Kapitel 54

157 23 14
                                    

Es ist dreizehn Uhr, als ich das Milá betrete. Unsicher blicke ich mich um. Als ich das letzte Mal hier war, hatte die Inhaberin den Gastraum mit Fußballdeko vollgestellt. Jetzt erblüht er wieder im alten Charme. Das Licht ist warm und gemütliche Ledersessel stehen um kleine Tischchen mit Kerzen herum. Im Hintergrund läuft leise Weihnachtsmusik. Bis auf auf ein paar Teenager ist das Lokal leer. 

Ich durchquere den Raum, rutsche auf eine der großen Ledersofas in der hintersten Ecke und bestelle mir einen Cappuccino. Die Tür öffnet sich und mein bester Freund kommt rein. Ihn in Wirklichkeit zu sehen, sorgt dafür, dass das Stechen im Magen stärker wird. 

Ich kann nicht abstreiten, dass er gut aussieht. Er ist braungebrannt. Das lockige Haar fällt ihm fast bis auf die Schultern. Der Surferlook steht ihm. Ich bin nicht allein mit der Meinung, denn die Teenager beäugen ihn ebenfalls neugierig und flüstern kichernd. Als er es bemerkt, wirft er ihnen ein charmantes Lächeln zu, das seine Augen zum Strahlen bringt. Seit wann ist er ein kleiner Aufreißer? 

Robin sieht in meine Richtung und das Flirtlächeln wird samten. Ich schaue weg und rühre in meinem Getränk, das die Bedienung kurz zuvor auf den Tisch gestellt hat. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er auf mich zukommt und vor mir stehen bleibt.

»Hey, Kleine.«

Ich verziehe bei seiner Stimme missmutig mein Gesicht und sehe auf. Robin lächelt vorsichtig zu mir hinunter. Ich zwinge mich zu einem leisen »Hey« und rücke zur Seite, damit er Platz hat.

Mit bedachten Bewegungen rutscht er neben mich auf die Bank und greift nach der Karte. Mein ganzer Körper versteift sich, doch falls es Robin auffällt, ignoriert er es gekonnt. Schweigend beobachte ich ihn, wie er durch die Seiten blättert. Ich verdrehe die Augen. Er kennt die Auswahl genau wie ich auswendig.

»Du bist also zurück?«, frage ich das Offensichtliche. Er lächelt und sieht mich das erste Mal an, seitdem er neben mir Platz genommen hat.

»Ja.« Ein einziges Wort auf diese süße Robin-Art und mir wird warm ums Herz egal wie sauer ich auf ihn bin. Meine Neugierde siegt.

»Was ist passiert?«

Er zuckt mit den Schultern, während er die Nase kräuselt. »Sagen wir, mir wurden die Augen geöffnet.«

Ich sehe ihn von der Seite an, doch seine Miene ist verschlossen. Auffordernd recke ich das Kinn. Robin macht keine Anstalten, mir die Geschichte zu erzählen. Ich seufze. Das mit den Geheimnissen wird wohl nie aufhören.

»Was hast du jetzt vor?«, frage ich und bin gespannt, ob er mir das gleiche erzählt wie meine Mutter.  

Er neigt überrascht den Kopf. »Hat dir das Theresa noch nicht erzählt?« 

»Nein?« Innerlich muss ich lachen, weil er meine Mutter einfach zu gut kennt, doch ich zeige es ihm  nicht. Ich will alles von ihm hören. Heute ist seine letzte Chance, offen zu sein. Mehr bekommt er nicht. Ich hoffe, ihm ist das klar. Doch er zögert und ich merke, wie ich ungeduldig werde. Lässt er sich jetzt jede Antwort aus der Nase ziehen? Mit seinem Verhalten macht er Matt gerade alle Ehre. Das Ganze hat wohl tatsächlich nie ein Ende. 

Robin streckt sich, dann überschlägt er lässig die Knöchel übereinander. »Biochemie bei dir an der Uni in Königsburg.«

Aha. Ich wende meinen Blick ab und nippe am Getränk. Er wird also tatsächlich kommen. Ich weiß nicht, wie ich das nach allem finden soll. Vielleicht hätte ich mir doch lieber einen Cocktail bestellen sollen. Eine komische Stille macht sich an unseren Tisch breit, bis die Kellnerin vor uns erscheint und Robin fragt, was er bestellen möchte.

»Hast du dir etwas zu Essen bestellt?«, fragt Robin und ich schüttle den Kopf. Ich hab keine Ahnung, was ich zu ihm sagen soll. 

Robins Kaffee wird an den Tisch gebracht. Er nippt daran und lächelt selig. »Der Kaffee in Down-Under echt war beschissen«, kommentiert er seine Reaktion. 

Always meet TwiceWhere stories live. Discover now