mister Harrison seine Verletzungen erlegen ist. Wir konnten nichts mehr für ihn tun. Mein herzlichstes Beileid." Damit wand sich der Arzt ab und ging zurück in den OP Saal. Stocksteif saß ich da. Marco war Tod. Mein Rettungsanker, der für mich da war, war tot. Der junge Mann, der alles dafür gegeben hatte mich glücklich zu machen. Der Mann, der für mich wie ein großer Bruder war. Dieser Mann war tot. Tot und würde nie wieder kommen. Meine gesamte Welt brach zusammen und ich schrie. Ich schrie und schluchzte mir den Schmerz aus der Seele. Er konnte nicht Tod sein. Das muss alles ein beschissener Traum sein. Immer mehr Tränen strömten in Sturzbächen über meine Wangen und ich bekam keine Luft mehr. Hysterisch fing ich an zu hyperventilierten. Kurz bevor ich wegkippte, nahm ich einen kurzen Stich in meinen Oberarm war und langsam beruhigte ich mich. Liam trug mich aus dem Krankenhaus und mehr bekam ich nicht mehr mit. 

------------

Es war jetzt eine Woche vergangen, seitdem wir Marco zu Grabe getragen haben und seitdem fühlte ich mich leer. Ich fühlte nur den Schmerz, den qualvollen Schmerz und das tiefe Loch, das Marco zurückgelassen hatte. Lu war zweimal her gekommen und wollte mich trösten, doch ich habe sie nur angeschrien, dass sie gefälligst verschwinden soll. Mir ist bewusst, dass das nicht die feine Art ist mit seiner Freundin umzugehen, doch im Monet wusste ich mir nicht anders zu helfen. Ich wollte nicht, dass sie auch noch verletzt wird oder ich sie gar verliere - wobei eventuell hab ich das nach meinen letzten Ausraster schon. 

Seufzend ging ich leise aus meinem Zimmer. Es war kurz nach Mitternacht und jeder in diesem Haus sollte schlafen. Seit einer Woche habe ich mit keinem ein Wort gesprochen. Sie dachten, dass ich mein Zimmer nie verlassen würde und brachten mir das Essen hier her. Davon aß ich aber nur das Nötigste, denn Appetit hatte ich keinen. Doch es war bereits eine gewisse Routine von mir, mich nachts raus zu schleichen um zum Friedhof zu gehen. 

Dort angekommen setzte ich mich schweigend in das nasse Gras vor sein Grab und ließ meinen Tränen freien lauf. "Hey Marco, ich vermisse dich so sehr. Warum musstest du von uns gehen. Ich kann nicht ohne dich. Was soll ich denn jetzt nur machen?" fragte ich weinend in die Stille der Nacht. "Ich halte es ohne dich doch nicht aus. Wieso musstest du für meinen Fehler sterben." schluchzte ich. Stumm rannten meine Tränen unaufhaltsam meine Wangen hinunter und mit einem leeren Blick sah ich auf den Grabstein. Hinter mir nahm ich auf einmal eine Bewegung war. Doch es war mir egal. Sollten sie mich töten, vergewaltigen oder sonst was. Ich wollte nur, dass Marco wieder bei mir ist. 

"Hier her verschlägt es dich also jede Nacht." stellte Liam leise fest und lies sich neben mir nieder. "Ich vermisse ihn so Liam." hauchte ich. "Ich auch Finja, ich auch." flüsterte er. "Wie haltest du diesen Schmerz aus?" wollte ich von ihm wissen. "Ich weiß es nicht Finja. Ich kann dir nur sagen, was Adrik mir gesagt hat. Der Schmerz wird irgendwann weniger. Vergehen wird er aber nie. Doch Marco wird immer in unseren Herzen bleiben Finja - und daran wird auch der Tot nichts ändern." versprach er mir. Schluchzend warf ich mich in seine Arme und Liam drückte mich fest an sich. "Wir schaffen das ok? Wir geben nicht auf. Wir stehen das zusammen durch, ja?" wollte er von mir wissen. Leicht nickte ich und spürte daraufhin etwas nasses an meinem Hals. Es waren Tränen. Tränen von Liam. Auch er hatte Marco verloren. Er war die Liebe seines Lebens und sie hatten viel zu wenig Zeit zusammen. 

Hier saßen wir nun. Wir weinten miteinander und hielten uns gegenseitig fest und plötzlich fühlte ich wieder etwas anderes außer Schmerz. Das Gefühl von Geborgenheit und Liebe. Mir wurde bewusst, das Marco immer auf uns runtersehen würde und eine schützende Hand über unsere Familie halten würde. 



Eines schicksalhaften TagesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt